1. Einführung
Rz. 35
Zwischen dem Eintritt des Erbfalls – dem Anfall des Vermächtnisses (§ 2176 BGB) – und der Vermächtniserfüllung liegt i.d.R. ein Zeitraum. Somit stellt sich die Problematik, wem die in der Zwischenzeit gezogenen Früchte und Nutzungen zustehen bzw. wer Verwendungen und Aufwendungen zu tragen hat. Der Gesetzgeber hat dies in den §§ 2184, 2185 BGB geregelt, wobei der Erblasser hiervon abweichende Regelungen treffen kann.
2. Früchte und Nutzungen (§ 2184 BGB)
a) Einführung
Rz. 36
Nach dem Wortlaut des § 2184 BGB gilt dieser nur für Stückvermächtnisse. Jedoch kommt er ebenso bei einzuräumenden Rechten zur Anwendung. Gleiches gilt bei beschränkten Gattungsvermächtnissen in Form eines gemischten Sach- und Rechtsvermächtnisses. Dies ist gegeben, wenn von einem Wertpapierdepot nur ein Teil vermacht worden ist. Bei einem Nießbrauch muss derselbe bestellt sein, bevor die Früchte dem Nießbrauchvermächtnisnehmer zustehen. Bei einem Nutzungsrecht an Räumen muss der Bedachte diese selbst nutzen. Tut er dies nicht, ist der erzielte Mietzins keine Früchte i.S.v. § 2184 BGB. Ist die Erfüllung des Vermächtnisses jedoch durch eigenmächtige Vermietung des Beschwerten unmöglich, so kann u.U. ein Anspruch auf Herausgabe der Miete nach § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB aus der sog. Eingriffskondiktion bestehen. Auf ein Forderungsvermächtnis, z.B. bei einem Bankkonto, ist § 2184 BGB ebenfalls anwendbar.
Bei Gattungs- oder Verschaffungsvermächtnissen (§§ 2155, 2170 BGB) stehen dem Bedachten die Früchte und Nutzungen nur nach den allg. Grundsätzen der Vermächtniserfüllung zu. Dies bedeutet, dass die Herausgabe der Früchte erst nach Verzugseintritt oder Rechtshängigkeit erfolgt. Beachtet werden muss beim Verschaffungsvermächtnis, dass der § 2184 BGB ab dem Zeitpunkt der Besitzerlangung durch den Beschwerten gilt. Bei einem Wahlvermächtnis (§ 2154 BGB), hat der Beschwerte die Früchte und Nutzungen ab der Konkretisierung des Gegenstandes herauszugeben.
b) Früchte und das sonst aufgrund des vermachten Rechts Erlangte (§ 2184 S. 1 BGB)
Rz. 37
Soweit keine abweichende Regelung durch den Erblasser letztwillig verfügt worden ist, hat der Beschwerte die seit dem Anfall des Vermächtnisses tatsächlich gezogenen Früchte (§ 99 BGB) herauszugeben. Erst ab Verzug mit der Vermächtniserfüllung bzw. ab Rechtshängigkeit haftet der Beschwerte bei unterlassener Fruchtziehung auf Schadensersatz gem. §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB bzw. §§ 292, 987 Abs. 2 BGB. § 826 BGB greift bei vorsätzlich unterlassener Fruchtziehung ein, § 990 Abs. 1 BGB ist dabei nicht anwendbar.
c) Nutzungen, die keine Früchte sind (§ 2184 S. 2 BGB)
Rz. 38
Im Fall des § 2184 S. 2 BGB hat der Beschwerte für Nutzungen, die keine Früchte sind, keinen Ersatz zu leisten. Betroffen sind hier die einzelnen Gebrauchsvorteile (§ 100 BGB). Dies liegt z.B. bei der Nutzung von einem Haus oder Kfz vor, das an einen Dritten vermacht ist.
3. Verwendungen und sonstige Aufwendungen (§ 2185 BGB)
a) Einführung
Rz. 39
Der § 2185 BGB bestimmt, dass der Beschwerte für die nach dem Erbfall auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen sowie für Aufwendungen, die er nach dem Erbfall zur Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat, Ersatz nach den Vorschriften des Eigentümers – Besitzerverhältnisses der §§ 994 bis 1003 BGB, §§ 256 bis 258 BGB verlangen kann. Der Beschwerte kann auch seine Aufwendungen, die er zur Bestreitung von Lasten der Sache gemacht hat, ersetzt verlangen (§ 995 BGB). Aufgrund seines Wortlautes ist § 2185 BGB nur auf Sach- bzw. Stückvermächtnisse anwendbar. Bei Gattungsvermächtnissen und der vermächtnisweisen Einräumung eines Rechts ist § 2185 BGB nicht anwendbar. Die Verwendungsersatzansprüche des Vorausvermächtnisnehmers werden nach § 2185 BGB bestimmt und nicht nach den §§ 2124 ff. BGB. Beim Verschaffungsvermächtnis gilt § 2185 BGB ab dem Zeitpunkt, an dem der Beschwerte den Besitz des zu verschaffenden Gegenstandes erlangt.
b) Notwendige Verwendungen
Rz. 40
Notwendige Verwendungen werden dem Beschwerten gem. § 994 BGB ersetzt. Die Vorschrift des § 994 BGB bestimmt, dass notwendige Verwendungen Vermögensaufwendungen sind, die der Erhaltung, Wiederherstellung und der Verbesserung dienen. Notwendig ist die Verwendung, wenn sie für die Erhaltung der Sache nach objektiven Maßstäben erforderlich ist und ansonsten der Eigentümer sie hätte vornehmen müssen. Nach § 2185 BGB stehen dem Beschwerten alle nach dem Erbfall getätigten Verwendungen zu. Die gewöhnlichen Erhaltungskosten sind dabei gem. § 994 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen, solange dem Beschwerten selbst die Nutzung verbleibt. Hat der Beschwerte die Nutzung bis zum Anfall des Vermächtnisses gem. § 2184 B...