I. Allgemeine Erforderlichkeit, § 1820 Abs. 3 Nr. 1 BGB n.F.
Rz. 3
Nach wie vor ist die Kontrollbetreuung zunächst einmal eine Betreuung wie jede andere auch. Das bedeutet, dass die allgemeinen Voraussetzungen beim Betroffenen, dem Vollmachtgeber, vorliegen müssen. Entsprechend dem § 1814 Abs. 1 BGB n.F. ist dies gem. § 1820 Abs. 1 Nr. 1 BGB n.F. eine Krankheit oder Behinderung. Sie muss kausal für die Unfähigkeit sein, die Rechte gegen den Bevollmächtigten auszuüben.
Rz. 4
Wie Müller-Engels zutreffend ausführt, reicht eine allein körperliche Einschränkung nicht aus, auch wenn dies (für alle Betreuungen) nicht mehr explizit formuliert wurde. Die Geschäftsunfähigkeit sollte allerdings nach hier vertretener Ansicht nicht Kriterium sein. Zwar wird sie tatsächlich meist vorliegen, wenn eine Kontrollbetreuung angeordnet wird. Sie zeigt sich aber in der Praxis der unlauteren Einflussnahme auf ältere Menschen als ein problematisches Kriterium. Immer wieder können oder wollen Sachverständige aus der eher eine Ausnahmesituation darstellenden Testung keine Geschäftsunfähigkeit älterer Menschen feststellen. Tatsächlich unterliegen die Betroffenen aber bei Abwesenheit schützender Dritter oft massiver Einflussnahme der Bevollmächtigten, derer sie sich nicht erwehren können. Dieser Zustand, den der Autor "Beinflussbarkeit" nennt, könnte und müsste wohl als Geschäftsunfähigkeit gewertet werden. Er wird aber, regelmäßig auch mangels ausreichender Kenntnis des Sachverständigen um diese Umstände, häufig nicht erkannt oder in diesem Sinne gewertet. Es sollte daher bei der im Gesetz verankerten Voraussetzung der Unfähigkeit der Rechteausübung gegenüber dem Bevollmächtigten als erste Anforderung bleiben. Welche Rechte dies sind, wird später erläutert (siehe Rdn 17–19).
Rz. 5
Zu beachten ist, dass die Kontrollbetreuung nur so weit reicht, wie es die Vorsorgevollmacht sowie das ihr zugrunde liegende Rechtsverhältnis vorgeben. Das bedeutet, dass die Kontrollbetreuung wie bisher nicht angezeigt ist, wenn der Bevollmächtigte die Vollmacht gar nicht nutzt. Dann ist ebenso eine ("Voll")Betreuung anzuordnen, wie in den Fällen der offensichtlichen Ungeeignetheit des Bevollmächtigten wegen Vollmachtsmissbrauchs, grundsätzlich auch mit der Folge des (zu genehmigenden) Vollmachtswiderrufs.
II. Konkrete Anhaltspunkte, § 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB n.F.
Rz. 6
Gemäß § 1820 Abs. 3 Nr. 2 BGB n.F. müssen zu der allgemeinen Betreuungsbedürftigkeit "konkrete Anhaltspunkte" hinzutreten, nach welchen der Bevollmächtigte "nicht entsprechend der Vereinbarung oder dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Vollmachtgebers" handelt. Damit wird der Rechtsprechung des BGH der letzten Jahre gefolgt, die unter Berücksichtigung des in Frage stehenden Gutes der Selbstbestimmung grundsätzlich hohe Anforderungen an die Einsetzung eines Kontrollbetreuers stellt.
Rz. 7
Bemerkenswert ist die ausdrückliche Erwähnung einer "Vereinbarung". Damit wird mit dem BGH das beim Vorsorgeverhältnis grundsätzlich vorauszusetzende Auftragsverhältnis bestätigt. Dem sollte in Zukunft weiter gefolgt werden, da ein solches bei der immensen Bedeutung für den Vollmachtgeber sowie des Umfanges der Befugnisse für den Bevollmächtigten nach hiesiger Ansicht einen Rechtsbindungswillen deutlich belegt und zudem ohne die Rechte aus §§ 662 ff. BGB unlauter handelnden Bevollmächtigten kaum beizukommen ist. Lediglich bei Ehegatten soll es (grundsätzlich) nicht vorliegen.
Rz. 8
Der Begriff des "Interesses" wurde im Gesetzgebungsverfahren durch den des "erklärten oder mutmaßlichen Willens" ersetzt, um die Subjektivität klarzustellen. Sie wird wohl ebenfalls als Bezug auf den Auftrag zu sehen sein, dessen Inhalt aber meistens nicht ausdrücklich geregelt wird. Willenserklärungen des Vollmachtgebers kommen konkreten Weisungen gem. § 665 BGB zumindest nah und bilden einen gut prüfbaren Maßstab, beispielsweise trotz unter Umständen schlechterer medizinisch-pflegerischer Versorgung unter allen Umständen zu Hause wohnen bleiben zu wollen.
Rz. 9
Der "mutmaßliche Wille" kann deutlich schwerer festzustellen sein. Der Maßstab ist jedenfalls ein subjektiver. Es ist also nicht das "objektiv Beste" zugrunde zu legen, sondern ein anzunehmender Wille. In Vermögensanlagen spricht viel dafür, die Anlagestrategie des Vollmachtgebers beizubehalten und sonst das bestmögliche Ergebnis mit dem (anzunehmenden) Sicherheitsbedürfnis des Vollmachtgebers abzuwägen. Grundsätzlich wird ein Vollmachtgeber erwarten, dass sich ein Bevollmächtigter beraten lässt, wenn keine ausreichenden eigenen Kenntnisse vorliegen.
Rz. 10
Eine bekannte letztwillige Verfügung kann zeigen, dass über Gegenstände vermächtnisweise verfügt wurde und sie d...