Rz. 106
Eine Forderung gilt als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin oder im schriftlichen Verfahren (§ 177 InsO) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist. Eine so festgestellte Forderung nimmt zum einen an der Schlussverteilung teil (sie kommt uneingeschränkt ins Verteilungsverzeichnis), zum anderen gewährt sie in der Gläubigerversammlung ein entsprechendes Stimmrecht. Ein Widerspruch des Schuldners (= Erben) steht der Feststellung der Forderung nach dem Gesetz nicht entgegen. Der Insolvenzverwalter ist nach § 178 Abs. 1 InsO zum Widerspruch berechtigt. Wird vom Verwalter ein Widerspruch eingelegt, so gilt die Forderung als nicht festgestellt. Bleibt es beim Widerspruch, so nimmt die Forderung nicht an der Verteilung teil und wird nicht im Verteilungsverzeichnis geführt, §§ 188, 189 InsO. Nach § 178 Abs. 1 S. 1 InsO tritt eine Feststellungswirkung auch dann ein, wenn ein (bzw. alle) erhobener Widerspruch beseitigt ist.
Rz. 107
Die Beseitigung kann zunächst auf freiwilliger Basis erfolgen, nämlich dann, wenn der Verwalter seinen Widerspruch zurücknimmt. Ebenfalls kann der Widerspruch durch Feststellungsrechtsstreit beseitigt werden. Hierfür gelten die Bestimmungen des Feststellungsverfahren, §§ 179–183 InsO. Für diese Form der Beseitigung des Widerspruches (Feststellungsklage) kommt es darauf an, ob die widersprochene Forderung tituliert oder nicht tituliert ist.
1. Nicht titulierte Forderungen
Rz. 108
Ist eine Forderung vom Insolvenzverwalter bestritten worden, so bleibt es grundsätzlich nach § 179 Abs. 1 InsO dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den Bestreitenden zu betreiben. Voraussetzung ist, dass es sich um eine angemeldete Forderung handelt, die im Prüfungstermin geprüft wurde. Nicht angemeldeten oder bislang ungeprüften Forderungen ist diese Möglichkeit nicht eröffnet. Eine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für dieses Feststellungsverfahren besteht nicht. Vielmehr ist in § 180 InsO eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte geregelt.
Rz. 109
Nach § 189 Abs. 2 InsO wird in einem solchen Falle der auf die Forderung entfallende Anteil bei einer evtl. anstehenden Verteilung zurückbehalten, solange der Rechtsstreit anhängig ist. Wird die Forderung dann festgestellt, erhält sie ihre quotale Zuteilung. Wird sie nicht festgestellt, fließt der zurückbehaltene Anteil den übrigen Gläubigern zu. Für die Feststellungsklage besteht nach § 189 Abs. 1 InsO eine Ausschlussregelung. Ein Insolvenzgläubiger, dessen Forderung nicht festgestellt ist und für dessen Forderung ein vollstreckbarer Titel oder ein Endurteil nicht vorliegt, hat spätestens innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen nach der öffentlichen Bekanntmachung dem Insolvenzverwalter nachzuweisen, dass und für welchen Betrag die Feststellungsklage erhoben oder das Verfahren in dem früher anhängigen Rechtsstreit aufgenommen ist. Wird ein Widerspruch vom Gläubiger nicht oder nicht rechtzeitig verfolgt, so wird die Forderung bei Erstellung des Verteilungsverzeichnisses nicht berücksichtigt.
2. Titulierte Forderungen
Rz. 110
Anders verhält es sich, wenn die vom Insolvenzverwalter bestrittene Forderung tituliert ist. Liegt für eine bestrittene Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vor, so obliegt es dem Bestreitenden – hier also dem Insolvenzverwalter –, den Widerspruch zu verfolgen.
Rz. 111
Hinsichtlich des Gläubigerwiderspruches gilt das zum Verwalter Gesagte. Auch hier gelten die Bestimmungen des Feststellungsverfahren, §§ 179–183 InsO. Ebenso wie beim Verwalter wird hier zwischen titulierter und nicht titulierter Forderung unterschieden und auf die entsprechende Initiativlast abgestellt. Ist die bestrittene Forderung nicht tituliert, bleibt es dem Gläubiger, dessen Forderung bestritten wurde, überlassen, sich hiergegen rechtzeitig (es gilt ebenfalls die Frist des § 189 Abs. 1 InsO) zur Wehr zu setzen. Ist die bestrittene Forderung dagegen tituliert, hat der Bestreitende die Initiativlast.
Rz. 112
Während § 179 InsO für den Verwalter und die Gläubigerwidersprüche Anwendung findet, greift für den Schuldnerwiderspruch (sinngemäß dann für den Erben) die Bestimmung § 184 InsO. Auch der Schuldner ist grundsätzlich zur Widerspruchseinlegung berechtigt. Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung und damit einer anschließenden Partizipierung an der Verteilung allerdings nach dem Gesetz nicht entgegen. Nachdem im Nachlassverfahren eine Beschränkung der Haftung eintritt, eine Nachhaftung ausgeschlossen wird und am Ende auch keine Restschuldbefreiung möglich ist, macht ein Widerspruch des Erben jedoch kaum Sinn. Im "regulären" Verfahren einer natürlichen Person etwa kann durch den Schuldnerwiderspruch die Titulierungsfiktion des § 201 Abs. 2 InsO und die Wirkungen des § 302 InsO gehemmt werden. Dies ist im Nachlassinsolvenzverfahren jedoch nicht von Relevanz.
Rz. 113
...