1. Alkoholfahrt
a) Mit einem Kraftfahrzeug
Rz. 29
Eine mit einem Kraftfahrzeug (s. § 37 Rdn 6) durchgeführte strafbare Alkoholfahrt führt regelmäßig zur Entziehung der Fahrerlaubnis durch den Strafrichter mit der Folge, dass die Fahrerlaubnis erlischt und bei der Führerscheinbehörde neu beantragt werden muss (s. nachfolgend § 63).
Alkoholordnungswidrigkeiten haben dagegen nur ein Fahrverbot und nicht einen Führerscheinentzug zur Folge. Allerdings rechtfertigen wiederholte Fahrten unter Alkoholeinfluss – zwei Alkoholordnungswidrigkeiten reichen aus – gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2b FeV Eignungszweifel, die die Forderung auf Beibringung eines medizinisch psychologischen Gutachtens rechtfertigen (BayVGH zfs 2018, 594).
Achtung:
Zur Verwertbarkeit von Voreintragungen, selbst in Fällen, in denen zwischen Gutachtenanforderung und der Trunkenheitsfahrt erhebliche (hier 9,5 Jahre) Zeit liegt (OVG Lüneburg NZV 2019, 654), siehe § 11 Rdn 47 ff.
b) Mit einem Fahrrad oder einem sonstigen fahrerlaubnisfreien Fahrzeug
Rz. 30
Wer mit einem solchen Fahrzeug mit mindestens 1,6 Promille am Verkehr teilnimmt, macht sich zwar strafbar, den Führerschein kann ihm der Strafrichter jedoch nicht entziehen, da dies gemäß § 69 StGB das Führen eines Kraftfahrzeugs voraussetzt.
Allerdings begründet die Teilnahme am Straßenverkehr mit einem so hohen Promillewert Eignungszweifel. Soweit dies früher von einer Mindermeinung in Frage gestellt wurde, hat sich die Diskussion durch die Neuregelung des § 13 Nr. 2c FeV erledigt. Danach bestehen dann, wenn der Betreffende mit einem Fahrzeug, nicht notwendig einem Kraftfahrzeug, eine Alkoholfahrt mit mindestens 1,6 Promille begeht, Eignungszweifel (BVerwG zfs 2013, 474; Nds. OVG zfs 2019, 419).
Achtung: Untersagung Rad zu fahren
In solchen Fällen kann die Fahrerlaubnisbehörde sogar das Fahren mit einem Fahrrad oder einem sonstigen erlaubnisfreien Fahrzeug untersagen (OVG Rheinland-Pfalz zfs 2012, 716; OVG Berlin-Brandenburg zfs 2016, 597; VGH München DAR 2019, 220) bzw. eine positive MPU zur Bedingung hierfür machen.
c) Erlaubnis auf Probe
Rz. 31
Dem Inhaber eines Probeführerscheines, dem die Fahrerlaubnis wegen einer Alkoholfahrt entzogen worden war, wird – auch wenn der festgestellte Alkoholwert unter 1,6 ‰ lag – eine Fahrerlaubnis nur nach Teilnahme an einem von speziell geschulten Verkehrspsychologen durchgeführten besonderen Aufbauseminar wiedererteilt (§ 2 Abs. 5 S. 2 StVG).
Begeht er nach der Wiedererteilung innerhalb der Probezeit erneut einen erheblichen (s. hierzu § 12 Rdn 13) Verstoß, muss er seine Eignung durch ein positives MPU-Gutachten nachweisen, § 2 Abs. 5 S. 5 StVG.
2. Alkoholauffälligkeit
Rz. 32
Tipp
Die Begutachtung hat sich auch nach Auffassung des Verkehrsministeriums an den Vorgaben der von der Deutschen Gesellschaft für Verkehrspsychologie gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin herausgegebenen und im Kirschbaum Verlag in 3. Auflage erschienenen Begutachtungsleitlinien zu richten.
a) Alkoholabhängigkeit
Rz. 33
Alkoholabhängigkeit ist eine Krankheit, welche die Fahreignung ausschließt, ohne dass es darauf ankommt, ob der Betreffende straf- oder verkehrsrechtlich negativ aufgefallen ist (OVG des Saarlandes zfs 2018, 239; BayVGH zfs 2018, 655).
Besteht der Verdacht auf Alkoholabhängigkeit, ist gem. § 13 Abs. 1 S. 1 FeV durch ein ärztliches Gutachten zu klären, ob eine solche vorliegt, ohne dass der Behörde insoweit ein Ermessen zustünde (BayVGH zfs 2018, 655).
Die Behörde kann zwischen einem Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation, einem Amtsarzt oder einem Arbeitsmediziner wählen, der behandelnde Arzt kommt aber als Gutachter nicht in Frage, § 11 Abs. 2 S. 3 FeV. Bestätigt das Gutachten den Verdacht, ist die Fahrerlaubnis ohne Weiteres zu entziehen und eine Wiedererteilung setzt in der Regel den Nachweis einer einjährigen Abstinenz voraus (BayVGH zfs 2018, 655 unter Hinweis auf die vorgenannten Eignungsrichtlinien).
Selbst das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge wird in solchen Fällen regelmäßig von der Vorlage eines positiven MPU-Gutachtens abhängig gemacht werden (BayVGH zfs 2016, 655; DAR 2019, 220).
b) Missbrauch
Rz. 34
Hohe, 2 ‰ übersteigende, Werte lassen auf eine Alkoholproblematik und damit auf Missbrauch schließen (OVG des Saarlandes zfs 2004, 47).
Nr. 8.1. der Anlage 4 der FeV definiert Missbrauch dahingehend, dass Fahren und Trinken nicht hinreichend sicher getrennt werden können, während nach den Eignungsrichtlinien Verdacht auf Missbrauch besteht, wenn bei einer trotz mit hoher Alkoholisierung durchgeführten Fahrt beim Fahrer keine Wirkungsanzeichen festzustellen waren oder – im Gegenteil – ein alkoholbedingter Kontrollverlust aktenkundig ist bzw. wiederholt Fahrten mit höheren Alkoholwerten durchgeführt wurden.
Achtung: Auch ohne Bezug zum Straßenverkehr?
Streitig ist, ob auch ein ohne Bezug zum Straßenverkehr festgestelltes Trinkverhalten Eignungszweifel rechtfertigt. Während dies der VGH Bad. Württ. (zfs 2002, 504) grundsätzlich und selbst dann bejaht, wenn Tattag ein Rosenmontag war (zfs 2002, 552) verlangen andere Gerichte darüber hinaus den Nachweis von Umständen, die nahelegen, dass der Betroffene in überschaubarer Zukunft ein Kraftfahrzeug ...