1. Wiederheirat
Rz. 159
Spezielle Tabellen berücksichtigen für die Unterhaltsschadenregulierung auch die mögliche Wiederverheiratung der hinterbliebenen Witwen und Witwer.
Rz. 160
Schlund/Schneider vertreten hierzu, dass der Kapitalisierungsfaktor wegen der Wiederverheiratungsmöglichkeit erheblich zu vermindern ist. Verwiesen wird auf Erfahrungswerte aus der Schweiz, nach denen die Wiederverheiratungschance 70 % bei einer 20-jährigen Witwe, 26 % bei einer 30-jährigen Witwe und 9 % bei einer 40-jährigen Witwe beträgt. Erst nach dem 55. Lebensjahr fällt die Wiederverheiratungschance unter 4 %. In der Schweiz wurden daher als Berücksichtigung der Wiederverheiratung einer Witwe Abschläge zwischen 10 % (bei 45-jährigen Witwen) und 55 % (bei 25-jährigen Witwen) vom versicherungstechnischen Barwert vorgenommen. Diese Zahlen sind nach Auffassung von Schlund durchaus auf Deutschland übertragbar.
Rz. 161
Dorbritz stellte Berechnungen zur Wiederverheiratungschance in Deutschland an:
Tabelle 6.30: Heiratserwartungen Verwitweter nach Regionen, Alter und Geschlecht, 2007
Alter |
Deutschland |
West |
Ost |
Deutsche |
Ausländer |
Frau |
Mann |
Frau |
Mann |
Frau |
Mann |
Frau |
Mann |
Frau |
Mann |
20 |
43,8 % |
62,8 % |
46,6 % |
66,5 % |
35,5 % |
41,2 % |
39,4 % |
64,8 % |
57,0 % |
48,8 % |
25 |
39,4 % |
61,7 % |
41,0 % |
65,2 % |
35,6 % |
41,3 % |
36,8 % |
64,5 % |
49,6 % |
43,0 % |
30 |
32,4 % |
55,9 % |
33,5 % |
58,8 % |
30,1 % |
41,5 % |
31,1 % |
59,0 % |
40,2 % |
34,9 % |
35 |
22,5 % |
46,7 % |
23,2 % |
49,5 % |
20,0 % |
37,0 % |
21,5 % |
50,1 % |
30,2 % |
23,1 % |
40 |
15,0 % |
39,1 % |
15,5 % |
42,1 % |
13,5 % |
28,2 % |
14,3 % |
41,5 % |
21,7 % |
18,4 % |
45 |
9,0 % |
31,1 % |
9,4 % |
34,0 % |
7,5 % |
20,7 % |
8,5 % |
32,8 % |
14,2 % |
13,9 % |
50 |
5,2 % |
24,0 % |
5,5 % |
26,3 % |
4,0 % |
15,6 % |
4,9 % |
25,1 % |
8,3 % |
10,8 % |
55 |
2,5 % |
17,1 % |
2,7 % |
18,9 % |
1,7 % |
10,9 % |
2,4 % |
17,9 % |
4,1 % |
8,2 % |
60 |
1,1 % |
10,5 % |
1,2 % |
11,5 % |
0,7 % |
6,3 % |
1,1 % |
10,9 % |
1,4 % |
4,9 % |
Rz. 162
Die Anwendung sog. "Wiederverheiratungstabellen" ist nicht mehr zeitgemäß; angesichts der soziologischen Veränderungen sind tabellarische Werte heute nicht mehr brauchbar. Einer individuellen Einschätzung im jeweiligen Einzelfall ist der Vorzug einzuräumen.
Rz. 163
Es gilt aber weiterhin: Je jünger die Witwe, desto höher ist ihre Wiederverheiratungschance anzunehmen. Auch der u.U. anspruchsbeeinflussenden Aufnahme einer nicht-ehelichen Beziehung ist dabei nachzugehen.
2. Auflösung einer Ehe
Rz. 164
Der Wahrscheinlichkeit einer künftigen hypothetischen Eheauflösung durch Scheidung ist im Rahmen der individuellen Kapitalisierung nur im Ausnahmefall Rechnung zu tragen. Im Bereich der Regulierung (vor allem Sammelbesprechung) mit Sozialversicherungsträgern und sonstigen Trägern der Daseinsvorsorge kann aber dieser Faktor durchaus Berücksichtigung finden.
Rz. 165
Für Deutschland weist die Statistik die Scheidungsaspekte wie folgt aus:
Rz. 166
Tabelle 6.31: Ehescheidungen im Zeitvergleich
Jahr |
Ehescheidungen |
durchschnittliches Alter Geschiedener |
durchschnittliche... |