Dr. Julia Bettina Onderka, Dr. Michael Pießkalla
I. Zulässigkeit
Rz. 33
Führt der Anwalt eine Beratung des Mandanten durch, so soll er nach § 34 Abs. 1 RVG auf eine Gebührenvereinbarung hinwirken. Ohne Vereinbarung erhält der Anwalt eine Vergütung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Ist der Mandant Verbraucher, so führt die fehlende Gebührenvereinbarung darüber hinaus dazu, dass für die Beratung höchstens 250 EUR berechnet werden können. Für die Erstberatung eines Verbrauchers bleibt es weiterhin bei der Kappungsgrenze von 190 EUR. Um Gebührenverluste zu vermeiden, ist der Abschluss einer Gebührenvereinbarung daher dringend zu empfehlen. Eine solche Vereinbarung kann sowohl mit einem Verbraucher als auch mit sonstigen Mandanten geschlossen werden.
II. Form
Rz. 34
Die Formvorschrift des § 3a Abs. 1 RVG ist nach der ausdrücklichen Regelung in § 3a Abs. 1 S. 4 RVG auf eine Gebührenvereinbarung nach § 34 Abs. 1 RVG nicht anwendbar.
Rz. 35
Die Gebührenvereinbarung unterliegt daher nicht der Textform, muss nicht als Vergütungsvereinbarung bezeichnet werden und kann auch zusammen mit anderen Vereinbarungen niedergeschrieben bzw. mit der Vollmacht verbunden werden.
Rz. 36
Auch die Angemessenheitsklausel des § 4 Abs. 1 S. 2 RVG findet auf die Gebührenvereinbarung keine Anwendung, da es an gesetzlichen Gebühren fehlt, mit denen die vereinbarten Gebühren verglichen werden könnten. Denn ohne Abschluss einer Gebührenvereinbarung richtet sich die Vergütung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Rechts. Die entsprechenden Vorschriften (§§ 612 Abs. 2, 632 Abs. 2 BGB) sehen zwar für eine entgeltliche Geschäftsbesorgung wie den Anwaltsvertrag eine Vergütungspflicht, nicht jedoch eine feste Vergütungshöhe vor. Gleichermaßen existiert bei der Beratung eines Verbrauchers keine vom Gesetz vorgegebene Vergütung mehr, die durch eine Vereinbarung überschritten werden könnte. Denn die Kappungsgrenze von 190 EUR bzw. 250 EUR ist keine gesetzliche Vergütung, sondern greift erst bei Fehlen einer Gebührenvereinbarung als Höchstgrenze ein.
Rz. 37
Schon aus Beweisgründen sollte jedoch auch für eine Gebührenvereinbarung immer die Textform eingehalten werden, um Diskussionen mit dem Mandanten nach Mandatsabschluss zu vermeiden. Eine besondere Urkunde muss zu diesem Zwecke nicht aufgesetzt werden. Vielmehr reicht auch ein Bestätigungsschreiben nach Übernahme des Mandates aus, wenn der Auftraggeber dies widerspruchslos akzeptiert.
Rz. 38
Formulierungsbeispiel
"(…) komme ich zurück auf unsere heutige Besprechung. (…). Wir hatten vereinbart, dass für die Beratung ein Pauschalhonorar von (…) EUR zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer zu zahlen ist. Weitere Kosten für Auslagen etc. werden daneben nach konkretem Nachweis in Rechnung gestellt."
III. Inhalt
Rz. 39
Um die Regulierung von Verkehrsunfallschäden, die in der täglichen Praxis ein Massengeschäft darstellt, von Bürokratie zu entlasten, sollte eine Form der Gebührenvereinbarung getroffen werden, die in der Abrechnung möglichst einfach zu handhaben ist.
Rz. 40
Die früher geltende Abrechnung nach Gegenstandswerten unter Anwendung der Gebühr aus dem Rahmen von 0,1 bis 1,0 hat den psychologischen Vorteil, dass man den Mandanten auf die frühere Gesetzeslage hinweisen kann. Sie ist in der Durchführung allerdings unter Umständen aufwendig, da nach Abschluss des Mandates die Bestimmung der konkreten Gebühr nach § 14 Abs. 1 RVG begründet werden muss. Alternativ bietet sich – bei aufwandsmäßig überschaubaren Mandaten – die Vereinbarung einer Pauschalgebühr bzw. in sonstigen Fällen die Vereinbarung eines Stundensatzes an.
Rz. 41
Die Vergütung für eine Beratung ist auf diejenige Vergütung anzurechnen, die der Anwalt für eine mit der Beratung zusammenhängende Tätigkeit erhält (§ 34 Abs. 2 RVG). Das Gesetz lässt für die Anrechnung einen Zusammenhang zwischen der Beratung und der sonstigen Tätigkeit genügen. Dies bedeutet, dass der Gegenstand der sonstigen Tätigkeit mit dem der Beratung innerlich verknüpft sein muss und die beiden Angelegenheiten zeitlich aufeinander folgen müssen.
Rz. 42
Beispiel
Anwalt A berät den Fahrer F über dessen Ansprüche aus einem Verkehrsunfall. F bittet ihn sodann, die Ansprüche gerichtlich durchzusetzen. In einem solchen Fall wird die Vergütung für die Beratung auf die Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG angerechnet.
Rz. 43
Soweit die nachfolgende Tätigkeit einen niedrigeren Gegenstandswert hat, erfolgt die Anrechnung der Beratungsgebühr nur in dieser reduzierten Höhe.
Rz. 44
Beispiel
Der Anwalt berät über Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall, wobei er mit seinem Mandanten die Abrechnung einer 1,0-Gebühr aus dem Wert der Schadenspositionen (20.000 EUR) vereinbart hat. Die Beratung k...