I. Erfüllung des Vermächtnisses
1. Einführung
Rz. 137
Der Vermächtnisanspruch als einseitiges Schuldverhältnis (§§ 241–304 BGB) wird durch dinglichen Übertragungsakt nach sachenrechtlichen Grundsätzen erfüllt. Die Erfüllung selbst hängt vom Vermächtnisinhalt ab. Ist eine Forderung der Vermächtnisgegenstand, erfolgt die Erfüllung durch Abtretung. Bei Grundstücken haben eine Auflassung und die Eintragung im Grundbuch gem. §§ 873, 925 BGB, § 20 GBO zu erfolgen. Bei Wohnungs- oder Nießbrauchsrecht reicht eine formlose dingliche Einigung, die Eintragungsbewilligung und der Grundbucheintrag gem. § 873 BGB, §§ 19, 20 GBO. Spielt § 311b BGB eine Rolle, muss eine eventuelle Ergänzungsbetreuung für Minderjährige beachtet werden. Wird die Rückzahlung einem Darlehensnehmer vermächtnisweise erlassen, so erfolgt dies durch Erlassvertrag gem. § 397 BGB. Bei der Schuldübernahme gelten die Vorschriften der §§ 414 ff. BGB. Einzige Ausnahme von der schuldrechtlichen Wirkung des Vermächtnisses besteht beim Vorausvermächtnis zugunsten des alleinigen Vorerben. Dieser wird sofort ohne sachenrechtlichen Übertragungsakt Eigentümer des vermachten Gegenstandes.
Erfüllungsort für das Vermächtnis ist gem. § 2069 Abs. 1 BGB der Wohnort des Beschwerten, außer aus der Erblasseranordnung oder aus der Art des Vermächtnisses ergibt sich etwas anderes. Die Kosten für die Erfüllung fallen dem Beschwerten zur Last, wobei der Erblasser eine abweichende Anordnung treffen kann.
2. Gerichtliche Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs
Rz. 138
Ist der Erbe nicht bereit, den Vermächtnisanspruch außergerichtlich zu erfüllen und der Bedachte gezwungen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen, gilt nach § 27 ZPO das Gericht, bei dem der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes den allg. Gerichtstand hatte, als besonderer Gerichtsstand der Erbschaft. Es handelt sich dabei nicht um einen ausschließlichen Gerichtsstand. Die Zuständigkeit des Gerichts liegt vor, wenn der Anspruch auf der in § 27 Abs. 1 ZPO genannten Anspruchsgrundlage aus dem Vermächtnis bestehen könnte. Daneben kann der Vermächtnisnehmer bei Weigerung der Erfüllung des Vermächtnisses seitens des Erben den Anspruch auch am allg. Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beschwerten geltend machen. Bei der gerichtlichen Geltendmachung des Vermächtnisanspruchs ist nur der Vermächtnisnehmer aktivlegitimiert. Ausnahme ist bei der Anordnung einer Testamentsvollstreckung. Dort ist der Testamentsvollstrecker der Kläger i.S.d. ZPO.
Der Vermächtnisanspruch ist eine Nachlassverbindlichkeit. Folge ist für einen Prozess, dass nur der oder die Erben als Beklagte/r passivlegitimiert sein können. Bei einer gemeinschaftlichen Nachlassverbindlichkeit haften die Miterben als Gesamtschuldner gem. § 2058 BGB. Ist nur ein Miterbe mit einem Vermächtnis gem. § 2046 Abs. 2 BGB beschwert, gilt dies nicht. Hat der Erblasser nur einen Teil der Erben beschwert, so sind nur diese analog § 2058 BGB zu verklagen. Bei der Erfüllung eines Untervermächtnisses ist der Hauptvermächtnisnehmer der Beklagte. Steht dem Testamentsvollstrecker gem. § 2213 Abs. 1 S. 2 BGB die Verwaltung des Nachlasses zu, so ist dieser passivlegitimiert. Ist der Vermächtnisgegenstand nicht von der Verwaltung des Testamentsvollstreckers umfasst, so ist nur der Erbe zu verklagen. Hat der Testamentsvollstrecker selbst einen Vermächtnisanspruch gegenüber dem Erben, gilt dasselbe.
Praxishinweis
Der Vermächtnisnehmer sollte bei der Einsetzung eines Testamentsvollstreckers den Erben und den Testamentsvollstrecker gemeinsam auf Duldung verklagen, da beide i.d.R. dann für einen Passivprozess prozessführungsberechtigt sind.
Rz. 139
Es kann auch Klage gegen den Nachlassverwalter (§ 1984 BGB) oder den Nachlasspfleger (§ 1960 BGB) gerichtet werden, wenn die Erbschaft noch nicht angenommen worden ist oder der Erbe noch nicht feststeht. Vor der Erbschaftsannahme mangelt es dem Erben an der passiven Prozessführungsbefugnis (§ 1959 BGB, § 778 ZPO). Der Vermächtnisnehmer hat auch selbst die Möglichkeit, bei noch nicht angeordneter Nachlasspflegschaft einen Antrag auf Klagepflegschaft zur Durchsetzung seiner Ansprüche zu stellen.
II. Auskunftsanspruch des Vermächtnisnehmers
1. Einführung
Rz. 140
Der Vermächtnisnehmer selbst hat keinen Auskunftsanspruch gegenüber dem Erben. Dies wird nur über § 242 bzw. § 260 BGB bejaht, wenn die Auskunft für die Feststellung und die Durchsetzung des Vermächtnisanspruchs notwendig ist. Gleiches gilt, wenn das Vermächtnis erst nach dem Erbfall, wie bei dem Nacherbfall, fällig wird. Dann richtet sich der Auskunftsanspruch gegen den Vorerben, sofern aus der letztwilligen Verfügung bz...