Prof. Dr. Maximilian A. Werkmüller
Rz. 8
Naturgemäß begegnen die übrigen im Markt der professionellen Testamentsvollstreckung tätigen Berufsgruppen den Kreditinstituten mit Skepsis. Gerne wird in diesem Zusammenhang auf die erhöhte Gefahr von Interessenkollisionen hingewiesen, wenn Banken und Sparkassen den Nachlass verstorbener Kunden in ihre Obhut nehmen. Schmitz etwa befürchtet Verstöße gegen die Pflicht zur ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung gem. § 2216 Abs. 1 BGB, indem die vollstreckende Bank das Wertpapiervermögen im Nachlass in konzerneigene Produkte investiere oder provisions- und gebührenträchtige Umschichtungen im Nachlass vornehme. Eine Pressemitteilung der Rechtsanwaltskammer Koblenz vom 23.2.2012 warnt den Leser ebenfalls vor einem Missbrauch der treuhänderischen Rechtsstellung durch die Bank oder Sparkasse: "Welche Bank würde das von ihr zu verwaltende Vermögen bei einer anderen Bank zu besseren Konditionen anlegen?". Zimmermann bringt die Warnung noch eindringlicher auf den Punkt: "Die Bank will verdienen". Tatsächlich dürfte dieser Gedanke den Vertretern der Finanzbranche auch im Testamentsvollstreckungsbereich nicht fremd sein. Ob dieser Umstand allerdings als Differenzierungskriterium zu den übrigen Profi-Testamentsvollstreckern taugt, sei hier dahingestellt. Jedenfalls sind die hier genannten Missbrauchsmöglichkeiten bereits durch die geltenden wertpapierhandelsrechtlichen Vorschriften stark beschränkt.
Rz. 9
So gebietet die Grundregel des § 31 Abs. 1 Nr. 1 WpHG den Anbietern, Wertpapierdienstleistungen und Wertpapiernebendienstleistungen mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse seiner Kunden zu erbringen. Die so genannte Provisionsschinderei durch unnötiges Umschichten ("Churning") und ähnliche interessewidrigen Praktiken sind dadurch untersagt. Dies gilt selbstverständlich auch, soweit der Nachlass eines verstorbenen Kunden betroffen ist, der durch dasselbe Institut als Testamentsvollstrecker vertreten wird. Vereinnahmte Provisionen hat die Bank gem. den §§ 2218, 667 BGB an den Nachlass herauszugeben, sofern dies der Erblasser nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat oder es im Rahmen eines Vermögensverwaltungsvertrages anders vereinbart wurde. Auch die Erwartung, das vollstreckende Institut solle bei Wettbewerbern mit günstigeren Konditionen anlegen, erscheint sachfremd. Die Auswahl der betreffenden Bank oder Sparkasse wird in der Regel auf einem besonderen Vertrauensverhältnis des Erblassers zu diesem Institut oder der vermuteten besonderen Kompetenz einzelner Mitarbeiter beruhen. In diesen Fällen entspräche es gerade nicht dem Erblasserinteresse, je nach Konditionslage den Vermögensverwalter zu wechseln. Viele potenzielle Interessenkollisionen während der Testamentsvollstreckung lassen sich zudem auf organisatorischer Ebene mittels der Trennung von Zuständigkeiten und revisionssicherer Regularien entschärfen. Schließlich wird man die Entscheidung, aus welchen Motiven er welchem Testamentsvollstrecker sein Vertrauen schenkt, der Urteils- und Entscheidungsfähigkeit des mündigen und zumindest testierfähigen Erblassers überlassen müssen. Eine Grundpräferenz zugunsten der rechtsberatenden Berufe hat der BGH aus guten Gründen ja gerade abgelehnt.
Rz. 10
Gleichwohl werden sich Banken in der Rolle des Testamentsvollstreckers stets einem erhöhten Verdacht ausgesetzt sehen, Eigen- und Kundeninteressen nicht sauber voneinander zu trennen und sich im Zweifelsfall zu Ungunsten des Kunden zu verhalten. Diesem Umstand sollte vor allem auch die Transparenz und Gestaltung der Vergütung Rechnung tragen. Hierbei wird insbesondere auf das Verhältnis zwischen dem Honorar für die Testamentsvollstreckung und den Entgelten für weitere Bankdienstleistungen einzugehen sein. Einige Institute verfügen über Fachabteilungen, in welchen das klassische Bankgeschäft aus grundsätzlichen Erwägungen von der Spezialberatung getrennt wird. Solche Spezialeinheiten sind, soweit sie nachweisbar unabhängig von den eigenen Geschäftsinteressen des jeweiligen Hauses handeln können, in besonderem Maße geeignet, Testamentsvollstreckungsmandate zu übernehmen und abzuwickeln. Hinzu kommt, dass Testamentsvollstreckungen durch eine Bank in der Regel eng von der Rechtsabteilung des Unternehmens begleitet werden. Auch hierdurch kann sichergestellt werden, dass die kommerziellen Interessen der Fachabteilungen im Rahmen der Testamentsvollstreckung durch die Bank abgewehrt werden.