Dr. Mario Nöll, Gabriela Hack
Rz. 136
Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen sind wie jeder andere Massebestandteil auch bestmöglich zu verwerten. In Nachlassinsolvenzen macht eine Sanierung des Rechtsträgers etwa mittels Insolvenzplanes i.d.R. keinen Sinn, da sich die Haftung der Erben ja ohnehin auf den Nachlass beschränkt. Ob eine klassische Verwertung – ein Verkauf im Rahmen eines asset deals oder share deals oder eine Verpachtung – in Betracht kommt oder eine Liquidation zu erfolgen hat, hängt wesentlich von der Rechtsform des Unternehmens bzw. der Unternehmensbeteiligung und den für diese maßgeblichen erbrechtlichen Bestimmungen sowie von dem Inhalt des Gesellschaftsvertrages ab.
Rz. 137
Soweit bei Insolvenzantragstellung noch ein laufender Geschäftsbetrieb und/oder noch nicht wirksam gekündigte und ausgelaufene Arbeitsverhältnisse vorhanden sind, besteht i.d.R. ein Bedürfnis für eine vorläufige Insolvenzverwaltung. Der vorläufige Insolvenzverwalter ist dann gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 InsO verpflichtet, das Unternehmen bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortzuführen. Kommt es zur Verfahrenseröffnung, verlängert sich diese Pflicht mindestens bis zu dem Berichtstermin, vgl. §§ 156 f. InsO. Anschließend ist das Unternehmen oder sind einzelne Bestandteile desselben (bestmöglich) zu veräußern oder der Betrieb stillzulegen (§ 158 InsO).
Rz. 138
Ist eine Veräußerung möglich, hat diese nach allgemeinen Grundsätzen bestmöglich zu erfolgen. Den größten Erfolg verspricht zumeist die Durchführung eines strukturierten Investorenprozesses unter Einschaltung einer auf Unternehmensverkäufe aus Insolvenzmassen spezialisierten M&A Beratungsfirma. Entsprechende Prozesse laufen i.d.R. so ab, dass Jahresabschlüsse, Handelsbücher und alle sonstigen für die Bewertung maßgeblichen Unterlagen in einem (virtuellen) Datenraum zusammengestellt und potentiellen Investoren nach Abgabe von Vertraulichkeitserklärungen für einen gewissen Zeitraum zur Einsicht zur Verfügung gestellt werden. Nachfolgend können dann innerhalb einer bestimmten Frist Gebote für das Unternehmen im Ganzen oder einzelne Betriebsteile abgegeben werden. Die Ansprache potentieller Investoren erfolgt zum Teil direkt durch den Insolvenzverwalter oder eine ggf. eingeschaltete Agentur. Oftmals kommen interessierte Investoren aber auch von sich aus auf den Insolvenzverwalter zu. Nach Ablauf der Gebotsfrist legt der Insolvenzverwalter die annahmefähigen Gebote dann in gesammelter Form der Gläubigerversammlung zur Entscheidung vor, vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 InsO.
Rz. 139
Die Vorschriften der §§ 157 f. InsO haben ausschließlich Bedeutung für Fälle, in denen sich ein Unternehmen mit laufendem Geschäftsbetrieb in der Insolvenzmasse befindet. In solchen Fällen, die in Nachlassinsolvenzen eine seltene Ausnahme bilden, obliegt danach die Entscheidung, ob das Unternehmen über den Berichtstermin hinaus fortgeführt oder ganz oder in Teilen stillgelegt werden soll, der Gläubigerversammlung. Die Gläubigerversammlung kann den Insolvenzverwalter auch beauftragen, einen Insolvenzplan zur Sanierung des Unternehmens auszuarbeiten. Diese Vorschriften sind allesamt Ausfluss des im Insolvenzverfahren geltenden Grundsatzes der Gläubigerautonomie. Hierzu gehört auch, dass sich der Insolvenzverwalter besonders bedeutsame Rechtshandlungen gem. § 160 InsO vorab von der Gläubigerversammlung genehmigen lassen muss.