I. Allgemeines
Rz. 67
Rz. 68
Eine Sterbetafel ist ein demographisches Modell, welches zur Ermittlung der Sterblichkeitsverhältnisse und der durchschnittlichen Lebenserwartung eingesetzt wird. Das Modell ermöglicht die zusammenfassende Beurteilung der Sterblichkeitsverhältnisse einer Bevölkerung unabhängig von ihrer Größe und Altersstruktur.
Rz. 69
Die ersten bekannten Sterbetafeln gehen bereits auf Arbeiten von Gaunt (1662) und Halley (1693) zurück, wobei Halley die Sterbetafel schon unter dem Aspekt der versicherungsmathematischen Nutzung für Leibrenten untersuchte.
II. Deutsche Sterbetafeln
Rz. 70
Hinweis
Aktuelle Sterbetafeln sind zu finden unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Sterbefaelle-Lebenserwartung/_inhalt.html#243320. Zur Berechnung der Restlebenserwartung siehe im Internetauftritt der Gesundheitsberichterstattung des Bundes (http://www.gbe-bund.de) in der Rubrik "Gesundheitliche Lage>Sterblichkeit>Lebenserwartung".
Rz. 71
Vorausschauendes politisches und wirtschaftliches Handeln verlangt Informationen über die künftige Entwicklung der Bevölkerung. Die Bevölkerung verändert sich in der Regel langsam. Demografische Prozesse wie Geburtenhäufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen wirken lange in die Zukunft hinein. Bevölkerungsvorausberechnungen liefern wichtige Hinweise auf künftige Entwicklungen der Bevölkerung. Ausgehend von den momentanen Gegebenheiten liefern sie "Wenn-Dann-Szenarien" und helfen damit zu verstehen, wie sich die Zahl und Struktur der Bevölkerung unter bestimmten demografischen Voraussetzungen entwickeln würde und sich der demografische Wandel vollzieht. Da Bevölkerungsvorausberechnungen keine unvorhersehbaren Ereignisse berücksichtigen können oder neue Tendenzen sich erst zu einem späteren Zeitpunkt als nachhaltig erweisen, werden die Vorausberechnungen immer wieder aktualisiert.
1. Grundzüge
a) Allgemeine Sterbetafel
Rz. 72
Vom Statistischen Bundesamt werden in Deutschland in regelmäßigen Abständen sog. "Allgemeine oder abgekürzte Sterbetafeln für die Bundesrepublik Deutschland" ermittelt und veröffentlicht. Diese berücksichtigen die gesamte deutsche Bevölkerung der Bundesrepublik, und zwar alle Bevölkerungsgruppen ohne irgendwelche Differenzierungen (beispielsweise nach Beruf, Wohnort und Familienstand). Unterschieden wird ausschließlich nach dem Geschlecht (Mann, Frau).
Rz. 73
Seit der Sterbetafel 1871/1881 sind für die deutsche Bevölkerung aufgrund von Volkszählungen bis zur bislang letzten 1986/1988 (Volkszählungsjahr 1987) insgesamt 11 "Allgemeine Deutsche Sterbetafeln" ermittelt worden. Aus diesen wurden dann vom Statistischen Bundesamt neue Sterbetafeln nach akademischen Grundsätzen weiterentwickelt (z.B. die Sterbetafel 1995/1997, Sterbetafel 2020/2022; siehe Rdn 100 ff.).
Rz. 74
Allgemeine Sterbetafeln werden jeweils im Anschluss an eine Volkszählung für einen Drei-Jahres-Zeitraum erstellt und bis zu einer Altersstufe von 100 Jahren veröffentlicht. Sie sind durch mathematisch-statistische Verfahren von Zufallsschwankungen und Kohorteneffekten bereinigt.
b) Abgekürzte Sterbetafel
Rz. 75
Abgekürzte Sterbetafeln werden seit 1957 jährlich für einen Drei-Jahres-Durchschnitt berechnet und bilden die Entwicklung in der Zeit zwischen den Volkszählungen ab. Im Gegensatz zu den allgemeinen Sterbetafeln enden sie mit der Altersstufe von 90 Jahren; auch werden die Sterbewahrscheinlichkeiten nicht ausgeglichen.
Rz. 76
Abgekürzte Sterbetafeln werden mit dem zeitlichen Abstand zu einer Volkszählung immer ungenauer. Im Hinblick auf die steigende Lebenserwartung werden seit der Sterbetafel 2000/2002 Altersjahre bis 100 ausgewiesen; daher entfällt seither der Zusatz "abgekürzt" in der Bezeichnung der jüngeren Sterbetafeln.
c) Alte und neue Bundesländer
Rz. 77
Die Unterschiede in der Lebenserwartung im früheren Gebiet der Bundesrepublik Deutschland einerseits und den neuen Bundesländern andererseits haben sich mittlerweile angeglichen.
Rz. 78
Siehe zur Versterblichkeit im Bundesländer-Vergleich Rdn 115 ff.