Rz. 11
Nach den §§ 2050 ff. BGB sind lebzeitige Zuwendungen des Erblassers an Abkömmlinge ausgleichungspflichtig, wenn es sich hierbei um eine Ausstattung, Zuschüsse zu Einkünften im Übermaß, Aufwendungen für die Vorbildung zu einem Beruf im Übermaß oder andere Zuwendungen, die ausdrücklich mit einer Ausgleichsbestimmung versehen wurden, handelt. Des Weiteren sind Eigenleistungen eines Abkömmlings nach § 2057a BGB ausgleichungspflichtig.
1. Begriff der Zuwendung
Rz. 12
Anders als im Rahmen der Pflichtteilsergänzung setzt der Begriff der Zuwendung in § 2050 BGB keine Schenkung voraus und verlangt auch kein Rechtsgeschäft unter Lebenden (wie bspw. bei § 2315 BGB). Ausreichend ist vielmehr jeder Vermögensvorteil, den der Abkömmling aus dem Nachlass des Erblassers erhält. Für das Vorliegen einer Zuwendung muss ein Vermögensgegenstand des Erblassers so in das Vermögen des Abkömmlings gelangt sein, dass dadurch der Nachlasswert verringert worden ist. Auch nicht rechtsgeschäftliche Maßnahmen, wie bspw. Aufwendungen zur Lebensführung, sowie wertverschiebende Realakte können Zuwendungen im Sinne von § 2050 BGB sein. Nicht erforderlich ist, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt, denn die Pflicht zur Ausgleichung wurde bewusst nicht auf unentgeltliche Leistungen beschränkt. Keine Zuwendungen sind allerdings Leistungen, die aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung (z.B. Unterhalt) erfolgen.
2. Ausstattung nach §§ 2050 Abs. 1, 1624 BGB
Rz. 13
Nach § 2050 Abs. 1 BGB ist eine Ausstattung, die der Erblasser einem Abkömmling zu seinen Lebzeiten gewährt hat, kraft Gesetzes ausgleichungspflichtig. Gleiches gilt für das Ausstattungsversprechen, welches noch durch die Erben zu erfüllen ist. Was man unter einer Ausstattung versteht, ergibt sich aus § 1624 BGB. Danach handelt es sich bei einer Ausstattung um eine Zuwendung, die der Erblasser einem Abkömmling im Hinblick auf eine Heirat oder die Begründung einer Lebensstellung oder zu anderen Zwecken gemacht hat.
Rz. 14
Die Ausstattung ist eine Zuwendung, die Eltern an ihr Kind im Hinblick auf die in § 1624 BGB bezeichneten Zwecke tätigen. Daher erfährt sie gegenüber anderen Zuwendungen im Eltern-Kind-Verhältnis eine Sonderbehandlung. Eine Ausstattung erfolgt grundsätzlich ohne Gegenleistung. Von der Schenkung unterscheidet sich die Ausstattung durch ihren besonderen Zuwendungszweck, den Kindern eine Starthilfe zur Existenzgründung und -sicherung zu gewähren, und vom Unterhalt im Fehlen einer gesetzlichen Verpflichtung. Die Ausstattung ist Ausdruck gesetzlich anerkannter Familiensolidarität und bildet eine familienrechtliche causa sui generis. Die Ausstattung wird als Sonderregelung für die Zuwendung von Vermögenswerten zwischen Eltern und Kindern gesehen. Die in der Literatur als Starthilfe in die Selbstständigkeit beschriebene Ausstattung ist daher keine Schenkung, es sei denn sie erfolgt im Übermaß.
Rz. 15
Inhalt einer Ausstattung kann grundsätzlich jede Sachleistung, Kapitalleistung, jedes Recht, aber auch eine Naturalleistung sein. Die Ausstattung erfolgt durch Zuwendung des Vermögensgegenstandes oder die Gewährung des Vermögensvorteils, sofern dieser zur Erreichung eines Ausstattungszwecks erfolgt. Insoweit kann Ausstattung jeder Vermögensvorteil und jede Vermögensmehrung sein, die mit einer dem § 1624 BGB entsprechenden Zweckrichtung erbracht wird. Fehlt diese Zweckrichtung, dann kann die Zuwendung nur unter den Voraussetzungen des § 2050 Abs. 3 BGB ausgleichungspflichtig sein.
Rz. 16
Für die Einordnung einer Zuwendung als Ausstattung kommt es allerdings nicht auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung der Zuwendung an. Für die Frage, ob eine Ausstattung oder eine Schenkung vorliegt, sind vielmehr der Ausstattungsanlass und der Ausstattungszweck entscheidend. Eine Ausstattung kommt daher nur in Betracht, wenn ein Ausstattungsanlass, sprich Verheiratung, Existenzgründung, Förderung oder Erhaltung einer selbstständigen Lebensstellung, verfolgt wird. Es kommt also nicht darauf an, ob die Ehe erst geschlossen bzw. die Lebenspartnerschaft eingetragen werden soll oder schon geschlossen ist. Allerdings muss die notwendige Zwecksetzung vorliegen.
Rz. 17
Der Ausstattungszweck liegt in der Begründung oder Erhaltung eines ehelichen bzw. lebenspartnerschaftlichen Haushaltes (Wirtschaft) oder einer selbstständigen Lebensführung. So können Zuwendungen zur Vergrößerung des Geschäfts einer Erhaltung der wirtschaftlichen Selbstständigkeit dienen. Unschädlich ist es, wenn der Ausstattende mit der Zuwendung neben dem gesetzlichen weitere Zwecke verfolgt, solange diese jenem untergeordnet sind. Die Absicht, einem Abkömmling eine Ausstattung zu gewähren, muss dabei nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann sich auch konkludent aus den Umständen des Einzelfalles ergeben. Bei größeren Zuwendungen ist im Zweifel eher eine Ausstattung anzunehmen a...