Rz. 45

Unmittelbarer Zwang kann gemäß § 90 FamFG durch Beschluss angeordnet werden, wenn

die Festsetzung von Ordnungsmitteln erfolglos geblieben ist,
die Festsetzung von Ordnungsmitteln keinen Erfolg verspricht oder
die Vollstreckung besonders eilbedürftig ist.[157]
 

Rz. 46

Die Anwendung unmittelbaren Zwangs kommt immer nur als äußerstes Mittel in Betracht. Bei der Vollziehung ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Sollte sich danach gleichwohl eine Kindeswegnahme unter Gewaltanwendung gegen den Obhutselternteil als erforderlich erweisen, hat sie unter größtmöglicher Schonung des betroffenen Kindes zu erfolgen.[158] Die Anordnung unmittelbaren Zwangs erfordert einen ausdrücklichen gerichtlichen Beschluss. In diesem Beschluss muss das Gericht auch begründen, warum keine milderen Ordnungsmittel in Betracht gekommen sind. Insbesondere kommt die Anordnung unmittelbaren Zwangs zur Durchsetzung einer periodischen Umgangsregelung dann nicht in Betracht, wenn die Vollstreckung eines in einer vorangegangenen Entscheidung festgesetzten Ordnungsgeldes nicht einmal versucht worden ist.[159] Hierbei kann das Gericht auf Tatsachen zurückgreifen, über die es aus eigener Wahrnehmung in früheren Verfahren Kenntnis erlangt hat. Ist demgegenüber das Gericht erstmals mit der konkreten Angelegenheit befasst, so wird einem hinreichend substantiierten Sachvortrag des Antragstellers erhebliche Bedeutung zukommen.[160]

[157] Kemper/Schreiber/Völker/Clausius/Wagner, § 90 Rn 5.
[158] Vgl. BVerfG FamRZ 2006, 537.
[159] OLG Saarbrücken, Beschl. v. 17.5.2013 – 6 WF 92/13 (n.v.).
[160] Kemper/Schreiber/Völker/Clausius/Wagner, § 90 Rn 4.

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