Rz. 39

Seit Inkrafttreten des § 623 BGB am 1.5.2000 (Art. 5 ArbGBeschlG) bedürfen auch "Auflösungsvereinbarungen" der Schriftform. Unter diesen Begriff fällt zunächst der Aufhebungsvertrag, durch welchen das Arbeitsverhältnis einvernehmlich rückwirkend oder für die Zukunft beendet werden soll. Kommt es zu einer einvernehmlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ohne dass eine Kündigung vorausgegangen ist, kann von einem "klassischen" Aufhebungsvertrag (Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, Rn 20) gesprochen werden. Wenn nach Ausspruch einer Kündigung die Modalitäten und Rechtsfolgen der Abwicklung des Arbeitsverhältnisses geregelt werden, liegt ein sog. Abwicklungsvertrag (s. dazu die Grafik bei Bauer, Arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge, A. Rn 20) vor. Der Abwicklungsvertrag unterscheidet sich vom Aufhebungsvertrag dadurch, dass er das Arbeitsverhältnis nicht selbst beendet; er regelt lediglich die Modalitäten der Beendigung. Mit einem solchen nach der Rspr. unbedenklich zulässigen Abfindungs- und Abwicklungsvertrag "erkauft" sich der Arbeitgeber die von ihm angestrebte Planungssicherheit (BAG v. 25.4.2007 – 6 AZR 622/06, AP § 113 InsO Nr. 23 = ZIP 2007, 1875). Gegenstand des Vertrags ist die Hinnahme der Kündigung unter Verzicht auf die Inanspruchnahme staatlichen Rechtsschutzes. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird damit nicht durch den Abwicklungsvertrag, sondern durch einen anderen Tatbestand bewirkt (BAG v. 15.2.2005, AP § 612a BGB Nr. 15). Die dem Abwicklungsvertrag zugrunde liegende Kündigung ist daher formbedürftig nach § 623 BGB. Um das Gesetzesziel zu erreichen, wird teilweise vertreten, dass auch der Abwicklungsvertrag als formbedürftig anzusehen ist (Schaub, NZA 2000, 344, 347; Uhlenbruck/Zobel, § 22 InsO Rn 93; ebenso BAG v. 19.4.2007, MDR 2008, 34 = NZA 2007, 1227; a.A. Däubler, AiB 2000, 188, 191; Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 354; Rolfs, NJW 2000, 1227, 1228, ebenso LAG Köln v. 21.4.2005, AE 2006, 17), weil der Arbeitnehmer erst durch die Folgenregelung auf den Kündigungsschutz verzichtet (Berscheid, ZInsO 2000, 208, 209).

 

Rz. 40

Ein sog. dreiseitiger Vertrag, wonach den Arbeitnehmern zur Vermeidung eines Insolvenzverfahrens oder nach Stellung eines Insolvenzantrages zum Zwecke der Sanierung des Unternehmens angeboten wird, aus den Diensten des sanierungsbedürftigen bzw. notleidenden Arbeitgebers auszuscheiden und von einer Transfergesellschaft befristet übernommen zu werden, ist gem. § 623 BGB insgesamt formbedürftig (Preis/Gotthardt, NZA 2000, 348, 354; Uhlenbruck/Zobel, § 22 InsO Rn 94; LAG Köln v. 6.3.2003, AR-Blattei ES 260 Nr. 22; LAG Köln v. 22.5.2003, ZInsO 2005, 333; a.A. LAG Hamm v. 15.1.2004, LAGReport 2004, 383). Auch wenn es das Ziel der Transfergesellschaft ist, einerseits Arbeitnehmern die Arbeitslosigkeit zu ersparen, andererseits die Chance einer Weitervermittlung durch Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zu erhöhen, darf nicht übersehen werden, dass die Arbeitnehmer aus ihrem bisherigen Arbeitsverhältnis ausscheiden. Dass sie nahtlos in die Transfergesellschaft übergeleitet werden, ist für die Formbedürftigkeit des sog. dreiseitigen Vertrages ohne Bedeutung (Uhlenbruck/Zobel, § 22 InsO Rn 94).

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