Verwaltungsgericht Berlin
Kirchstr. 7
10557 Berlin
per beA
Klage
des _____, geb. am _____, wohnhaft _____
– Kläger –
Prozessbevollmächtigte: _____
gegen
die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Auswärtige Amt, Werderscher Markt 1, 10117 Berlin
– Beklagte –
wegen: Visum
Namens und in Vollmacht des Klägers – Vollmacht anbei – erheben wir Klage und beantragen,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom _____ (Az. bei der Beklagten: _____), zugestellt am _____, zu verpflichten, dem Kläger ein Visum zum Zwecke des Familiennachzugs zu erteilen.
Die Klage begründen wir zunächst wie folgt:
A.
Der Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er lebt derzeit in Damaskus.
Die Mutter und die beiden jüngeren Schwestern des Klägers reisten 2019 in das Bundesgebiet ein und stellten sogleich einen Asylantrag. Mit Bescheid vom März 2020 wurde ihnen vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt und sie erhielten von der zuständigen Ausländerbehörde eine Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 S. 1 Var. 1 AufenthG. Der Vater des Klägers ist bereits 2015 verstorben.
Anlage K1: Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom _____
Anlage K2: Sterbeurkunde des Vaters des Klägers, ausgestellt am _____, mitsamt Übersetzung
Der Kläger stellte sogleich nach Bescheidung der Flüchtlingseigenschaft eine Terminanfrage bei der deutschen Botschaft in Beirut im Libanon. Im September 2020 erfolgte die formale Antragstellung zur Erteilung eines Visums zum Familiennachzug zu seiner Mutter nach Deutschland. Im November 2020 wurde der Kläger 18 Jahre alt. Aufgrund eines Versehens seitens der deutschen Botschaft war zwischenzeitlich die vorgelegte Kopie der Sterbeurkunde des Vaters des Klägers verloren gegangen. Der Kläger legte diese im Januar 2021 erneut vor.
Mit Bescheid vom Februar 2021 lehnte die Beklagte, in Gestalt der deutschen Botschaft in Beirut, die Erteilung des Visums zum Familiennachzug ab. Die Botschaft begründete die Ablehnung damit, dass der Kläger mittlerweile volljährig sei und die Erteilungsvoraussetzungen nicht mehr vorlägen. Auch verfüge der Kläger nicht über die erforderlichen Sprachkenntnisse. Schließlich wurde ergänzend darauf hingewiesen, dass auch die Voraussetzungen für die Erteilung eines Visums gem. § 36 Abs. 2 AufenthG mangels einer außergewöhnlichen Härte nicht vorlägen.
B.
Die zulässige Klage ist auch begründet.
Die Voraussetzungen zur Erteilung eines Visums zum Zwecke des Kindernachzugs gem. §§ 29, 32 AufenthG liegen für den Kläger vor.
Insbesondere steht die mittlerweile eingetretene Volljährigkeit des Klägers der Erteilung nicht entgegen. Zwar ist grundsätzlich der verwaltungsrechtlich maßgebliche Zeitpunkt bei Verpflichtungsklagen der Zeitpunkt der Behördenentscheidung bzw. der Zeitpunkt der letzten mündlichen Gerichtsverhandlung. Allerdings ist beim Kindernachzug ausnahmsweise, aber unstrittig auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen, da dem Antragsteller bzw. dem Kläger die Dauer des Verfahrens nicht zum Nachteil gereichen kann. Wenn die Altersgrenze im Lauf des Verfahrens überschritten wird, müssen derweil die Anspruchsvoraussetzungen spätestens im Zeitpunkt des Erreichens dieser Altersgrenze vorgelegen haben (BVerwG ZAR 2010, 67, 68).
Dies wird im vorliegenden Fall besonders plastisch, in dem die Verzögerung des Verfahrens allein auf ein Versehen innerhalb der Botschaft zurückzuführen war. Die zum Nachweis des alleinigen Sorgerechts der in Deutschland lebenden Mutter erforderliche Sterbeurkunde des Vaters hatte der Kläger bereits zur Antragstellung eingereicht.
Auch im Übrigen lagen im Zeitpunkt des Erreichens der Altersgrenze die Voraussetzungen für die Erteilung des Visums vor. Auch der Mangel an Sprachkenntnissen kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden. Zwar verlangt der eigenständige Nachzug von Kindern, mithin ohne die Eltern oder den allein sorgeberechtigten Elternteil, nach dem 16. Lebensjahr, dass die deutsche Sprache beherrscht wird (§ 32 Abs. 2 S. 1 AufenthG). Davon ausgenommen ist jedoch gem. § 32 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 AufenthG der Nachzug zu einem oder einer Familienangehörigen, die – wie die Mutter des Klägers – in Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gem. § 25 Abs. 2 AufenthG ist.
Der streitgegenständliche Bescheid in Kopie anbei.
Eine weitere Begründung erfolgt ggf. nach Akteneinsicht und auf Erwiderung der Beklagten.