Dr. Stephan Pauly, Dr. Stephan Osnabrügge
Rz. 47
Erfüllt der Arbeitnehmer seine Herausgabepflichten nicht, kann der Arbeitgeber auf Herausgabe klagen. Der Arbeitgeber muss die von ihm herausverlangten Gegenstände im Einzelnen genau bezeichnen und die Übergabe an den Arbeitnehmer darlegen und beweisen. Der Herausgabeanspruch soll bei entsprechender Eilbedürftigkeit im Wege der Einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht gerichtlich durchgesetzt werden können. Die herrschende Meinung vertritt demgegenüber zu Recht die Ansicht, dass der Eigentümer, der eine Sache einem anderen zum Gebrauch überlassen hat, in Bezug auf die Sicherung seiner Rechte nicht schutzwürdiger erscheint als jeder andere Gläubiger, der seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen muss. Der Erlass einer einstweiligen Verfügung ist daher nur denkbar, wenn die Grenzen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs deutlich überschritten werden und damit Verschlechterungen drohen, die von der ursprünglichen Überlassungsentscheidung nicht mehr gedeckt sind. Das Verfahren der einstweiligen Verfügung ist ein Eilverfahren, das den Antragsteller vor besonderen Nachteilen einer Herausgabe- oder Erfüllungsverweigerung schützen will. Allgemeine Nachteile, die durch rechtsuntreues Verhalten verursacht werden, rechtfertigten ein derartiges Eilverfahren nicht.
Rz. 48
Gegenüber dem Besitzeinräumungsrecht des Arbeitnehmers wegen verbotener Eigenmacht des Arbeitgebers stehen jedenfalls im einstweiligen Verfügungsverfahren dem Arbeitgeber keine Herausgabeansprüche zu, die mit einem Widerantrag geltend gemacht werden könnten. Denn gegenüber dem Herausgabeanspruch des Antragstellers wegen verbotener Eigenmacht nach § 861 Abs. 1 BGB sind jedenfalls im einstweiligen Verfahren Wideranträge, die auf Einräumung des Besitzes für den fehlerhaften Besitzer gerichtet sind, nur unter den Voraussetzungen des § 861 Abs. 2 BGB möglich, da ansonsten der possessorische Besitzschutz des § 863 BGB unterlaufen würde. Ob dem Arbeitnehmer vertragliche Herausgabeansprüche zustehen, ist nach der Ausübung verbotener Eigenmacht durch den Arbeitgeber daher ebenso irrelevant wie die Ausführungen des Arbeitgebers zu sonstigen möglichen Herausgabeanspruchsgrundlagen.
In einem Herausgabeantrag müssen die Gegenstände, die herausverlangt werden, so genau wie möglich bezeichnet werden. Die gattungsmäßige Bezeichnung der Gegenstände ohne Angabe individualisierender Merkmale genügt regelmäßig nicht. Das gilt auch, wenn der Arbeitgeber vom Arbeitnehmer gerichtlich die Herausgabe überlassener Arbeitsmittel verlangt.
Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift neben der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs auch einen bestimmten Antrag enthalten, damit der Streitgegenstand abgrenzbar und die Entscheidung einer möglicherweise erforderlich werdenden Zwangsvollstreckung zugänglich ist. Gemessen daran ist ein Klageantrag grundsätzlich hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch konkret bezeichnet, dadurch den Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) absteckt, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erkennen lässt, das Risiko eines Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abwälzt und schließlich eine Zwangsvollstreckung aus dem Urteil ohne eine Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren erwarten lässt. Danach müssen in einem Herausgabeantrag die Gegenstände, deren Herausgabe verlangt wird, so genau wie möglich bezeichnet werden, damit sie im Falle der Zwangsvollstreckung identifizierbar sind. Soweit sich Unsicherheiten hinsichtlich der Identifizierbarkeit der Gegenstände nicht vermeiden lassen, sind diese im Sinne eines wirksamen Rechtsschutzes hinzunehmen.
Diesen Anforderungen genügt ein Klageantrag, wenn die herausverlangten Gegenstände – wenn auch nicht vollkommen eindeutig – jedoch zumindest so genau beschrieben sind, dass eine Verwechslungsgefahr weitgehend ausgeschlossen ist. Sind die Gegenstände hingegen nur der Gattung und teilweise der Größe nach bezeichnet, so dass sie im Fall eine Zwangsvollstreckung nicht oder kaum identifizierbar sind, fehlt es an der Bestimmtheit. Ist nicht ersichtlich, dass dies unvermeidlich ist bzw. es nicht möglich oder unzumutbar war, nähere Angaben zum Hersteller, der Form, der Größe, dem Material, der Farbe oder sonstigen Besonderheiten zu machen, durch diese sich die jeweiligen Gegenstände von anderen Gegenständen der gleichen Art unterscheiden lassen, reicht dies nicht aus.
Rz. 49
Checkliste: Herausgabeklage
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Gegenstände vollstreckungsfähig bezeichnen |
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Darlegungs- und Beweislast beim Arbeitgeber |
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Eventuell einstweiliger Rechtsschutz |