1. Vermächtniserfüllung bei zu erbringender Gegenleistung Zug um Zug
Rz. 159
Im Vermächtnisrecht kann dem Beschwerten in bestimmten Situationen ein Zurückbehaltungsrecht zustehen. In diesen Fällen erfolgt die Erfüllung des Vermächtnisses Zug um Zug. Gleiches kann auch beim Vorliegen eines Übernahmerechts vorliegen, wenn der Vermächtnisnehmer für die Erfüllung des Vermächtnisses seitens des Beschwerten diesem einen bestimmten Betrag, z.B. den Verkehrswert des vermachten Gegenstandes, zu erstatten hat. Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn dem Erben aufgrund § 2318 BGB ein Kürzungsrecht zusteht. Der Vermächtnisnehmer hat dann nur einen Anspruch auf das gekürzte Vermächtnis. Beim Vorliegen eines Sachvermächtnisses, das nicht gekürzt werden kann, ist es dem Vermächtnisnehmer nur möglich, die Erfüllung Zug um Zug gegen Zahlung des Kürzungsbetrages geltend zu machen.
Findet bei diesen Fallgestaltungen keine freiwillige außergerichtliche Erfüllung statt, muss der Klageantrag eine Erfüllung Zug um Zug beinhalten.
Praxishinweis
Dem Erben obliegt die Beweislast für das Vorliegen und die Höhe des Kürzungsrechts. Der Erbe sollte daher im Rahmen eines Prozesses mit dem Pflichtteilsberechtigten dem Vermächtnisnehmer den Streit verkünden. Ansonsten hat das Urteil im Verhältnis zum Vermächtnisnehmer keinerlei Rechtskraft.
2. Überschwerungseinreden nach § 1992 BGB
Rz. 160
Liegt eine Überschuldung des Nachlasses durch Verbindlichkeiten aus Vermächtnissen und Auflagen vor, weil der Erblasser z.B. mehrere Vermächtnisse angeordnet hat und zum Erbfallzeitpunkt nicht mehr alle Vermächtnisse mangels Nachlassmasse erfüllt werden können, hat der Erbe die Möglichkeit, die Einrede der Überschwerung nach § 1992 BGB zu erheben. Nach der Erhebung der Überschwerungseinrede, kann der Erbe dem Vermächtnisnehmer den Restnachlass zu dessen Befriedigung herausgeben. Wahlweise steht dem Erben nach § 1992 S. 2 BGB das Recht zu, eine wertmäßige Abfindung an den Vermächtnisnehmer anstatt der Herausgabe des Nachlasses zu bezahlen. Bei einem Sachvermächtnis wandelt sich nach der Erhebung der Beschwerungseinrede der Vermächtnisanspruch in einen verhältnismäßig gekürzten Geldanspruch um. Danach steht dem Vermächtnisnehmer das Recht zu, die Übertragung des Gegenstandes Zug um Zug gegen die Zahlung des erforderlichen Kürzungsbetrages zu verlangen.
Praxishinweis
Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung muss der Erbe nach der Erhebung der Überschwerungseinrede den beschränkten Haftungsvorbehalt nach § 780 ZPO in den Urteilstenor aufnehmen lassen.
3. Aufnahme des Haftungsvorbehalts im Urteil nach § 780 ZPO
Rz. 161
Beruht die Überschuldung des Nachlasses darauf, dass der Erblasser mehr durch Vermächtnisse und Auflagen verteilt hat als im Nachlass vorhanden ist, steht dem Erben die Überschwerungseinrede nach § 1992 ZPO zu. Gleiches gilt bei einem Untervermächtnis nach § 2187 Abs. 3 BGB. Im Prozess des Vermächtnisnehmers ist für den Erben zu beachten, dass nach der Erhebung der Einrede ein Haftungsvorbehalt nach § 780 ZPO in den Tenor aufgenommen wird. Eine Aufnahme des Haftungsvorbehalts in den Urteilsgründen soll ausreichen. Die Ablehnung des bejahenden Vorbehalts gehört in die Entscheidungsgründe. Der Vorbehalt wird nur auf Einrede des Erben aufgenommen. Ein besonderer Antrag muss nicht gestellt werden. Vergisst der Prozessbevollmächtigte die Erhebung der Einrede, liegt eine anwaltliche Pflichtverletzung vor. Die Einrede kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung erhoben werden. Es kann sogar Berufung eingelegt werden, mit dem ausschließlichen Ziel der Geltendmachung der beschränkten Haftung. Ist das Urteil ohne Geltendmachung des Vorbehalts rechtskräftig geworden, kann der Vorbehalt nicht mehr nachgeholt werden. Ist der geltend gemachte Vorbehalt nicht im Urteil erwähnt, kann Berufung eingelegt werden.
Muster 6.32: Haftungsvorbehalt nach § 780 ZPO
Muster 6.32: Haftungsvorbehalt nach § 780 ZPO
Dem Erben wird die Haftungsbeschränkung der Haftung auf den Nachlass des _________________________ bzgl. Haupt-, Nebenforderung und Kosten im Urteil vorbehalten.
4. Einrede des Vermächtnisnehmers gegenüber dem Untervermächtnis (§ 2187 BGB)
Rz. 162
Nach § 2187 Abs. 1 BGB kann der Vermächtnisnehmer die Erfüllung eines Untervermächtnisses insoweit verweigern, als dasjenige, was er aus dem Vermächtnis erhält, zur Erfüllung des Untervermächtnisses nicht ausreicht. Nach § 2187 Abs. 3 BGB kommen dann die Vorschriften über die Erbenhaftung nach § 1992 BGB und §§ 1990, 1991 BGB entsprechend zwischen dem Vermächtnisnehmer und dem Untervermächtnisnehmer zur Anwendung. Der Vermächtnisnehmer hat die Möglichkeit, sich von der Erfüllungspflicht gegenüber dem Untervermächtnisnehmer zu befreien, wenn er gem. § 1990 Abs. 1 S. 2 BGB den Vermächtnisgegenstand he...