Rz. 32
Tipp
Die Begutachtung hat sich auch nach Auffassung des Verkehrsministeriums an den Vorgaben der von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin herausgegebenen und im Kirschbaum Verlag in 3. Auflage erschienenen Begutachtungsleitlinien zu richten.
a) Alkoholabhängigkeit
Rz. 33
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, welche die Fahreignung ausschließt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Betreffende straf- oder verkehrsrechtlich negativ aufgefallen ist (OVG des Saarlandes zfs 2018, 239; BayVGH zfs 2018, 655).
Besteht der Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, ist gem. § 13 Abs. 1 S. 1 FeV durch ein ärztliches Gutachten zu klären, ob eine solche vorliegt, ohne dass der Behörde insoweit ein Ermessen zustünde (BayVGH zfs 2018, 655).
Die Behörde kann zwischen einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, einem Amtsarzt oder einem Arbeitsmediziner wählen, der behandelnde Arzt kommt aber als Gutachter nicht in Frage, § 11 Abs. 2 S. 3 FeV. Bestätigt das Gutachten den Verdacht, ist die Fahrerlaubnis ohne Weiteres zu entziehen und eine Wiedererteilung setzt in der Regel den Nachweis einer einjährigen Abstinenz voraus (BayVGH zfs 2018, 655 unter Hinweis auf die vorgenannten Eignungsrichtlinien).
Selbst das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wird in solchen Fällen regelmäßig von der Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens abhängig gemacht werden (BayVGH zfs 2016, 655; DAR 2019, 220).
b) Missbrauch
Rz. 34
Hohe, 2 ‰ übersteigende, Werte lassen auf eine Alkoholproblematik und damit auf Missbrauch schließen (OVG des Saarlandes zfs 2004, 47).
Nr. 8.1. der Anlage 4 der FeV definiert Missbrauch dahingehend, dass Fahren und Trinken nicht hinreichend sicher getrennt werden können, während nach den Eignungsrichtlinien Verdacht auf Missbrauch besteht, wenn bei einer trotz mit hoher Alkoholisierung durchgeführten Fahrt beim Fahrer keine Wirkungsanzeichen festzustellen waren oder – im Gegenteil – ein alkoholbedingter Kontrollverlust aktenkundig ist bzw. wiederholt Fahrten mit höheren Alkoholwerten durchgeführt wurden.
Achtung: Auch ohne Bezug zum Straßenverkehr?
Streitig ist, ob auch ein ohne Bezug zum Straßenverkehr festgestelltes Trinkverhalten Eignungszweifel rechtfertigt. Während dies der VGH Bad. Württ. (zfs 2002, 504) grundsätzlich und selbst dann bejaht, wenn Tattag ein Rosenmontag war (zfs 2002, 552) verlangen andere Gerichte darüber hinaus den Nachweis von Umständen, die nahelegen, dass der Betroffene in überschaubarer Zukunft ein Kraftfahrzeug alkoholisiert führen werde (VGH München DAR 2006, 413; OVG Rheinland-Pfalz zfs 2007, 657; OVG des Saarlandes zfs 2008, 58).
Wird dagegen der Verdacht auf Missbrauch zu Recht gehegt, muss der Betreffende die dadurch begründenden Eignungszweifel durch ein positives medizinisch psychologisches Gutachten widerlegen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2a FeV; OVG des Saarlandes zfs 2005, 106).