Rz. 12

Ein Übernahmerecht liegt vor bei der Zuweisung eines bestimmten Nachlassgegenstandes an einen Miterben mit der Bestimmung, dass dieser das Recht haben soll, den betreffenden Gegenstand zu übernehmen, und zwar entweder zum Verkehrswert oder zu einem vom Erblasser festgelegten Übernahmepreis. Liegt der Verkehrswert über dem Übernahmepreis, so liegt i.H.d. Differenz ein Vorausvermächtnis für den begünstigten Miterben vor. Im umgekehrten Fall liegt ein Vorausvermächtnis für die nicht übernahmeberechtigten Miterben vor. Das Übernahmerecht für den Begünstigten ist ein Gestaltungsrecht, das erst nach dessen Ausübung einen Anspruch auf Übertragung des betreffenden Gegenstandes bei der Erbteilung entstehen lässt.[28] Die Abgrenzung zur Teilungsanordnung liegt darin, dass für den Miterben beim Übernahmerecht keine Verpflichtung besteht, den Gegenstand zu übernehmen. Er kann frei über die Übernahme entscheiden.[29]

Einzig gesetzliches Übernahmerecht ist § 2049 BGB. Ein Problem liegt darin, das sich die Differenz zwischen Verkehrswert und dem vom Erblasser festgelegten Übernahmepreis bis zum Eintritt des Erbfalls entscheidend ändern kann. Die Rspr. regelt dies über den Grundsatz des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB.

 

Praxishinweis

Der Erblasser kann Teilungsanordnung und Vorausvermächtnis kombinieren. Der Begünstigte erhält dann i.H.d. Wertdifferenz ein Vorausvermächtnis. Dies kann unter die Bedingung der Annahme der Erbschaft gestellt werden.

Muster 6.1: Teilungsanordnung mit Vorausvermächtnis

 

Muster 6.1: Teilungsanordnung mit Vorausvermächtnis

Soweit durch die Ausführung der vorstehenden Teilungsanordnungen einer meiner Erben wertmäßig mehr erhält, als dies dem Wert seines Erbteils entspricht, erhält er diesen Mehrwert als Vorausvermächtnis, also ohne Anrechnungs- oder Ausgleichungspflichten zugewandt. Nachlassverbindlichkeiten und die sonstigen Lasten haben die Erben jedoch im Verhältnis ihrer Erbquoten zu tragen. Das Vorausvermächtnis fällt nur bei Annahme der Erbschaft und erst mit der Erbauseinandersetzung an.[30]

[28] Grüneberg/Weidlich, § 2048 Rn 8.
[29] Nieder/Kössinger/R. Kössinger/Zintl, HB Testamentsgestaltung, § 15 Rn 244.
[30] Scherer/Steinhauer, MAH Erbrecht, § 16 Rn 14.

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