Prof. Dr. Maximilian A. Werkmüller
Rz. 28
Hat der Erblasser hierzu keine ausdrückliche, formgültige Regelung getroffen, so ist sein Wille im Wege der Auslegung zu ermitteln. Spätestens nach der Beratung im Rahmen der Anbahnung einer Testamentsvollstreckung sollte dem Bankkunden und späteren Erblasser klar geworden sein, dass die Testamentsvollstreckung ein zusätzliches Angebot zu den banküblichen Leistungen darstellt und grundsätzlich davon unabhängig zu vergüten ist. Bezüglich der klassischen Bankgebühren ist dies auch ohne weiteres einleuchtend: Kosten etwa für Konto- und Depotführung, einzelne Wertpapiertransaktionen oder sonstige Leistungen fielen bereits vor dem Erbfall an und würden danach erst recht weiterhin entstehen, wenn ein bankexterner Vollstrecker tätig würde.
Rz. 29
Darüber hinaus haben auch Testamentsvollstrecker aus anderen Berufsgruppen Anspruch auf Vergütung ihrer durch die Testamentsvollstreckung veranlassten berufsmäßigen Dienste, sofern diese im Rahmen der ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gem. § 2216 BGB angefallen sind und der Testamentsvollstrecker sie gem. den §§ 2218 Abs. 1, 670 BGB für erforderlich halten durfte. So ist etwa für Rechtsanwälte, Steuerberater, Notare oder auch Handwerker anerkannt, dass diese neben ihrem Testamentsvollstreckerhonorar weitere berufsmäßige Leistungen gesondert in Rechnung stellen dürfen – etwa der Anwalt für das Einklagen einer Nachlassforderung oder der Steuerberater für die Erstellung der Erbschaftsteuererklärung. Gleiches muss für Dienstleistungen der Bank selbst oder konzernzugehöriger Unternehmen gelten, beispielsweise Maklergebühren bei der Veräußerung einer Nachlassimmobilie.
Rz. 30
Zweifelhaft mag jedoch erscheinen, ob der Erblasser eine volle doppelte Gebührenbelastung auch für die Leistungen gebilligt hätte, die für die Bank erheblich unaufwändiger sind als für bankexterne Testamentsvollstrecker und die bei Testamentsvollstreckungen häufig anfallen. Als Beispiele kommen hier etwa die Zweitbeschaffung von Konto- und Depotauszügen oder hausinterne Nachforschungen über zurückliegende Kontobewegungen in Betracht. Zudem darf der Erblasser wohl davon ausgehen, dass die im Rahmen der Testamentsvollstreckung anfallenden sonstigen Bankgebühren gegenüber den von ihm lebzeitig gewohnten Konditionen nicht ohne wichtigen Grund deutlich nach oben abweichen.
Rz. 31
Relevanter und damit auch streitanfälliger dürften die im Rahmen von Vermögensverwaltungsmandaten für Entwicklung und Umsetzung der Anlagestrategie anfallenden Gebühren sein. Sofern getrennt ausgewiesen, zählen die Transaktionskosten nicht dazu. Hier sind zwei Fälle zu unterscheiden: Beauftragt die Bank als Testamentsvollstreckerin erst nach dem Erbfall des Kunden das eigene Haus mit der laufenden Depotpflege (was sich unter Compliance-Gesichtspunkten im Sinne getrennter Verantwortlichkeiten empfehlen kann), so liegt es nahe, dass der Kunde hierfür keine zusätzliche Kostenbelastung des Nachlasses gebilligt hätte. Hatte der Kunde hingegen bereits lebzeitig das aktive Wertpapiermanagement der Bank in Anspruch genommen, so mag es seinen Vorstellungen eher entsprechen, dass die Kosten für das Mandat auch weiterhin separat belastet werden. Grundsätzlich gilt aber: Wählt der Erblasser eine Bank als Testamentsvollstreckerin aus, so geschieht dies in der Regel, weil er sich von ihr eine besondere Expertise bei der produktiven Verwaltung der liquiden Nachlassteile verspricht. Sofern dies nicht ausdrücklich anders vereinbart ist, darf er im Zweifelsfall wohl erwarten, dass sich die Bank diese bereits für die Auswahlentscheidung wichtige Expertise nicht noch separat vergüten lässt. Sind diese Punkte in der letztwilligen Verfügung nicht klar geregelt, bleibt häufig nur noch die nachträgliche Vergütungsvereinbarung mit den Erben als Auffanglösung.
Rz. 32
Ob im Falle einer Verrechnung auf die üblichen Gebühren verzichtet oder die Testamentsvollstreckervergütung entsprechend gekürzt wird, liegt im Ermessen der Bank. Angesichts der strategischen Zielsetzung der Testamentsvollstreckung im Bankgeschäft (siehe oben Rdn 6), unter Transparenzgesichtspunkten und nicht zuletzt im Interesse einer sauberen bankinternen Kostenabbildung wird die Testamentsvollstreckervergütung in der Regel die "nachgiebigere" Gebühr sein. Auf der anderen Seite ist aber zu bedenken, dass im Falle der Übernahme des Vollstreckeramts durch eine Bank oder Sparkasse den Erben eine Haftungsebene, nämlich diejenige des WpHG, genommen wird, welche ihnen aber im Falle einer Drittvollstreckung, mit Blick auf fehlerhafte Wertpapierdienstleistungen der Bank, offenstehen würde. Aus diesem Grund unterwirft ein Teil des Schrifttums die Banken bei der Übernahme und Ausübung von Testamentsvollstreckermandaten einem erhöhten Haftungsregime.