1. Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs
Rz. 49
Die Eintragung von Beschlüssen als Inhalt des Sondereigentums wirft das Problemeines gutgläubigen Erwerbs auf. Es stellt sich die Frage, ob der gutgläubige Erwerber etwa einer ihm günstigen Kostenregelung vertrauen darf, wenn sie im Grundbuch eingetragen ist. Die Gesetzesbegründung hält dies für möglich, will diese Frage aber ausdrücklich nicht entscheiden, sondern "ihre Beantwortung (…) wie bisher der Rechtsprechung überlassen." Eine bejahende Antwort liegt indessen nahe. Denn der kraft vereinbarter Öffnungsklausel gefasste Beschluss tritt ja an die Stelle einer Vereinbarung. Dass die durch sie geschaffene Rechtslage jedenfalls bei rechtsgeschäftlichen Erwerbsvorgängen gutgläubig erworben werden kann, entspricht ganz überwiegender Auffassung. Zwar handelt es sich nicht um ein dingliches Recht, aber doch um eine verdinglichte Rechtsposition, die letztlich die Anwendung von § 892 BGB rechtfertigt, auch wenn es sich nicht um absolute Rechte, sondern nur um schuldrechtliche Beziehungen der Wohnungseigentümer untereinander handelt.
2. Auswirkungen auf anhängige Anfechtungsklagen
Rz. 50
Die nach dem Bekunden der Entwurfsbegründung und der Rechtsnatur der Beschlüsse nach § 5 Abs. 4 S. 1 WEG naheliegende Möglichkeit des gutgläubigen Erwerbs hat indessen gravierende Konsequenzen für Anfechtungsklagen. Wird ein Sondereigentum mit dem durch einen solchen Beschluss bestimmten Inhalt gutgläubig erworben, bestimmt dies auch die Beschlusslage für die anderen Wohnungseigentümer. Denn ein Beschluss kann nicht nur für und gegen einen Wohnungseigentümer wirken, für und gegen die anderen nicht. Dies würde gerade bei Beschlüssen über Kostenverteilungsschlüssel zu paradoxen Konsequenzen, nämlich Kostendeckungen über oder unter 100 % führen. Damit führt ein gutgläubiger Erwerb dazu, dass sich ein gegen einen eingetragenen Beschluss gerichtetes Anfechtungsverfahren erledigt, ähnlich wie schon nach altem Recht bei unterlassener Verbindung zweier Anfechtungsklagen. Dort wird der angegriffene Beschluss mit rechtskräftiger Abweisung der ersten Anfechtungsklage bestandskräftig, hier durch den gutgläubigen Erwerb. Dem Anfechtungskläger bliebe dann nur die Erledigungserklärung. Im Ergebnis würde das Anfechtungsverfahren gegen Beschlüsse nach § 5 Abs. 4 S. 1 WEG entwertet, da vom Kläger nicht beeinflussbare Umstände in Form des gutgläubigen Erwerbs zu seiner erfolglosen Beendigung führten.
3. Rechtshängigkeitsvermerk
a) Eintragung nur auf Bewilligung oder einstweilige Verfügung
Rz. 51
Der Gesetzgeber hat dieses Problem zwar nicht übersehen, aber ein untaugliches Gegenmittel vorgeschlagen. Nach den Gesetzesmaterialien soll der gute Glaube im Falle einer Anfechtung durch einen Rechtshängigkeitsvermerk ausgeschlossen werden. Diese richterrechtlich entwickelte Eintragung macht Erwerber darauf aufmerksam, dass ein Rechtsstreit über ein eingetragenes Recht rechtshängig ist, was dessen gutgläubigen Erwerb ausschließt. Der Rechtshängigkeitsvermerk wird aber entgegen früher stark vertretener Auffassung nicht schon auf den (einfach zu führenden) Nachweis eingetragen, dass ein Rechtsstreit über das betroffene Recht anhängig ist. Die jetzt überwiegende Auffassung, der sich der BGH angeschlossen hat, sieht im Rechtshängigkeitsvermerk eine dem Widerspruch nach § 899 BGB jedenfalls in seinen tatsächlichen Auswirkungen entsprechende Eintragung, die regelmäßig die Veräußerung oder Belastung des Rechtes verhindert. Deswegen soll der Rechtshängigkeitsvermerk ähnlich wie der Widerspruch gemäß § 899 BGB nur bei Bewilligung der Betroffenen oder aufgrund einer einstweiligen Verfügung eingetragen werden. Die Bewilligung aller Miteigentümer wird indessen regelmäßig nicht zu erlangen sein, so dass der Anfechtungskläger zusätzlich zur Anfechtungsklage ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes führen muss. Dabei wird der Anordnungsgrund regelmäßig vorliegen, da ohne einstweilige Verfügung eben die Schaffung endgültiger Zustände droht. Für die Darlegung eines Anordnungsanspruchs kann sich der Anfechtungskläger auf den Vortrag zu den Gründen im Verfahren nach § 44 Abs. 1 WEG beziehen, die eine Ungültigerklärung des Beschlusses rechtfertigen. Allerdings bleibt ihm hierfür noch nicht einmal die zweimonatige Frist des § 45 S. 1 WEG, will er einen gutgläubigen Erwerb in der Zwischenzeit vermeiden. Dies stellt praktisch eine Aushebelung der Anfechtungs- und insbesonde...