I. Die Regelung der Wartezeit

 

Rz. 125

In § 4 ARB 2010, der die Regelung zum Eintritt des Rechtsschutzfalles betrifft, ist in Abs. 1 bestimmt, dass für die Leistungsarten nach § 2 Buchst. b bis g ARB 2010 Versicherungsschutz erst besteht nach Ablauf von 3 Monaten nach Versicherungsbeginn (Wartezeit).

 

Rz. 126

Die Regelung der Wartezeit soll sog. "Zweckabschlüssen" vorbeugen. Hierdurch soll erreicht werden, dass die Versichertengemeinschaft nicht mit Kosten solcher Rechtskonflikte belastet wird, die bei Abschluss des Versicherungsvertrages sozusagen bereits "in der Luft lagen", also gewissermaßen vorprogrammiert waren.[60]

 

Rz. 127

Die Wartezeit beträgt in der Regel 3 Monate. Einzelne Rechtsschutzversicherungen vereinbaren auch eine Wartezeitklausel, die länger ist, etwa 6 Monate. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob eine solche Wartezeitklausel rechtlich unanfechtbar ist. Festzustellen ist, dass auch bei einer 6-monatigen Wartezeitklausel den beiderseitigen Interessen von Versicherer und Versicherungsnehmer noch hinreichend Rechnung getragen ist.[61]

[60] Vgl. allgemein zur Funktion von Wartezeiten BGH VersR 1976, 851 sowie speziell zum Regelungsziel des § 14 Abs. 3 Satz 3 ARB BGH VersR 1984, 531 unter 3 e; OLG Hamm r+s 1998, 114 sub 1 b sowie LG Köln zfs 1987, 243.
[61] OLG Düsseldorf VersR 2005, 1426, ergangen zu einer Verbandsklage; Bauer, Rechtsentwicklungen bei den ARB, NJW 2006, 1484 (1487).

II. Leistungsarten mit/ohne Wartezeit in der Übersicht ARB 94/2000–ARB 2010

1. Leistungsarten mit Wartezeit

 

Rz. 128

Eine 3-monatige Wartezeit besteht für folgende Leistungsarten:[62]

 
ARB 94/2000 (§ 4 I) ARB 2010 (§ 4 I)
Arbeits-Rechtsschutz
Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz
Rechtsschutz im Vertrags- und Sachenrecht
Steuer-Rechtsschutz
Sozial-Rechtsschutz
Verwaltungs-Rechtsschutz in Verkehrssachen
ARB 2010 unverändert.[63]
[62] Mathy, in: Halm/Engelbrecht/Krahe, Kap. 34 Rn 397.
[63] Mathy, in: Halm/Engelbrecht/Krahe, Kap. 34 Rn 397.

2. Leistungsarten ohne Wartezeit

 

Rz. 129

 
ARB 94/2000 (§ 4 I) ARB 2010 (§ 4 I)
Schadenersatz-Rechtsschutz
Disziplinar- und Standes-Rechtsschutz
Straf-Rechtsschutz
OWi-Rechtsschutz
Beratungs-Rechtsschutz
ARB 2010 unverändert.
 

Rz. 130

Die Wartezeit entfällt gem. § 4 Abs. 1 ARB 2010 bei Kauf- und Leasingverträgen über ein fabrikneues Fahrzeug.

III. Wartezeit für mitversicherte Personen

 

Rz. 131

Für mitversicherte Personen sind hinsichtlich der Wartezeit Besonderheiten zu beachten.

Für die Fälle, in denen jemand automatisch, beispielsweise durch Eheschließung oder Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses, beim Versicherungsnehmer als mitversichert gilt, soll nach Ansicht des (früheren) BAV die Wartezeit entfallen.

Von dieser Regelung ausgenommen sind Personen, die auf Antrag mitversichert werden, beispielsweise die nichtehelichen Lebenspartner.

IV. Wartezeit bei Vertragserweiterung

 

Rz. 132

Wird ein Rechtsschutzvertrag erweitert, beispielsweise vom Verkehrs-Rechtsschutzvertrag gem. § 22 ARB auf einen Vertrag gem. § 26 ARB, besteht für die identischen Leistungsarten keine neue Wartezeit. Andererseits gilt für die neu hinzugekommenen Leistungsarten, beispielsweise im Bereich des Vertrags-Rechtsschutzes im Schuld und Sachenrecht außerhalb des Verkehrsbereiches, wiederum die 3-monatige Wartezeit.

 

Rz. 133

Werden bei einer bestehenden Rechtsschutzversicherung durch Vereinbarung oder einvernehmliche Einbeziehung anderer Bedingungen weitere Leistungsarten in den Versicherungsschutz einbezogen, so läuft eine bedingungsgemäße Wartezeit für dieses Zusatzrisiko ab dem Tag, an dem der Versicherungsschutz für dieses Einzelwagnis beginnt.[64]

 

Rz. 134

Im Übrigen kommt in Betracht, dass einige Rechtsschutzversicherungen ihren Kunden Verträge mit einem Verzicht auf Wartezeit für bestimmte Leistungsarten anbieten. Dies ist im Einzelfall nach den Bedingungen zu prüfen.

[64] OLG Karlsruhe r+s 2008, 105 = VersR 2008, 675.

V. Wartezeit und Wechsel des Rechtsschutzversicherers

 

Rz. 135

Wechselt der Versicherungsnehmer den Rechtsschutzversicherer, so ergeben sich Besonderheiten. Hierzu weist Plote[65] auf Fallgestaltungen hin. Wird beispielsweise eine Willenserklärung im versicherten Zeitraum des Vorversicherers vorgenommen und fällt der durch diese Willenserklärung ausgelöste Rechtsschutzfall in die Laufzeit des neuen Rechtsschutzvertrages, so besteht nach dem Wortlaut der ARB kein Versicherungsschutz. Im Übrigen ist der Rechtsschutzfall nicht während der Laufzeit des Vertrages vom Vorversicherer eingetreten, und außerdem wurde der Rechtsschutzfall durch eine vor Beginn der Laufzeit des Vertrages beim Nachversicherer abgegebene Willenserklärung ausgelöst. Für diese Fälle gilt gemäß Verbandsempfehlung die Regelung, dass beide Versicherer sich die Kosten teilen, soweit nicht besondere Umstände einer solchen Regelung entgegenstehen. Im Übrigen ist es in der Praxis so, dass viele Rechtsschutzversicherer ihren Kunden bei Abschluss eines neuen Vertrages, wenn nahtloser Versicherungswechsel vorliegt, den Verzicht auf die Wartezeit einräumen.

[65] Plote, Rn 331–335.

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