Rz. 60
Bei einem Zweckvermächtnis muss der Erblasser den von ihm verfolgten Zweck so genau bestimmen, dass sich aus dem dadurch bestimmten Grund der Zuwendung hinreichende Anhaltspunkte für die Ausübung des billigen Ermessens für den Beschwerten bzw. den Dritten ergeben. Der Vermächtniszweck – z.B. die Finanzierung eines Studiums als Ausgleich für den Verzicht auf einen Erbteil – muss aber zwingend wenigstens so bestimmt sein, dass sich für das billige Ermessen bei der Bestimmung der Leistung ausreichende Anhaltspunkte ergeben, die eventuell gerichtlich nachprüfbar sind. Die Mitteilung "um ihm Freude zu machen" ist nicht geeignet, Anhaltspunkt für das billige Ermessen zu sein.
Für die Bestimmung der Leistung und die Ausübung des Bestimmungsrechts gelten die §§ 315 bis 319 BGB. Eine Anfechtung der Bestimmungserklärung wegen Irrtums, Drohung oder arglistiger Täuschung steht dem Dritten nicht zu. Sie kann nur jeweils zwischen dem Bedachten und dem Beschwerten erklärt werden.
Der Erblasser muss sich nicht einmal bzgl. der Gattung des Vermächtnisgegenstandes festlegen. Nach § 2156 S. 1 BGB kann der Erblasser den oder die Bedachten oder einem Dritten die Bestimmung des Vermächtnisgegenstandes überlassen. Somit bezieht sich das Bestimmungsrecht auf den Gegenstand, die Zeit, Ort und die Zweckbestimmung der Leistung. Die Person des Bedachten ist nicht vom Bestimmungsrecht umfasst. Ebenso wenig die Bestimmung, ob der Bedachte überhaupt etwas erhalten soll.
Der Grundsatz des § 2065 BGB gilt analog für den Gegenstand, den der Bedachte erhalten soll. Der Dritte kann demnach nicht willkürlich irgendeinen Gegenstand oder eine Leistung bestimmen. Die Vorschrift selbst kann mit den Drittbestimmungsmöglichkeiten hinsichtlich der Person des Vermächtnisnehmers (§§ 2151 f. BGB) und deren Anteile (§ 2153 BGB) kombiniert und die Fälligkeit zudem in das Belieben des Beschwerten gestellt werden.
Praxishinweis
Beim Berliner Testament kann das Zweckvermächtnis dazu dienen, die steuerlichen Freibeträge zu nutzen. Der überlebende Ehegatte hat dabei die Möglichkeit, auf Veränderungen der Abkömmlinge zu reagieren und den Lebensunterhalt für sich zu sichern. Zu beachten ist, dass das Zweckvermächtnis zu einem früheren Zeitpunkt als dem Tod des Überlebenden fällig werden sollte, da ansonsten § 6 Abs. 4 ErbStG gelten würde. Dessen Geltung sollte durch den Erblasser zeitlich befristet werden.
Muster 6.8: Zweckvermächtnis
Muster 6.8: Zweckvermächtnis
Meiner Nichte _________________________ vermache ich im Rahmen eines Zweckvermächtnisses aus meinem Nachlass den Betrag, den sie zur Finanzierung einer Schiffsreise rund um die Welt in einem Kreuzfahrtschiff der Luxusklasse benötigt. Über die Einzelheiten entscheidet der Alleinerbe.