1. Verschaffungsvermächtnis (§ 2170 BGB)
a) Begriff
Rz. 51
Nach § 2170 BGB kann der Erblasser dem Bedachten einen nicht oder nicht mehr zum Nachlass gehörenden Gegenstand oder ein Recht dergestalt vermachen, dass der Beschwerte verpflichtet ist, dem Vermächtnisnehmer den Gegenstand oder das Recht zu verschaffen. Es muss sich explizit aus der Vermächtnisanordnung des Erblassers ergeben, dass das Vermächtnis nach dem Erblasserwillen auch für diese Fallgestaltung angeordnet worden ist. Kann der Beschwerte das Verschaffungsvermächtnis nicht erfüllen, so hat er gem. § 2170 Abs. 2 S. 1 BGB Wertersatz zu leisten. Ist die Beschaffung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, kann sich der Beschwerte hiervon durch Entrichtung des Wertersatzes i.H.d. Verkehrswerts gem. § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB befreien. Somit gilt § 2170 Abs. 2 S. 2 BGB bei subjektiver Unmöglichkeit. Bei objektiver Unmöglichkeit gilt nach § 2171 BGB, dass das Vermächtnis unwirksam ist. Tritt die objektive Unmöglichkeit nach dem Erbfall ein, gelten die §§ 280 ff. BGB. Bei Vermächtnissen mit erbvertragsmäßiger Bindung ist § 2288 Abs. 2 BGB zu beachten. Der Erbe ist gemäß dieser Vorschrift auch ohne ausdrückliche Anordnung in der letztwilligen Verfügung verpflichtet, dem Bedachten den Gegenstand zu beschaffen bzw. die Belastung zu beseitigen, wenn der Erblasser den Gegenstand vor dem Erbfall in Beeinträchtigungsabsicht veräußert oder belastet hat.
b) Auslegung, Beweislast und Grenzen
Rz. 52
Nach § 2169 BGB wird vermutet, dass ein Vermächtnis unwirksam ist, wenn der Gegenstand zum Zeitpunkt des Erbfalles nicht mehr im Nachlass vorhanden ist. Daraus folgt, dass der Vermächtnisnehmer beim Verschaffungsvermächtnis beweisen muss, dass der Erblasser ihm entgegen des § 2169 BGB einen nicht im Nachlass enthaltenen Gegenstand zukommen lassen wollte. Ein Indiz hierfür ist, wenn der Erblasser im Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung wusste, dass der Gegenstand sich nicht im Nachlass befindet bzw. sein Irrtum, dass sich der Gegenstand im Nachlass befindet. Ist der vermachte Gegenstand wirtschaftlich im Nachlass und wollte der Erblasser, dass der Bedachte den Gegenstand als Vermächtnis erhält, so liegt ebenso ein Verschaffungsvermächtnis vor. Das Verschaffungsvermächtnis unterliegt jedoch Begrenzungen. Der vermachte Gegenstand muss wirtschaftlich im Nachlass enthalten sein. Dies bedeutet, dass die beschränkte Erbenhaftung und die Beschränkung des Untervermächtnisses auf den Wert des Hauptvermächtnisses eine Grenze bilden.
Praxishinweis
Es besteht für den Erblasser die Möglichkeit, den Beschwerten durch eine Zeitbestimmung unter Druck zu setzen mit der Folge, dass bei Nichtverschaffung innerhalb der gesetzten Frist, der Beschwerte einen höheren Wertersatz zu bezahlen hat, als dieser nach § 2170 Abs. 2 BGB betragen würde.
Muster 6.4: Verschaffungsvermächtnis
Muster 6.4: Verschaffungsvermächtnis
Ich vermache im Wege des Vermächtnisses meinem besten Freund _________________________ meine Eigentumswohnung in _________________________ eingetragen im Wohnungsgrundbuch von _________________________ Nr. _________________________ Flurstück-Nr. _________________________. Für den Fall, dass sich die Eigentumswohnung im Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr im Nachlass befindet, beschwere ich den Erben _________________________ mit einem Verschaffungsvermächtnis derart, dass er dem Vermächtnisnehmer auf Kosten des Nachlasses eine vergleichbare Eigentumswohnung mit einer Fläche von mindestens _________________________ qm in vergleichbarer Lage zu einem Verkehrswert von ca. _________________________ EUR zu verschaffen hat. Die Kosten der Vermächtniserfüllung trägt der Erbe. Ein Ersatzvermächtnisnehmer wird entgegen jeder anders lautenden gesetzlichen oder richterlichen Auslegungs- oder Vermutungsregel nicht benannt.
2. Bestimmungsvermächtnis (§ 2151 BGB)
a) Begriff
Rz. 53
Nach § 2151 BGB kann der Beschwerte oder ein Dritter den Bedachten aus mehreren vom Erblasser benannten potentiell bedachten Personen auswählen. Dies können auch mehrere Personen sein, die im Zweifel gem. § 317 Abs. 2 BGB eine übereinstimmende Entscheidung zu treffen haben. Es liegt eine echte freie Ermessensentscheidung vor. Dabei genügt es, wenn der Erblasser einen bestimmten Personenkreis angibt, aus diesem der Dritte durch formlose, empfangsbedürftige und unwiderrufliche Willenserklärung den Bedachten auswählen kann. Ein Bestimmungsvermächtnis ist für die Regelung der Unternehmensnachfolge bei noch jugendlichen Kindern die sicherere Möglichkeit gegenüber § 2065 BGB, denn dort ist eine Stellvertretung des Erblassers im Willen oder der Erklärung aufgrund der vorgeschriebenen Höchstpersönlichkeit unzulässig.
b) Kreis der bedachten Personen
Rz. 54
Voraussetzung ist,...