Prof. Dr. Christian Döring, Dr. Mario Leggio
Rz. 82
Mit der Rücktrittserklärung als gestaltende Willenserklärung wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis um. Es gelten §§ 346 ff. BGB, wonach die in Erfüllung des ursprünglichen Vertrages gewährten Sachen und Gegenstände Zug um Zug nach § 348 BGB zurückzugewähren sind. Dies wird im Antrag berücksichtigt.
Rz. 83
Der Antrag Nr. 2 auf Feststellung des Verzuges ist sinnvoll. Gem. § 756 ZPO kann bei Zug um Zug-Verpflichtungen gegen den Schuldner nur vollstreckt werden, sofern er seine Zug um Zug-Leistung anbietet. Wenn jedoch der Annahmeverzug durch eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunde (Urteil) dokumentiert werden kann, kann gleichwohl vom Gerichtsvollzieher vollstreckt werden.
Rz. 84
Zur Diskussion stehen vorliegend kaufvertragliche Ansprüche gem. §§ 433 ff. BGB. Die Tatsache, dass etwas zum Selbstbauen/-verlegen verkauft wurde, eröffnet keine anderweitige Einordnungsmöglichkeit. Montageleistungen des Verkäufers sind nicht vereinbart.
Rz. 85
Vorliegend liegt ein Gattungskauf vor. Das angebotene Fertigparkett war nur der Gattung nach bestimmt. Aus dieser Gattung wurde vom Verkäufer geliefert. Der Gewährleistungsanspruch der Nachlieferung besteht somit in der Lieferung einer anderen mangelfreien Sache mittlerer Art und Güte. Beim Unternehmerkauf sind ab dem 1.1.2018 die Kosten für den Aus- und Neueinbau von dem Anspruch auf Nacherfüllung mitumfasst; bei dem alten Recht unterfallenden Verträgen sind die Einbaukosten bei Nicht-Verbrauchern nur über einen Schadensersatzanspruch zu realisieren.
Beim Kauf unterfallen der Nacherfüllung jetzt die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Kaufsache und den Einbau der Ersatzlieferung (vgl. oben Rdn 40). Diese Kosten sind auch beim Rücktritt zu berücksichtigen. Andernfalls würde die Weigerung des Verkäufers, seine Nacherfüllungspflicht zu erfüllen, ihn besserstellen.
Rz. 86
Auch beim Stückkauf, etwa dem Kauf eines Carports, der beim Baustoffmarkt aufgebaut ist, kann ausnahmsweise die Nacherfüllung durch die Ersatzlieferung geschehen. Etwa dann, wenn es sich um eine vertretbare Sache handelt, die das Leistungsinteresse des Käufers zufrieden stellt. Im Grundsatz ist bei einem Stückkauf der Anspruch auf Ersatzlieferung einer anderen gleichen Sache regelmäßig nicht gegeben, da diese andere Sache nicht gekauft wurde.
Rz. 87
Voraussetzungen für das vom Käufer ausgeübte Rücktrittsrecht nach §§ 437 Nr. 2, 323 BGB ist, dass zunächst dem Verkäufer einer Frist zur Nacherfüllung, ggf. mit der Möglichkeit der Mangelprüfung durch den Verkäufer, gesetzt worden ist. Diese Fristsetzung ist bei der Wahl des Schadensersatzes oder des Minderungsrechtes ebenso vonnöten. Sie ist aber unter gewissen Umständen entbehrlich. §§ 281 Abs. 2, 323 Abs. 2 sowie § 440 BGB beschreiben die Ausnahmefälle des Verzichts auf eine Fristsetzung. Diese Ausnahmetatbestände dürfen nicht leichtfertig bejaht werden. Eine Ablehnungsandrohung ist jedoch nicht erforderlich.
Rz. 88
Anstelle des Rücktritts kann der Käufer gem. § 437 Nr. 3 BGB auch Schadensersatz nach den §§ 440, 280, 281, 283 und 311a BGB verlangen. Alternativ hierzu steht der Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen gem. § 284 BGB.
Rz. 89
Rücktritt und Minderung sind jeweils einseitige empfangsbedürftige Willenserklärungen. Sie müssen lediglich zugehen, Zustimmungen des Schuldners sind nicht erforderlich. Das Wahlrecht steht dem Gläubiger zu.
Rz. 90
Mit Ausübung des Rücktrittsrechtes wird das Vertragsverhältnis in ein Abwicklungsverhältnis umgestaltet, für die §§ 346 ff. BGB gelten. Mit Ausübung des Rücktrittsrechtes ist die Wahl der Minderung nicht mehr möglich.
Rz. 91
Der Fall behandelt einen Verbrauchsgüterkauf. Die Käuferin ist Verbraucherin i.S.d. § 13 BGB, weshalb §§ 474 ff. BGB zur Anwendung kommen, die die §§ 433 ff. BGB ergänzen.
Rz. 92
Grundsätzlich besteht gem. § 439 BGB ein Wahlrecht des Käufers dahingehend, ob er die Beseitigung des Mangels oder der Lieferung einer mangelfreien Sache wünscht. Dieses Wahlrecht des Käufers wird nur für den Fall beschränkt, dass die von ihm gewählte Art der Nacherfüllung nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten möglich, objektiv unmöglich oder unzumutbar ist und der Verkäufer sich hierauf beruft. Dieses Wahlrecht des Käufers kann bei einem Verbrauchsgüterkauf gem. § 476 Abs. 1 BGB jedoch nicht von vornherein eingeschränkt werden, sodass beim Verbrauchsgüterkauf grundsätzlich der Käufer das Wahlrecht besitzt. Anzusprechen ist beim Verbrauchsgüterkauf weiter die Beweislastumkehr des § 477 BGB. Insofern ist von Bedeutung, dass gem. § 477 BGB innerhalb der ersten sechs Monate seit Gefahrübergang der Verkäufer die Beweislast für die Mangelfreiheit trägt. Reguliert der Verkäufer die Ansprüche des Verbrauchers, so kann er gem. § 445a Abs. 1 BGB seinen Lieferanten in Anspruch nehmen, ohne dass es einer vorherigen Fristsetzung bedarf. Auch insofern ist die Beweislastumkehr des § 477 BGB mit der Maßgabe von Bedeutung, dass die Frist mit dem Gefahrübergang auf den Endverbraucher beginnt....