1. Der Begriff der Mitversicherung
Rz. 104
Begrifflich liegt eine Mitversicherung vor, wenn ein Dritter durch denselben Vertrag wie der Versicherungsnehmer selbst als versichert gilt, ohne selbst Versicherungsnehmer zu sein. Hierbei hat der Mitversicherte grundsätzlich die gleichen Rechte und Pflichten wie der Versicherungsnehmer.
Rz. 105
Primär ist es die Absicht des Versicherungsnehmers, für sich selbst Rechtsschutz zu versichern. Darüber hinaus aber ist seine Absicht in der Regel darauf gerichtet, zusätzlich einen bestimmten Personenkreis aufgrund besonderer Verbundenheit in die Rechtsschutzdeckung einzuschließen. Bei der Mitversicherung auch in der Rechtsschutzversicherung handelt es sich um eine typische "Versicherung für fremde Rechnung", die in den §§ 43 VVG (74 ff. VVG a.F.) geregelt ist. Sie stellt nach h.M. einen "Vertrag zugunsten Dritter" i.S.d. § 328 BGB dar.[48]
Rz. 106
Gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 ARB 2010 ist festgelegt, dass Mitversicherte die gleichen – gesetzlichen und vertraglichen – Rechte und Pflichten haben. Ebenso haben sie in gleicher Weise die Obliegenheiten wie der Versicherungsnehmer zu beachten, soweit sich daraus nicht etwas anderes ergibt, dass sie nicht selbst Vertragspartner des Versicherers sind.
Rz. 107
Zu beachten ist, dass nach § 11 Abs. 2 S. 2 ARB 75 die Interessenwahrnehmung Mitversicherter untereinander und gegen den Versicherungsnehmer vom Versicherungsschutz ausgenommen ist. Dieser Ausschluss ist nunmehr in § 3 Abs. 4a und b ARB 2010 geregelt.
2. Rechtsstellung/Aktivlegitimation mitversicherter Personen
Rz. 108
Die Rechtsstellung der im Vertrag des Versicherungsnehmers mitversicherten Personen bemisst sich nach den Bestimmungen der §§ 43 ff. VVG (§§ 74–80 VVG a.F.) über die Fremdversicherung, jedoch mit Modifikationen für die Rechtsschutzversicherung.
Rz. 109
Die Ansprüche aus dem Rechtsschutzvertrag kann jedoch nur der Versicherungsnehmer selbst und nicht die mitversicherte Person geltend machen.[49] Die Bedingungsregelung stimmt mit der gesetzlichen Regelung insofern überein, als die Eigenart darin besteht, dass die Rechte aus dem Versicherungsvertrag, also der Versicherungsanspruch, den Mitversicherten gem. § 44 Abs. 1 VVG (§ 75 Abs. 1 S. 1 VVG a.F.) zustehen, der Versicherungsnehmer aber über diese Rechte gem. § 45 VVG (§ 76 Abs. 1 VVG a.F.) ausschließlich und im eigenen Namen verfügen kann. Etwas anderes gilt nur, wenn der Mitversicherte im Besitz des Versicherungsscheins ist oder der Versicherungsnehmer einer Verfügung oder gerichtlichen Geltendmachung durch den Mitversicherten ausdrücklich zustimmt. Es handelt sich um eine Spaltung von materieller Rechtsinhaberschaft und formellem Verfügungsrecht. Einen problematischen Fall hat der BGH[50] entschieden, und zwar dahin gehend, dass die Ausschlussklausel nicht greift, wenn bei Ansprüchen gegen eine Unfallversicherung – im entschiedenen Fall – die Ausübung der Rechte aus der Unfallversicherung dem Versicherungsnehmer der Rechtsschutzversicherung zustehen, Inhaber des Anspruches aus der Unfallversicherung aber eine mitversicherte Person – im entschiedenen Fall die Tochter – ist.[51]
Rz. 110
Festzuhalten ist: In den einzelnen Rechtsschutzformen ist die Mitversicherung unterschiedlich geregelt, auch wenn die Leistungsarten (z.B. der Schadenersatz-Rechtsschutz oder der Straf-Rechtsschutz) identisch formuliert sind und jeweils das Verkehrsrisiko betreffen.[52]
Rz. 111
Ein Ehegatte als Versicherungsnehmer ist grundsätzlich gem. § 1353 BGB verpflichtet, Zustimmung zugunsten seines Ehepartners gegenüber einer Rechtsschutzversicherung zu erklären. Dies gilt auch nach einer Trennung bis zur endgültigen Scheidung der Ehe.[53]
3. Der Anspruch auf Rechte aus der Mitversicherung
Rz. 112
Die ARB regeln in § 15 die Rechtsstellung der mitversicherten Personen. Denkbar ist auch eine Konstellation, in der der Versicherungsnehmer Gründe hat, mit der Rechtsschutzgewährung für eine mitversicherte Person nicht einverstanden zu sein.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer wird bei einer Dienstfahrt im Pkw des Arbeitgebers verletzt. Für die Geltendmachung der Ansprüche aus dem Schadenereignis wünscht der Arbeitnehmer Rechtsschutzdeckung aus einer für das beteiligte Fahrzeug bestehenden Rechtsschutzversicherung. Andererseits hatte zum in Rede stehenden Rechtsschutzvertrag die Rechtsschutzversicherung wegen Schadenhäufigkeit die Kündigung angedroht.
Rz. 113
Das LAG Nürnberg[54] hat entschieden, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, Versicherungsschutz aus der Rechtsschutzv...
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