I. Umsatzsteuerpflicht
Rz. 3
Grundsätzlich ist die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerpflichtig, und zwar mit einem Steuersatz von 19 % (§ 12 Abs. 1 UStG). Ein Steuersatz von 7 % (§ 12 Abs. 2 UStG) ist in Ausnahmefällen zwar denkbar, hat in der Praxis aber keine Bedeutung.
Rz. 4
Allerdings ist zu berücksichtigen, dass es auch anwaltliche Mandate gibt, die gar nicht der Umsatzsteuer unterliegen. Dann spielt die Änderung des Umsatzsteuersatzes selbstverständlich auch keine Rolle.
Rz. 5
Hierzu zählt zum einen der sogenannte Eigenverbrauch. Vertritt sich der Anwalt selbst in eigener Sache und kann er nach § 91 Abs. 2 S. 3 ZPO die Gebühren und Auslagen erstattet verlangen, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte, fehlt es an einem Umsatz. Solche Tätigkeiten (etwa eigene Vergütungsprozesse) sind von vornherein gar nicht umsatzsteuerpflichtig.
Rz. 6
Darüber hinaus kann es in Fällen mit Auslandsberührung an der Umsatzsteuerpflicht fehlen. So ist z.B. die Tätigkeit eines Anwalts nicht umsatzsteuerpflichtig, wenn der Mandant Verbraucher ist und er seinen Wohnsitz außerhalb der EU hat (etwa bei einem familiengerichtlichen Verfahren für einen in der Schweiz, in der Türkei oder in den USA lebenden Mandanten).
II. Höhe des Steuersatzes
Rz. 7
Ist die Tätigkeit des Anwalts umsatzsteuerpflichtig, dann galt bis zum 30.6.2020 ein Steuersatz von 19 %. Seit dem 1.7.2020 galt der ermäßigte Steuersatz in Höhe von 16 %. Diese Reduzierung ist zum 1.1.2021 wieder aufgehoben worden, so dass damit wieder zum Steuersatz von 19 % zurückgekehrt worden ist.
III. Keine Anwendung des RVG-Übergangsrechts
Rz. 8
Auch wenn es sich bei der Umsatzsteuer um einen Auslagentatbestand handelt (siehe Nr. 7008 VV RVG), ist die Übergangsvorschrift des § 60 RVG hierauf nicht anwendbar. Vielmehr muss der Anwalt diejenige Umsatzsteuer abführen, die tatsächlich bei ihm anfällt und von ihm an das Finanzamt abzuführen ist.
IV. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Besteuerung
Rz. 9
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Berechnung der Umsatzsteuer ist der Tag, an dem der Anwalt seine Leistung erbringt, bzw. das Ende des Leistungszeitraums, in dem die Leistung ausgeführt worden ist. Dieser Zeitpunkt fällt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt der gesetzlichen Fälligkeit der anwaltlichen Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG zusammen. Es kommt also weder darauf an, in welchen Zeiträumen der Anwalt tätig war, noch kommt es darauf an, wann eine bestimmte Gebühr entstanden ist. Auch auf den Schwerpunkt der anwaltlichen Tätigkeit kommt es nicht an. Erst recht kommt es nicht darauf an, wann der Anwalt die Rechnung schreibt oder wann der Mandant zahlt. Maßgebend ist ausschließlich die Fälligkeit der Vergütung nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG.
Rz. 10
Beispiel:
Im März 2020 war der Anwalt beauftragt worden, eine Klage einzureichen, was er auch umgehend veranlasst hatte. Im Mai 2020 fand ein erster Termin zur mündlichen Verhandlung statt, in dem ein Beweisbeschluss erlassen wurde. Im November 2020 hatten die Parteien unter Mitwirkung ihrer Anwälte einen schriftlichen Vergleich geschlossen, mit dem der Rechtsstreit erledigt wurde. Der Anwalt rechnet seine Vergütung im Januar 2021 ab. Der Mandant zahlt im Februar 2021.
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Die Verfahrensgebühr ist im März 2020 mit Antragseinreichung entstanden, also zu einem Zeitpunkt, zu dem noch die 19-%ige Umsatzsteuer galt. |
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Auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung galt noch der Umsatzsteuersatz von 19 %. |
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Bei Abschluss des Vergleichs galt bereits der ermäßigte Steuersatz von 16 %. |
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Zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung gilt wieder der alte Steuersatz von 19 %. |
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Gleiches gilt für den Tag der Zahlung. |
Für die Berechnung der Umsatzsteuer ist alleine der Tag der Fälligkeit entscheidend. Das war der Tag des Vergleichsabschlusses, da damit der Auftrag erledigt worden ist (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG). Folglich ist die gesamte Vergütung der Instanz erst im November 2020 fällig geworden. Es gilt also einheitlich der Umsatzsteuersatz von 16 %. Der Zeitpunkt des Entstehens der jeweiligen Gebühren ist ebenso irrelevant wie das Datum der Rechnung oder der Bezahlung.
Rz. 11
Soweit nach Eintritt der Fälligkeit noch Abwicklungstätigkeiten zu erbringen sind, wie etwa eine Streitwertfestsetzung, die Kostenfestsetzung o.ä. hat dies keinen Einfluss auf die Fälligkeit nach § 8 Abs. 1 S. 1 RVG und damit auch nicht auf den Leistungszeitraum (s. Rdn 25).
Rz. 12
Beispiel:
Im Juni 2020 hatte das Gericht über die Klage durch Urteil entschieden. Im Juli wurde die Kostenfestsetzung durchgeführt.
Der Auftrag ist im Juni 2020 erledigt worden, so dass die Vergütung des Anwalts mit 19 % zu versteuern ist. Die Abwicklungstätigkeit im Juli ist für die Fälligkeit und die Höhe des Steuersatzes irrelevant.
Rz. 13
Beispiel:
Im Dezember 2020 hatte das Gericht über die Klage durch Urteil entschieden. Im Januar wurde die Streitwertfestsetzung beantragt sowie eine Urteilsberichtigung
Der Auftrag ist im Dez...