1. Einführung
Rz. 163
Ab dem Eintritt des Erbfalls verfügt der Vermächtnisnehmer über ein Anwartschaftsrecht aufgrund seines schuldrechtlichen Anspruchs gegenüber dem Beschwerten. Hier stellt sich die Frage der Absicherung, da die Erfüllung des Vermächtnisses längere Zeit in Anspruch nehmen kann bzw. das Vermächtnis, z.B. bei einem aufschiebend bedingten Vermächtnis, erst einige Zeit nach dem Erbfall anfällt.
2. Anspruch des Vermächtnisnehmers auf Sicherung
Rz. 164
Im Gesetz ist eine Absicherung des Vermächtnisanspruchs nicht vorgesehen. Es besteht ein Anspruch auf Sicherung der Anwartschaft nur dann, wenn dieser Anspruch mitvermacht worden ist. So kann dem Vermächtnisnehmer eines Geldanspruchs der Anspruch auf Sicherung durch eine Grundschuld bzw. eine Hypothek (§ 1113 Abs. 2 BGB) mitvermacht werden. Bei anderen Forderungen kann es eine Bürgschaft gem. § 765 Abs. 2 BGB sein. Die Eintragung einer Vormerkung kommt bei Grundstücken oder einem Grundstücksrecht in Betracht. Dies gilt ferner, wenn der Vermächtnisanspruch erst im Nacherbfall zu erfüllen ist. Dem Untervermächtnisnehmer steht dieser Anspruch allerdings erst zu dem Zeitpunkt zu, wenn der mit dem Vermächtnis Beschwerte im Grundbuch eingetragen ist. Gleiches hat Geltung für den Nachvermächtnisnehmer, wenn der Vorvermächtnisnehmer im Grundbuch eingetragen ist. Aus der Tatsache, dass dem Bedachten vermächtnisweise ein Wohnungsrecht zugewandt worden ist, kann jedoch noch keine dingliche Sicherung durch eine persönlich beschränkte Dienstbarkeit geschlossen werden.
3. Anspruch auf Arrest oder einstweilige Verfügung
Rz. 165
In der Zeitspanne zwischen dem Erbfall und dem Anfall des Vermächtnisses hat der Bedachte bei der Gefährdung seines Anspruchs die Möglichkeit, einen Arrest oder eine einstweilige Verfügung gem. § 916 Abs. 2 bzw. § 936 ZPO zu beantragen. Dies gilt nicht, wenn der aufschiebend bedingte Anspruch aufgrund einer zu vagen bzw. zu entfernten Möglichkeit des Bedingungseintritts quasi keinen Vermögenswert hat. Zu beachten ist, dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung gem. §§ 883, 885 Abs. 1 BGB auch ohne Glaubhaftmachung einer Gefährdung des Anspruchs zulässig ist.
4. Schadenersatzanspruch bei Untergang des Vermächtnisgegenstands
Rz. 166
Ist während der Schwebezeit aufgrund des Verschuldens des Beschwerten der Vermächtnisanspruch vereitelt oder beeinträchtigt worden, so hat der Vermächtnisnehmer nach dem Eintritt der Bedingung gem. § 160 BGB die Möglichkeit, Schadensersatz zu verlangen.
5. Haftung des Anwalts
Rz. 167
Droht der Verlust des aufschiebend bedingten Vermächtnisanspruchs auf Übertragung eines Grundstücks oder Miteigentumsanteils an einem Grundstück, ist der Anwalt verpflichtet, eine einstweilige Verfügung auf Eintragung einer Vormerkung zu beantragen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, tritt mit dem Verlust dieser Möglichkeit einer grundbuchrechtlichen Absicherung der Anwartschaft die Haftung des Anwalts ein.
Praxishinweis
Es ist zu beachten, dass die dreijährige Verjährungsfrist des § 51b BRAO a.F. seit dem 15.12.2004 ersatzlos gestrichen worden ist. Somit beginnt die dreijährige Regelverjährung (§§ 195, 199 BGB) erst mit Jahresschluss und nicht schon ab dem Zeitpunkt der Entstehung des Schadenersatzspruchs. In den verjährungsrechtlichen Konsequenzen viel weitreichender ist allerdings, dass die Entstehung des Schadenersatzspruchs die Kenntnis des Mandanten von den anspruchsbegründenden Tatsachen verlangt, § 199 Abs. 1 BGB. Im Unterschied hierzu setzte § 51b BRAO a.F. keine Kenntnis des Mandanten von der anwaltlichen Pflichtverletzung voraus.