I. Gesetzliche Grundlagen
Rz. 3
Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vom 18.8.1998 (BGBl I S. 2214) mit vier Änderungen (4. Änderungsverordnung, BR-Drucks 302/08 vom 30.4.2008) regelt in ihrem § 28 die Gültigkeit einer in einem Mitgliedsstaat der EU oder des europäischen Wirtschaftsraums (EWR, Island, Lichtenstein, Norwegen) erworbenen Fahrerlaubnis und, nachdem sie durch die 4. Änderungsverordnung die internationale Kraftfahrzeugverordnung (IntKfzVO) vom 8.8.1998 (BGBl I, S. 2214) ersetzt hat, auch die Gültigkeit von Fahrerlaubnissen aus Drittstaaten.
II. Beim Fahrerlaubniserwerb im Ausland einzuhaltende Bedingungen
Rz. 4
Die nachfolgend aufgeführten Bedingungen müssen grundsätzlich bei allen im Ausland erworbenen Fahrerlaubnissen eingehalten werden, wobei bei einem Fahrerlaubniserwerb im europäischen Ausland jedoch Sonderbedingungen gelten (siehe unten Rdn 14 ff.).
1. Im Ausland voll gültige Fahrerlaubnis
Rz. 5
In Deutschland anerkannt wird nur eine im Ausland voll gültige Fahrerlaubnis, also nicht eine nur vorläufig ausgestellte oder ein Lernführerschein. Unwirksam ist und bleibt eine unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erlangte Fahrerlaubnis auch dann, wenn sie danach umgeschrieben wurde (BVerwG DAR 2018, 704); entsprechendes gilt für eine aus einem Drittstaat, der nicht in der Anlage 11 zur FeV aufgeführt ist (VG Neustadt zfs 2017, 537). Dagegen wird der Entzug der Fahrerlaubnis der Klasse B durch die nachträgliche Erteilung einer EU-Fahrerlaubnis der Klasse C geheilt (BVerwG NZV 2019, 214).
2. Kein inländischer Wohnsitz
Rz. 6
Voraussetzung für die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen in Deutschland ist, dass die ausländische Fahrerlaubnis nicht zu einem Zeitpunkt erteilt wurde, in dem der Betreffende seinen Wohnsitz im Inland hatte. Eine in einem Drittstaat ohne Vorliegen dieser Voraussetzung erworbene Fahrerlaubnis ist deshalb in Deutschland ungültig, ohne dass es noch einer zusätzlichen Einzelfallentscheidung der deutschen Fahrerlaubnisbehörde bedürfte (BVerwG DAR 2012, 98).
3. 185-Tage-Klausel
Rz. 7
Wirksam im Ausland kann eine Fahrerlaubnis nur erwerben, wer mindestens 185 Tage zusammenhängend im Ausstellerstaat seinen Wohnsitz bzw. Lebensmittelpunkt hatte; die Fahrerlaubnisverordnung spricht von dem ordentlichen Wohnsitz. Dieser ist zu definieren als der Ort, an dem der Fahrerlaubnisinhaber wegen persönlicher und beruflicher Bindungen gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Kalendertage im Jahr, wohnt; eine "Briefkastenadresse" erfüllt diese Voraussetzungen nicht.
Einen solchen ordentlichen Wohnsitz im Ausland begründet auch derjenige, der zwar Verbindungen ins Inland noch hat, sich aber für eine von Anfang an, auf mindestens 185 Tage geplante Dauer ins Ausland begibt (§ 7 Abs. 1 S. 4 FeV), nicht aber derjenige, der regelmäßig nach Deutschland zurückkehrt (§ 7 Abs. 1 S. 3 FeV) wobei eine kurzzeitige und nicht regelmäßige Unterbrechung wie z.B. ein Heimaturlaub nicht schadet.
Umstritten ist, ob die 185-Tage-Frist bereits im Zeitpunkt des Führerscheinerwerbs erfüllt sein muss, oder ob auch eine sich daran anschließende Zeit hinzuzuzählen ist. Anders als der BayVGH (NZV 2000, 261) oder das OLG Oldenburg (DAR 2019, 163) verneinen dies sowohl das OVG Lüneburg (DAR 2014, 44) als auch das BVerwG (DAR 2015, 30).
Achtung: Gilt auch für Umtausch
Das Wohnsitzprinzip gilt auch beim Umtausch einer Fahrerlaubnis (BVerwG NJW 2013, 487).
Achtung: Auch bei erstmaligem Erwerb einer Fahrerlaubnis
Der Aufnahmestaat ist zur Anerkennung einer unter Missachtung der Wohnsitzvoraussetzung erteilten Fahrerlaubnis auch dann nicht verpflichtet, wenn es sich um den Ersterwerb handelt und gegen den Betreffenden noch keine verkehrsrechtlichen Maßnahmen im Aufnahmestaat getroffen worden waren (EuGH zfs 2011, 413).
Rz. 8
Die 185-Tage-Klausel gilt auch für Ausländer und zwar selbst dann, wenn sie, während sie ihren Wohnsitz in Deutschland haben, in ihrem Heimatland die Fahrerlaubnis erwerben (BayObLG NZV 1996, 502), während das bei einem Berufspendler, der in seinem Heimatland eine Fahrerlaubnis erwirbt, während er in Deutschland einen Zweitwohnsitz unterhält, anders zu beurteilen sein kann.
Rz. 9
Achtung: Ausnahme für Schüler und Studenten, nicht jedoch für Praktikanten
Schüler und Studenten, die sich ausschließlich zum Zwecke des Hochschul- oder Schulbesuches im Ausland aufhalten, behalten nach Art. 9 Abs. 2 S. 3 der 2. EG-Führerscheinrichtlinie ihren Wohnsitz im Heimatstaat (siehe auch § 7 Abs. 2 FeV), dennoch können sie unter der Voraussetzung, dass ihr Studium oder ihre Ausbildung mindestens sechs Monate gedauert haben, im Ausland auch eine in Deutschland gültige Fahrerlaubnis erwerben (§ 28 Abs. 4 Nr. 2 FeV).
Für Praktikanten gibt es dagegen keine Ausnahme vom Wohnsitzprinzip, da das Gesetz sie Schülern und Studenten nicht gleichgestellt hat (Nds. OVG NZV 2013, 312).
4. Mit Begründung eines inländischen Wohnsitzes zeitlich begrenzte Gültigkeit der ausländischen Fahrerlaubnis?
a) Fahrerlaubniserwerb außerhalb der EU/EWR
Rz. 10
Anders als bei Inhabern von EU-Fahrerlaubnissen, ist bei sonstigen Fahrerlaubnissen die Berechtigung, im Inland Fahrzeuge zu führen auf sechs Monate nach Begründung eines ordentlichen inländischen Wohnsitzes befristet (§§ 28, 29 FeV). Wenn der Betreffende nicht innerhalb dieser Frist ...