Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
Rz. 6
Das Eigentum an den Arbeitsmitteln verbleibt regelmäßig beim Arbeitgeber.
Rz. 7
Fraglich ist, ob die Arbeitsmittel dem Arbeitnehmer als Besitzdiener zur Verfügung gestellt werden oder ob ein echtes Besitzverhältnis zum Arbeitgeber vorliegt.
Rz. 8
Werden Arbeitsmittel wie Handys, Laptops oder Dienstwagen ausschließlich zur dienstlichen Nutzung überlassen, ist der Arbeitnehmer insoweit Besitzdiener i.S.d. § 855 BGB, gegenüber dem der Arbeitgeber einen Herausgabeanspruch hat. Besitzdiener ist, wer in einem nach außen erkennbaren sozialen Abhängigkeitsverhältnis für einen anderen die tatsächliche Gewalt über eine Sache in der Weise ausübt, dass er dessen Weisungen schlechthin Folge zu leisten hat. Diese Auffassung trägt der Tatsache Rechnung, dass der Arbeitgeber als Eigentümer kein Interesse daran hat, dem Arbeitnehmer ein rechtliches Mehr gegenüber einem einfachen Nutzungsrecht zu übertragen. Wäre der Arbeitnehmer hingegen Besitzer, so würden ihm die Rechte eines Besitzers zustehen; insbesondere wäre er als Besitzer passiv- und aktivlegitimiert, für ihn würde die Vermutung aus § 1006 BGB sprechen, und er hätte ein Selbsthilferecht nach § 860 BGB. Der Besitzdiener genießt keinen Besitzschutz gegenüber dem Besitzherrn, der alleiniger Besitzer ist. Die Begründung eigenen Besitzes des Besitzdieners ist gegebenenfalls verbotene Eigenmacht mit der Folge, dass § 935 BGB eingreift. Ein gutgläubiger Erwerb Dritter ist danach nicht mehr möglich.
Rz. 9
Allerdings muss sich die Unterordnung des Besitzdieners unter den Besitzer nach allgemeiner Ansicht nach außen manifestieren. Die Abhängigkeit des Besitzes muss sich sichtbar äußern, wenn auch nicht ständig erkennbar sein. Dies mag für Dienstwagen, die Werbung des Arbeitgebers tragen, Uniformgegenstände, auf die Corporate Identity des Arbeitgebers zugeschnittene Notebooks etc. ohne weiteres zutreffen. Ob dies aber auf Kommunikationsgeräte des täglichen Arbeitsalltages übertragen werden kann, erscheint zweifelhaft. Die Rechtsprechung hat den angestellten Bildredakteur eines Zeitungsunternehmens im Hinblick auf die ihm überlassene Kamera als Besitzdiener angesehen. Dagegen wurde ein Arbeitnehmer, dem vom Arbeitgeber ein Pkw zu geschäftlichen und privaten Fahrten überlassen war, nicht als Besitzdiener angesehen.
Rz. 10
Darf der Arbeitnehmer das Fahrzeug ausschließlich zur dienstlichen Nutzung verwenden, ist er während der Dauer des Arbeitsverhältnisses Besitzdiener nach § 855 BGB. Gibt der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses den Dienstwagen nicht heraus, wandelt er die tatsächliche Gewalt des Besitzdieners in Eigenbesitz um, ohne sich auf ein Besitzrecht berufen zu können.
Rz. 11
Wird der Dienstwagen zur Privatnutzung überlassen, begründet das im Arbeitsvertrag eingeräumte Recht zur Privatnutzung des Dienstwagens ein Besitzmittlungsverhältnis i.S.d. § 868 BGB.
Rz. 12
Regelmäßig ist der Arbeitnehmer jedoch – bezogen auf die ihm gestellten Arbeitsmittel – Besitzdiener. Der Besitzdiener übt nur die tatsächliche Sachherrschaft aus, nicht die rechtliche. Er ist kein Besitzherr. Nur der Besitzherr hat Besitz an der Sache. Der Arbeitnehmer hat an Arbeitsmitteln des Arbeitgebers nur Fremdbesitz.
Das Aufspielen eines Programms, z.B. Outlook durch den Arbeitnehmer auf ein im Eigentum des Arbeitgebers stehendes Notebook stellt einen Verarbeitungsvorgang i.S.d. Regelung des § 950 BGB dar, was seitens des Arbeitgebers aufgrund seiner Arbeitgeberstellung dem Arbeitnehmer gegenüber als "Hersteller" i.S. des § 950 Abs. 1 Satz 1 BGB zum gesetzlichen Eigentumserwerb führt. Auf ein entsprechendes Herausgabeverlangen als Eigentümer muss der Arbeitnehmer das Notebook samt Programm herausgeben (§ 985 BGB). Einwendungen als Besitzer hat der Arbeitnehmer nach § 986 Abs. 1 Satz 1 BGB demgegenüber nicht. Denn als Arbeitnehmer des Eigentümers ist er lediglich dessen Besitzdiener (§ 955 BGB). Bei fehlender verbotener Eigenmacht (§ 858 BGB) des Eigentümers ihm gegenüber besteht auch kein Selbsthilferecht nach § 860 BGB.
Unabhängig von dem Vorstehenden hat der Arbeitgeber gegen den Arbeitnehmer in einem solchen Fall hinsichtlich des Notebooks einschließlich des Outlook-Programms auch einen Herausgabeanspruch nach § 667 BGB, wonach ein Arbeitnehmer im Ergebnis verpflichtet ist, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses die ihm überlassenen Arbeitsmittel (z.B. Werkzeuge, Geschäftsunterlagen, Schriftstücke und Zeichnungen, Computer, Arbeitskleidung, Werksausweis, Schlüssel, dienstlich genutzte Pkw, Arbeitsergebnisse, Kundenkarteien) herauszugeben.