1. Überblick
Rz. 18
Die Vergütung des Anwalts wird im Gegensatz zu § 271 BGB nicht sofort fällig, sondern erst unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 RVG. Diese Vorschrift enthält insgesamt fünf Fälligkeitstatbestände. Für den Eintritt der Fälligkeit genügt es, dass einer dieser Tatbestände erfüllt ist. Es können selbstverständlich auch kumulativ mehrere Fälligkeitstatbestände ausgelöst werden. Maßgebend ist dann der Fälligkeitstatbestand, der als erster verwirklicht worden ist.
Rz. 19
Nach § 8 Abs. 1 RVG tritt die Fälligkeit ein
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in allen Angelegenheiten (§ 8 Abs. 1 S. 1 RVG), wenn
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wenn der Auftrag erledigt oder |
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die Angelegenheit beendet ist, |
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darüber hinaus in gerichtlichen Verfahren (§ 8 Abs. 1 S. 2 RVG),
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wenn eine Kostenentscheidung ergeht, |
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der Rechtszug beendet ist oder |
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das Verfahren länger als drei Monate ruht. |
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2. Allgemeine Fälligkeit
Rz. 20
In allen Mandaten tritt danach gem. § 8 Abs. 1 S. 1 RVG Fälligkeit ein, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist.
Rz. 21
Erledigt ist der Auftrag, wenn der Rechtsanwalt aus Sicht der Vertragsparteien seinen Verpflichtungen aus dem Anwaltsvertrag vollständig nachgekommen ist, also wenn das Rechtsschutzziel des Mandanten erreicht ist. Eine Erledigung tritt aber auch dann ein, wenn feststeht, dass sich das Ziel nicht erreichen lässt, z.B. wenn der Gegner endgültig erklärt, zu einer außergerichtlichen Einigung nicht bereit zu sein.
Rz. 22
Der Auftrag kann sich ferner auch dann erledigen, wenn er aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht mehr durchführbar ist, etwa im Scheidungsverfahren durch den Tod des Ehegatten.
Rz. 23
Durch den Tod des Auftraggebers erledigt sich der Auftrag im Zweifel nicht (§§ 675, 672 S. 1 BGB).
Rz. 24
Eine teilweise Erledigung reicht nicht aus, um die Fälligkeit herbeizuführen, da § 8 Abs. 1 S. 1 RVG – im Gegensatz zu § 8 Abs. 1 S. 2 RVG – keine Teilfälligkeiten kennt.
Rz. 25
Unerheblich ist, ob noch Abwicklungstätigkeiten vorzunehmen sind. Solche Abwicklungstätigkeiten zählen zwar gebührenrechtlich noch zur Angelegenheit (s. § 19 Abs. 1 RVG); sie sind für die Erledigung der Angelegenheit i.S.d. § 8 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. RVG jedoch unerheblich. Zu diesen Abwicklungstätigkeiten gehören insbesondere das Einfordern der von der Gegenseite eventuell zu erstattenden Kosten, der Austausch vereinbarter Leistungen nach einem Vergleich, die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung, die Kostenfestsetzung oder auch ein Berichtigungsverfahren nach § 319 ZPO.
Rz. 26
Eine Angelegenheit ist beendet, wenn der Anwalt das Mandat niederlegt, der Auftraggeber den Anwaltsvertrag kündigt oder beide Parteien den Vertrag einvernehmlich aufheben. Des Weiteren tritt eine Beendigung ein, wenn dem Anwalt die Fortsetzung seiner geschuldeten Tätigkeit unmöglich wird, also etwa bei Rückgabe oder Entzug seiner Zulassung. Der Auftrag und damit die Angelegenheit endet ferner durch den Tod des Anwalts, es sei denn, er war Mitglied einer Sozietät und der Auftrag war allen Sozien erteilt oder für ihn wird ein Abwickler nach § 55 BRAO bestellt.
Rz. 27
In der Praxis kommt es auf die Unterscheidung dieser beiden Alternativen (Erledigung des Auftrags und Beendigung der Angelegenheit) nicht an, was dazu führt, dass insoweit häufig auch nicht genau differenziert wird.
Rz. 28
Im Falle der Klagerücknahme oder einer Rechtsmittelrücknahme kommt es auf die Rücknahme an, nicht auf eine später ergehende Kostenentscheidung.
Rz. 29
Im Fall der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Hauptsache erledigt sich der Auftrag noch nicht mit Eingang der letzten Erledigungserklärung. Zwar endet damit bereits die Rechtshängigkeit; das Gericht muss jedoch noch von Amts wegen über die Kosten entscheiden (§ 308 Abs. 2 ZPO), so dass das Verfahren erst mit Erlass der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO oder einer Kosteneinigung endet. Die Gegenauffassung verkennt, dass die Kosten im Folgenden zur Hauptsache werden. Zudem können aus den Kosten noch gesonderte Gebühren anfallen.
Rz. 30
Beispiele:
1. Das Gericht ordnet nach übereinstimmender Erledigungserklärung einen Verhandlungstermin oder das schriftliche Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO an.
2. Die Parteien schließen zu einem späteren Zeitpunkt eine Einigung über die Kosten.
In beiden Fällen wäre nicht einzusehen, warum die Verfahrensgebühr mit der übereinstimmenden Erledigungserklärung fällig werden soll, die Termins- oder Einigungsgebühr dagegen erst später.