Rz. 18
In § 83c Abs. 1 S. 1 BGB n.F. wird nunmehr ausdrücklich der Grundsatz festgehalten, dass das Grundstockvermögen "ungeschmälert zu erhalten" ist. Das war bisher ausdrücklich und dabei auch in unterschiedlicher Form nur in Landesstiftungsgesetzen geregelt und auch dort nicht in jedem einzelnen. Im aktuellen Recht folgt der Grundsatz der Vermögenserhaltung bisher vor allem aus § 80 Abs. 2 BGB, denn die nachhaltige und dauernde Zweckerfüllung ist bei einer auf unbestimmte Zeit errichteten Stiftung nur dann gesichert, wenn ihr Grundstockvermögen auf Dauer möglichst "ungeschmälert" erhalten bleibt.
Rz. 19
Der Gesetzgeber hat mit der gesetzlichen Regelung ausdrücklich kein bestimmtes Werterhaltungskonzept festschreiben wollen. In der Gesetzesbegründung wird vielmehr erfreulich differenziert darauf hingewiesen, dass es auf den Einzelfall der konkreten Stiftung ankommt und dabei insbesondere auf
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den Stiftungszweck und die Art und Weise der Zweckverwirklichung, |
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die konkrete Zusammensetzung des Stiftungsvermögens, |
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die Frage, ob der Stiftungszweck aus den Erträgen des Stiftungsvermögens und/oder mit Hilfe der konkreten Vermögensgegenstände selbst verwirklicht wird, sowie |
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die konkreten Vorgaben des Stifters und seinen Stifterwillen. |
Im Kern muss das Stiftungsvermögen als Mittel zur Zweckverwirklichung ungeschmälert erhalten bleiben, und zwar so, dass die dauernde und nachhaltige Verwirklichung des Stiftungszwecks gesichert ist und gesichert bleibt. Zu Recht enthält die Gesetzesbegründung deshalb den Hinweis, es könne nicht pauschal auf eine nominelle oder reale Werterhaltung abgestellt werden. Bspw. sei bereits fraglich, was im konkreten Fall jeweils unter "Wert" zu verstehen sei.
Rz. 20
Werden bestimmte Vermögensgegenstände und die aus ihnen gezogenen (speziellen) Nutzungen zur Zweckverwirklichung eingesetzt, so kommt es nach der sehr treffenden Wortwahl des Gesetzgebers auf den konkreten "Gebrauchswert" des jeweiligen Vermögensgegenstandes an. Geht es etwa um die konkrete Nutzung einer bestimmten Immobilie oder eines bestimmten Gebäudes zur Zweckerfüllung, beispielsweise ein Museums- oder ein unter Denkmalschutz stehendes Gebäude, sind etwaige wirtschaftliche Wertschwankungen für die Erfüllung des Stiftungszwecks nicht so sehr von Interesse wie der Erhalt und der weitere Gebrauch des Gebäudes.
Wird der Stiftungszweck dagegen vor allem mittels der Erträge aus der Verwaltung des Grundstockvermögens verwirklicht und kommt es deshalb nicht so sehr auf die konkreten Vermögensgegenstände als solche an, so geht es beim Grundsatz der Vermögenserhaltung vor allem um den Erhalt der Ertragskraft. Deshalb sind hier bspw. auch Umschichtungen grundsätzlich erlaubt.
Rz. 21
Die typische Fallgestaltung für den letztgenannten Fall, bei dem es um die Erträge und den Erhalt der Ertragskraft des Vermögens geht, ist derjenige der Stiftungserrichtung mit einem Barvermögen. Der Gesetzgeber betont für solche und vergleichbare Fälle zutreffend das bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem "Gebot, die Ertragskraft des Stiftungsvermögens möglichst gleichbleibend zu erhalten" und dem "Verbot, Grundstockvermögen zu verbrauchen".
Weiter heißt es in der Gesetzesbegründung: "Eine Anlage von Grundstockvermögen, die hohe Wertzuwächse oder Erträge für die Stiftung verspricht, entspricht zwar dem Gebot, das Grundstockvermögen in seiner Ertragskraft zu erhalten. Wenn eine solche Anlage aber mit einem erheblichen Verlustrisiko verbunden ist, kann eine solche Anlageentscheidung gegen das Verbot verstoßen, Grundstockvermögen zu verbrauchen." An dieser Stelle sind auch die bereits oben angesprochenen Ausführungen des Gesetzgebers zu § 83b Abs. 4 S. 1 BGB n.F. (siehe Rdn 16) zur Anlage des Stiftungsvermögens und zu Fragen der Haftung von grundlegender Bedeutung. Dort betont der Gesetzgeber, dass es gerade keine gesetzlichen Vorgaben für die Anlage des Stiftungsvermögens gibt, wie das zum Beispiel für Mündelvermögen der Fall ist. Deshalb gibt es, so die Gesetzesbegründung weiter, auch keine Verbote für bestimmte Anlageformen, etwa für "bestimmte Aktien oder Anteile an bestimmten Investmentfonds." Ausgehend insbesondere von der Satzung und dem dort festgehaltenen Stifterwillen, vor allem auch mit Blick auf den Stiftungszweck und das der Stiftung gewidmete Vermögen, muss im Einzelfall immer wieder neu entschieden werden, wie das beschriebene Spannungsverhältnis aufzulösen ist.
Rz. 22
Der (historische) Stifterwille und damit ggf. auch der mutmaßliche Stifterwille ist nach wie vor der entscheidende Maßstab auch für den Grundsatz der Erhaltung des Stiftungsvermögens.