Rz. 1

Regelmäßig obliegt es dem Auftragnehmer, sich die zur Abarbeitung ihm erteilter Bauaufträge notwendigen Baustoffe zu beschaffen; nur in selteneren Fällen fällt diese Verpflichtung dem Auftraggeber einer Baumaßnahme zu, etwa dann, wenn dieser vertraglich von der Möglichkeit der Baustoffbeistellung (vgl. § 2 Nr. 4 VOB/B) Gebrauch gemacht hat.[1] Die Beschaffungsverträge werden mit Baustoffhändlern oder auch direkt mit dem Hersteller des Baustoffs abgeschlossen. Bisweilen erfüllen auch Baumärkte das Beschaffungsbedürfnis. Die Beschaffungsverträge sind regelmäßig Kaufverträge, oft abgeschlossen im Rahmen einer gewachsenen Geschäftsbeziehung. Anzutreffen sind auch Werklieferungsverträge, die auch dann dem Kaufrecht unterliegen, wenn es um den "Kauf" spezieller, für das Bauvorhaben herzustellender Bauteile geht (§ 650 BGB). Das Schicksal dieser Werklieferungsverträge bestimmt sich seit der Reform des Schuldrechts nach den Bestimmungen des Kaufrechts, gegebenenfalls ergänzt um einzelne werkvertragliche Paragraphen.[2]

 

Rz. 2

Im Zuge der Einführung des neuen Bauvertragsrechts (BauVertrRRG[3]) wurden auch die kaufvertraglichen Regelungen angepasst bzw. geändert, die u.a. zum Schließen einer von Bauhandwerkern empfundenen Gerechtigkeitslücke geführt haben. Seit dem 1.1.2018 hat nach § 439 Abs. 3 BGB jeder Käufer einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Ersatz der mangelbedingten Baukosten, somit auch der Bauhandwerker selbst. Regressansprüche in der gewerblichen Lieferkette sind in §§ 445a, 445b BGB normiert,[4] deren Anwendungsbereich jedoch auf den Verkauf neu hergestellter Sachen beschränkt ist.

 

Rz. 3

Sofern die Beschaffungsverträge vom Auftragnehmer nicht unmittelbar mit dem Hersteller abgeschlossen werden, dieser also selbst den von ihm hergestellten Baustoff nicht vertreibt, fungieren die Baustofflieferanten als Zwischenhändler, die ihrerseits ihre Handelsware beim Hersteller kaufen müssen.[5] Für den in Anspruch genommenen Baustoffhändler bedeutet dies, dass er seine gegebenenfalls bestehenden Regressansprüche gegenüber dem Hersteller im Auge behalten muss.

 

Rz. 4

Die gegen den Baustoffhersteller oder Baustofflieferanten in Betracht kommenden Ansprüche sind jedoch nicht allein vertragsrechtlicher Natur. Diese kaufvertraglichen Ansprüche des Auftragnehmers, die i.d.R. auch an den "Endverbraucher" (= Bauherr) abgetreten werden können, werden ergänzt durch Ansprüche nach dem Produkthaftungsgesetz und der deliktischen Produkthaftung nach § 823 BGB.[6]

[1] Vgl. BGH v. 20.2.2013 – VIII ZR 339/11 – IBR 2013, 1152 für den Fall, dass der Auftraggeber dem Fliesenleger Fugenmaterial beistellt.
[2] Vgl. BGH v. 20.1.2009 – X ZR 45/07; Klose, in: Motzke/Bauer/Seewald, § 9 Rn 36 ff.
[3] Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts, zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung, zur Stärkung des zivilprozessualen Rechtsschutzes und zum maschinellen Siegel im Grundbuch- und Schiffsregisterverfahren vom 28.4.2017, BGBl I, 969.
[4] Vgl. hierzu: Retzlaff, a.a.O., VIII. Kaufrecht, BauR Heft 10a, 2017; Lenkeit, a.a.O., Das neue Bauvertragsrecht, § 7 Rn 9; Grüneberg/Weidenkaff, Überbl. v § 433 Rn 8.
[5] Zum Katalog-Kauf: BGH v. 2.4.2014 – VIII ZR 46/13.
[6] Vgl. u.a. Klose, in: Motzke/Bauer/Seewald, § 9 Rn 132.

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