I. Harte Drogen
1. Definition
Rz. 35
Unter harten Drogen sind alle Betäubungsmittel im Sinne des BtMG mit Ausnahme von Cannabis zu verstehen, also Ecstasy wie auch sonstige Amphetamine (OVG Hamburg zfs 2008, 239; OVG des Saarlandes zfs 2018, 354; zfs 2019, 118), LSD (Nds. OVG DAR 2002, 471), Kokain (VGH Bad. Württ. zfs 2004, 93) und nach Auffassung des VG des Saarlandes (zfs 2010, 177) auch eine lege artis durchgeführte Methadon-Substitution.
Ob auch bei Khat ohne Weiteres Ungeeignetheit anzunehmen ist (so VGH Kassel zfs 2012, 478) oder hier eine Einzelfallprüfung vorzunehmen ist (so OVG NRW, Verkmitt. 2009 Nr. 9) ist ungeklärt.
2. Konsum
Rz. 36
Gemäß der Nr. 9.1 der Anlage 4 zu § 14 FeV ist bereits bei einmaligem Konsum einer harten Droge ohne Weiterers von Ungeeignetheit des Konsumenten auszugehen, auch wenn kein Bezug zum Straßenverkehr bestand (VGH Mannheim NZV 2015, 101; OVG des Saarlandes zfs 2017, 480; zfs 2018, 354).
Weder der Hinweis auf einen mit einem Schicksalsschlag zusammenhängenden einmaligen Konsum (VGH Bad. Württ. NZV 2002, 477), noch die Behauptung, der Wirkstoff sei auf Medikamenteneinnahme zurückzuführen (OVG Rheinland-Pfalz BA 2012, 123), noch die, die Drogen seien ohne sein Wissen verabreicht worden oder es habe eine Verwechslung der Trinkgläser stattgefunden (OVG Greifswald NJW 2012, 548) ändert hieran etwas.
3. Besitz
Rz. 37
Im Gegensatz zu psycho-aktiv wirkenden Arzneimitteln (VGH München DAR 2018, 180) rechtfertigt bereits der bloße Besitz harter Drogen Eignungszweifel, die gem. § 14 Abs. 1 S. 2 FeV die Forderung, ein ärztliches Gutachten beizubringen, rechtfertigen (BayVGH zfs 2019, 596).
Können die im Wohnzimmer einer gemeinsamen Wohnung gefundenen Drogen keinem der Bewohner zugeordnet werden, soll sogar von allen die Beibringung eines solchen Gutachtens verlangt werden können (VG Saarlouis NJW 2012, 405).
Achtung: Kündigung eines Berufskraftfahrers
Bereits der Besitz harter Drogen rechtfertigt die Kündigung eines Berufskraftfahrers, ohne dass eine Teilnahme in fahruntüchtigem Zustand am Straßenverkehr nachgewiesen werden müsste (BAG DAR 2017, 283).
II. Cannabis
1. Ohne Verkehrsteilnahme
Rz. 38
Anders als bei harten Drogen (BayVGH zfs 2019, 596) kann aus der Tatsache, dass ein Fahrerlaubnisinhaber geringe Mengen von Drogen besessen (VGH München NZV 2017, 247) oder Haschisch konsumiert hat alleine noch nicht auf Eignungszweifel geschlossen werden. Es kommt vielmehr entscheidend darauf an, ob er zwischen Cannabiskonsum und dem Führen eines Fahrzeuges trennen kann. Zu entscheiden ist dies abhängig von der Häufigkeit des Konsums, wobei die Nr. 9. 2 der Anlage 4 der FeV zwischen einmaligem, gelegentlichem und regelmäßigem Konsum unterscheidet. Die Begriffe definiert sie allerdings ebenso wenig wie die Begutachtungsleitlinien (VKBl 2014, 132), auf denen die Anlage 4 maßgeblich beruht (BVerfG zfs 2014, 175).
Ein einmaliger Konsum ist nur der einmalige Probierkonsum, ein zweiter Konsum kann nur dann unter einmaligen Konsum subsummiert werden, wenn zwischen beiden ein sehr langes Zeitintervall liegt (OVG Sachsen-Anhalt, zfs 2013, 658; BVerwG zfs 2015, 173). Weitgehende Einigkeit besteht, dass bereits ein zweimaliger zeitnaher Konsum einen gelegentlichen Konsum darstellt (OVG Lüneburg zfs 2012, 473; VGH München DAR 2018, 160). Wie groß der zwischen zwei Konsumvorgängen liegende Zeitraum sein muss, damit nicht das Merkmal "gelegentlich" erfüllt ist, kann nicht systematisch bestimmt werden, sondern ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (VGH Bad.-Württ. zfs 2013, 240; BVerwG zfs 2015, 173); ein Jahr soll in der Regel jedenfalls hierfür ausreichen (OVG Sachsen-Anhalt zfs 2013, 658).
Bei einem täglichen oder nahezu täglichen Konsum ist dagegen das Merkmal der Regelmäßigkeit erfüllt.
2. Nachweis
Rz. 39
Der Verdacht kann sich u.a. auf die Angaben des Betroffenen selbst stützen, wobei zu beachten ist, dass im Gegensatz zum Strafrecht (BGH zfs 1992, 176) im Verwaltungsrecht für die ohne Belehrung gemachten Angaben des Betroffenen kein Verwertungsverbot besteht (Nds. OVG zfs 2001, 44).
Vor allem anwaltliche Vertreter müssen beachten, dass man nach herrschender Meinung (OVG Koblenz DAR 2011, 279; OVG Münster DAR 2012, 275; NZV 2018, 293; VGH München DAR 2018, 160) bereits bei Werten von 10 ng/ml im Serum solange von gelegentlichem Konsum ausgehen kann, wie der Betroffene nicht substantiiert und glaubhaft darlegt, dass er zum ersten Mal konsumiert hat.
Verschiedentlich wird auch aus dem im Blut nachgewiesenen THC-COH Wert auf gelegentlichen oder regelmäßigen Konsum geschlossen (OVG des Saarlandes, zfs 2003, 44; OVG Rheinland-Pfalz zfs 2010, 298; VGH München NZV 2017, 246), obwohl dies wissenschaftlich äußerst umstritten ist. Unzweifelhaft zulässig ist es jedoch aus den vorgefundenen THC-Werten Schlüsse zu ziehen (BVerwG zfs 2015, 173).
3. Rechtsfolgen
Rz. 40
Ein einmaliger Konsum berechtigt nicht bereits zu Eignungszweifeln (BVerfG zfs 2002, 454; NJW 2002, 2378).
Ein gelegentlicher, d.h. bereits ein zweimaliger Konsum erfüllt dagegen die Voraussetzungen der Nr. 9.2.2 der Anlage 4 FeV und berechtigt im Hinblick au...