Marnie Plehn, Peter Hützen
Rz. 133
Nach § 1 S. 1 InsO dient das Insolvenzverfahren dazu, die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insb. Zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Gläubigern steht mit dem Insolvenzplan ein alternatives, ggü. Den starren gesetzlichen Regelungen zur Abwicklung und Vermögensverwertung eines insolventen Unternehmens weitgehend privatautonom ausgestaltetes Verfahren zur Bewältigung der Insolvenz des Schuldners zur Verfügung (PK-HWF/Wutzke, § 217 Rn 1). Durch das am 1.3.2012 in Kraft getretene ESUG wurde das in §§ 217 ff. InsO geregelte Insolvenzplanverfahren vereinfacht und modernisiert (hierzu Römermann, NJW 2012, 645). Die Sanierung von Unternehmen soll damit weiter erleichtert und attraktiver gemacht werden. Der Insolvenzplan kann jedoch nach wie vor auch zur Liquidation des Schuldners genutzt werden. Im Insolvenzplan können alle Maßnahmen und Regelungen getroffen werden, die mit dem gesetzlichen Verfahrensziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung vereinbar sind (MK-InsO/Eidenmüller, vor §§ 217 bis 269 Rn 5).
Rz. 134
Ungeachtet der Möglichkeit, in einem Insolvenzplan von den starren gesetzlichen Verfahrensvorschriften der InsO abzuweichen, bleibt es ebenso wie in der Regelinsolvenz auch im Planverfahren bei der Geltung der arbeitsrechtlichen Vorschriften, insb. Des allgemeinen Kündigungsschutzes. Die Sonderregelung des § 113 InsO zur Kündigung von Dienst-/Arbeitsverhältnissen in der Insolvenz gilt auch im Planverfahren.
Rz. 135
Die §§ 120–128 InsO finden im Insolvenzplanverfahren Anwendung. Bei der Beschränkung des Sozialplanvolumens nach § 123 InsO gilt im Planverfahren nach §§ 217 ff. InsO allerdings die Besonderheit, dass keine relative Obergrenze existiert, § 123 Abs. 2 S. 2 InsO. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Liquidationsplan, ein Übertragungsplan oder ein Sanierungsplan beschlossen und bestätigt wird (FK/Eisenbeis, § 123 Rn 19). Wegen der vom Gesetzgeber im Insolvenzplanverfahren gewollten freien Gestaltung der Insolvenzabwicklung und Gläubigerbefriedigung soll nach umstrittener Ansicht für einen im Rahmen eines Planverfahrens abgeschlossenen Sozialplan nicht nur die relative Obergrenze, sondern § 123 InsO insgesamt keine Anwendung finden (Zwanziger, § 123 Rn 4). Dieser Auffassung steht jedoch der eindeutige Wortlaut der Norm entgegen. Nur für die in § 123 Abs. 2 InsO geregelte relative Obergrenze lässt die Regelung für den Fall des Beschlusses und der Bestätigung eines Insolvenzplans eine Ausnahme zu. Auch der gesetzgeberische Wille spricht für eine Geltung des § 123 Abs. 1 InsO im Insolvenzplanverfahren (Begr. BT-Drucks 12/2443, 98). Die absolute Obergrenze des § 123 Abs. 1 InsO gilt daher auch für den Insolvenzplan (FK/Eisenbeis, § 123 Rn 19; KPB/Moll, §§ 123, 124 Rn 60 ff.; NR/Hamacher, § 123 Rn 29; MK-Löwisch/Caspers, § 123 Rn 74).