Rz. 47

Die Wirksamkeit des Beschlusses im Sinne von § 38 Abs. 1 S. 1 FamFG tritt in Ehewohnungs- und Haushaltssachen gem. § 209 S. 1 FamFG und in Gewaltschutzsachen gem. § 216 Abs. 1 S. 1 FamFG grundsätzlich erst mit Rechtskraft ein. Gemeint ist jeweils die formelle Rechtskraft im Sinne von § 45 FamFG. §§ 209 Abs. 2 S. 1, 216 Abs. 1 S. 1 FamFG gehen als speziellere Vorschriften der allgemeineren des § 40 Abs. 1 FamFG vor und schieben den Zeitpunkt der Wirksamkeit von demjenigen der Bekanntgabe (§§ 40 Abs. 1, 41, 15 FamFG) auf denjenigen der formellen Rechtskraft hinaus.

 

Rz. 48

Allerdings soll das Gericht gem. § 209 Abs. 2 S. 2 FamFG in Ehewohnungssachen während des Getrenntlebens nach § 1361b BGB sowie gem. § 216 Abs. 1 S. 2 FamFG in sämtlichen Gewaltschutzsachen die sofortige Wirksamkeit anordnen. Auf diese Weise wird in den genannten Verfahren die Lage, wie sie nach § 40 Abs. 1 FamFG besteht, wiederhergestellt. Die zunächst für Ehewohnungs- und Haushaltssachen nach § 209 Abs. 2 S. 1 FamFG sowie für Gewaltschutzsachen nach § 216 Abs. 1 S. 1 FamFG auf den Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft hinausgeschobene Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der Endentscheidung wird durch §§ 209 Abs. 2 S. 2, 216 Abs. 1 S. 2 FamFG für Verfahren nach § 200 Abs. 1 Nr. 1 FamFG i.V.m. § 1361b BGB sowie §§ 1, 2 GewSchG auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe (§ 15 Abs. 1, Abs. 2 FamFG) an den jeweiligen Antragsgegner vorverlagert.[75] Die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit (§ 86 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 FamFG) eines Beschlusses, der einen Ehegatten zur Überlassung der Ehewohnung für die Zeit des Getrenntlebens an den anderen verpflichtet, sowie eines jeden Beschlusses in Gewaltschutzsachen, erst mit Rechtskraft, verhinderte einen effektiven Rechtsschutz, da der Zeitpunkt der Wirksamkeit und demzufolge der Vollstreckbarkeit durch Einlegung der Beschwerde (§§ 58 ff. BGB) erheblich hinausgezögert werden könnte.[76]

 

Rz. 49

Die Regelung ist freilich nur auf den ersten Blick inkonsistent. Sowohl in Verfahren nach §§ 1361a, 1361b BGB (insbesondere den Verfahren auf Überlassung von Haushaltsgegenständen und auf Überlassung der Ehewohnung sowie in sämtlichen Verfahren nach §§ 1, 2 GewSchG) ergehen die Beschlüsse in aller Regel im einstweiligen Anordnungsverfahren. In einstweiligen Anordnungsverfahren werden nun aber die Beschlüsse ohne besondere Anordnung sofort wirksam.[77] Das folgt aus der Regelung des § 53 Abs. 2 FamFG, der diese Vorstellung zugrunde legt und die ansonsten nicht verständlich wäre. Dies hat zur Folge, dass die sofortige Wirksamkeit gerade nicht gesondert angeordnet werden muss.[78]

Die Regelungen der §§ 209 Abs. 2 S. 2, 216 Abs. 1 S. 2 FamFG betreffen also Hauptsacheverfahren nach § 1361b BGB sowie nach §§ 1, 2 GewSchG. Die Gesetzgeber gehen dabei zutreffend davon aus, dass in solchen Fällen bereits eine einstweilige Anordnung ergangen ist. Deshalb ist in den Vorschriften angeordnet, dass im Hauptsacheverfahren die sofortige Wirksamkeit angeordnet werden soll, um den status quo aufrechtzuerhalten und nicht durch die Möglichkeit der Einlegung des Rechtsmittels der Beschwerde durch den jeweiligen Antragsgegner zu gefährden.

Lediglich in Hauptsacheverfahren nach § 1361a BGB sowie nach §§ 1568a, 1568b BGB ist die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit nicht möglich. Das ist in der Sache zutreffend, da die dringende Überlassung von Haushaltsgegenständen während der Zeit des Getrenntlebens im einstweiligen Anordnungsverfahren erfolgen kann und soll, mit der Folge, dass dann die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses eintritt. Eben dies gilt für Verfahren nach §§ 1568a, 1568b b BGB, sollte hier einmal Eile geboten sein und eine Regelung nach §§ 1361a, 1361b BGB im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht bestehen. Hinzu kommt, dass die Regelungen, insbesondere auch im einstweiligen Anordnungsverfahren nach §§ 1361a, 1361b BGB, bis zur Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache wirksam bestehen bleiben und der Antragsteller dadurch, dass er die Verfahren nach §§ 1568a, 1568b BGB gem. § 137 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 FamFG spätestens zwei Wochen vor der mündlichen Verhandlung im ersten Rechtszug in der Scheidungssache durch einen Antrag anhängig macht, für sich durchgehenden und fortlaufenden Rechtsschutz erreichen kann. Die Ehewohnungs- und Haushaltssache wird nämlich gem. § 148 FamFG frühestens mit der Rechtskraft der Endentscheidung in der Scheidungssache wirksam.

[75] MüKo-FamFG/Erbarth, § 209 Rn 33.
[76] MüKo-FamFG/Erbarth, § 209 Rn 33.
[77] OLG Hamm FPR 2011, 232; Keidel/Giers, § 13 Rn 2; MüKo-FamFG/Soyka, § 53 Rn 2.
[78] MüKo-FamFG/Soyka, § 53 Rn 2.

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