Rz. 30
Unfallflucht gilt als typischer Fall und in den früheren AKB sowie in den AKB 2008 ausdrücklich genannter Fall der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit. Die Leistungsfreiheit des Versicherers wegen Unfallflucht tritt auch bei eindeutiger Haftungslage ein. Der Bundesgerichtshof begründet diese Auffassung damit, dass die dem Versicherer vertraglich eingeräumte Prüfungsmöglichkeit sich auch auf die Frage der Leistungsfreiheit wegen alkoholbedingter Fahruntüchtigkeit (grobe Fahrlässigkeit) bezieht.
Rz. 31
Unfallflucht führt daher zur vollständigen Leistungsfreiheit des Versicherers, weil in derartigen Fällen grundsätzlich von einem arglistigen Verhalten auszugehen ist. Aber selbst, wenn man Arglist verneint, kann bei Unfallflucht der Versicherungsnehmer den Kausalitätsgegenbeweis nicht durch die Benennung von Zeugen für seine Behauptung antreten, seine Fahrtauglichkeit sei nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen.
Rz. 32
Diese strenge Rechtsprechung ist durch das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21.12.2012 relativiert worden: Der Bundesgerichtshof führt zunächst aus, dass es genügt, wenn der Versicherungsnehmer seinen Versicherer über das Unfallereignis zu einem Zeitpunkt unterrichtet, in dem er durch Mitteilung an den Geschädigten eine Strafbarkeit nach § 142 Abs. 2 StGB noch hätte abwehren können. Schließlich heißt es in diesem Urteil weiter, dass Unfallflucht nicht in jedem Fall ein arglistiges Verhalten darstelle. Eine arglistige Verletzung der Aufklärungsobliegenheit setze voraus, dass der Versicherungsnehmer einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und weiß, dass sein Verhalten die Schadenregulierung möglicherweise beeinflussen kann. Weiterhin hält der Bundesgerichtshof in dieser Entscheidung den Kausalitätsgegenbeweis für zulässig und keineswegs zwingend den Nachweis für erforderlich, dass der Versicherungsnehmer zum Unfallzeitpunkt nicht alkoholisiert gewesen sei.
Rz. 33
Wenn der Versicherungsnehmer die erforderlichen Angaben nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemacht hat, kann er sich von der Unfallstelle entfernen und muss nicht die Polizei hinzuziehen oder deren Erscheinen an der Unfallstelle abwarten.
Arglist liegt nur dann vor, wenn der Versicherungsnehmer beim Verlassen der Unfallstelle einen gegen die Interessen des Versicherers gerichteten Zweck verfolgt und sich bewusst ist, dass sein Verhalten möglicherweise die Schadenregulierung beeinflussen könnte. Die allgemeine Annahme, dass bei Unfallflucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine alkoholbedingte Verkehrsuntüchtigkeit spricht, ist zu weitgehend.
Wenn der Versicherungsnehmer die erforderlichen Angaben nach § 142 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemacht hat, kann er sich von der Unfallstelle entfernen und muss nicht die Polizei hinzuziehen oder deren Erscheinen an der Unfallstelle abwarten.