Rz. 6
Als Familienheim i.S.v. § 13 Abs. 1 Nr. 4a – 4c ErbStG gilt ein bebautes Grundstück, soweit darin eine Wohnung gemeinsam zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. In der Wohnung muss sich der Mittelpunkt des familiären Lebens befinden. Die Finanzverwaltung stellt bei der Beurteilung der Verhältnisse zum Stichtag auf die tatsächliche Nutzung ab. Eine Anmeldung nach dem Meldegesetz ist mithin nicht relevant. Die bloße Möblierung der Räumlichkeiten reicht für eine tatsächliche Nutzung i.S.d. Vorschrift nicht aus. Auch Zweitwohnungen, z.B. von Berufspendlern, werden von der Finanzverwaltung nicht begünstigt. Gleiches gilt für Ferienwohnungen und Wochenendhäuser. Eine Zweitwohnung ist kein Familienheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG, wobei auch ein sog. Mehrfachwohnsitz (etwa häufiger Wechsel des Erblassers oder Schenkers zwischen mehreren, gleichzeitig und nebeneinander unterhaltenen Wohnsitzen) nicht zu Vervielfältigung des Begriffs des Familienheims führt. Es kann stets nur ein Familienheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c ErbStG geben. Bei mehreren in einem Mehrfamilienhaus genutzten Wohnungen kann die Steuerbefreiung dem Wortlaut entsprechend nur "eine Wohnung" erfassen.
Rz. 7
Anders als beim Erwerb eins Familienheims durch Abkömmlinge von Todes wegen nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG (siehe Rdn 23>) ist die Steuerbefreiung der Höhe nach nicht auf eine Wohnflächengröße (i.H.v. 200 qm) beschränkt. Entscheidend ist die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken der Eheleute. Eine Mitbenutzung der Wohnung durch Kinder, Enkelkinder, Eltern oder auch eine Hausgehilfin ist nach Auffassung der Finanzverwaltung unschädlich.
Rz. 8
Bei Mischnutzung einer Immobilie, d.h. wenn diese nur teilweise als Familienheim dient und im Übrigen z.B. zu gewerblichen, freiberuflichen oder zu öffentlichen Zwecken genutzt wird oder schlicht leer steht, greift die Begünstigung entsprechend nur anteilig, wobei die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse zum Besteuerungszeitpunkt maßgeblich sind.
Rz. 9
Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist eine unentgeltliche, gewerbliche oder freiberufliche Mitbenutzung der Wohnung (z.B. durch Nutzung eines Arbeitszimmers) grundsätzlich unschädlich, wenn die Wohnnutzung überwiegt. Ferner werden Garagen, Nebenräume und Nebengebäude von der Befreiung (mit-)erfasst, wenn diese mit der Wohnung gemeinsam genutzt werden.
Rz. 10
Die Aufteilung im Rahmen einer Teilbefreiung erfolgt nach der Wohn-/Nutzfläche, wobei Garagen, Nebenräume und Nebengebäude bei der Berechnung nicht mit einzubeziehen sind. Das Lagefinanzamt (siehe § 8 Rdn 18>) hat die gesamte Wohn-/Nutzfläche des Grundstücks und die Wohnfläche des Familienheims zu ermitteln und bei der Feststellung des Grundbesitzwerts dem Erbschaftsteuerfinanzamt (siehe § 8 Rdn 18>) mitzuteilen. Als Qualifikationskriterium dient dabei u.a. die Wohnflächenverordnung.
Rz. 11
Insbesondere bei Mehrfamilienhäusern und Geschäftsgrundstücken ist eine förmliche grundbuchrechtliche Aufteilung – z.B. Nutzung einer Wohneinheit als Familienheim für deren Steuerbefreiung im Rahmen eines privilegierten Erwerbs – nicht (mehr) notwendig.
Im Rahmen der Auslegung des Begriffs des mit einem Familienheim bebauten Grundstücks i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4a–4c S. 1 ErbStG ist ausschließlich auf die zivilrechtliche Qualifikation des einzelnen Grundstücks abzustellen. Insbesondere ein einheitlicher Nutzungszusammenhang ist dabei unbeachtlich. Ein Flurstück, das an ein mit einem Familienheim bebautes Grundstück angrenzt und im Grundbuch auf einer eigenen Nummer eingetragen ist, ist nicht begünstigt.
Hinweis
Handelt es sich bei dem Familienheim und dem dazugehörigen Garten um zwei grundbuchlich selbstständige Grundstücke, sollten die Grundstücke vor dem Erbfall oder der lebzeitigen Übertragung (unter Ehegatten) grundbuchlich zusammengefasst werden, da die Gesamtgröße des Grundstücks grundsätzlich für die Privilegierung unbeachtlich ist.