Rz. 94

Seit 30.10.2008 ist nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV – zwingend – ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a StVG begangen wurden. Das bedeutet, dass nach

zwei Fahrten unter Drogeneinfluss oder
eine Drogenfahrt und eine Fahrt unter Alkoholeinfluss (da auch hier zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24a StVG vorliegen)[153]

immer ein medizinisch-psychologisches Gutachten beigebracht werden muss.

 

Rz. 95

Diese neue Vorschrift ist nicht durchdacht. Es ist absehbar, dass der Anwendungsbereich dieser Vorschrift sehr gering sein wird. Liegen zwei Fahrten unter Drogeneinfluss vor, kann es sich nur um Fahrten unter Einfluss von Cannabis handeln, da bereits eine Fahrt unter einer "harten Droge" zur Fahrungeeignetheit führt. Bei zwei Fahrten unter Cannabis liegt bereits gelegentlicher Konsum vor, ab einem THC-Gehalt von 1 ng/ml im Blut liegt fehlendes Trennvermögen[154] vor (siehe oben Rdn 78). Sind diese Umstände verwirklicht, so ist der Betreffende unmittelbar aufgrund der Regelfallannahme ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen; einer Begutachtung zum Zweck der Überprüfung der Fahreignung bedarf es dann nicht mehr.[155] Das gleiche gilt, wenn innerhalb eines Jahres eine Fahrt unter Cannabis und eine Fahrt unter der Wirkung von Cannabis und Alkohol erfolgt, da ebenfalls die in Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV genannten Umstände erfüllt sind. Die Vorschrift kommt daher voraussichtlich nur zur Anwendung, wenn eine Fahrt unter Cannabiseinfluss und später eine Fahrt unter Alkoholwirkung verwirklicht werden, ohne dass diese in irgendeinem Zusammenhang stehen.[156] Bei zwei Alkoholfahrten ist in § 14 Abs. 2 Nr. 3 S. 2 FeV der Vorrang der für Alkoholproblematik geltenden Regelung des § 13 Nr. 2 lit. b FeV angeordnet. Es ist nicht einsichtig, dass es für diesen engen Anwendungsbereich einer so weit gefassten Vorschrift bedarf. Hinzu kommt, dass die Vorschrift des § 14 Abs. 2 FeV auf die Wiedererteilung zugeschnitten ist;[157] daher passt die allgemeine Aufklärungsermächtigung des § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV nicht in diesen Absatz und wäre in § 14 Abs. 1 FeV systematisch sinnvoller angesiedelt.

[153] So ausdrücklich die Begründung zur Änderung: BR-Drucks 302/08, S. 63.
[154] So BVerwG v. 23.10.2014, 3 C 3.13, zfs 2015 173.
[155] Neuerdings zweifelnd bei einzelner Fahrt unter Cannabiseinfluss: BayVGH, Beschl. v. 29.8.2016, 11 CS 16.1460, Rn 16, zfs 2016, 595.
[156] So auch die Begründung der Vorschrift: BR-Drucks 302/08, S. 63.
[157] OVG Bremen, NJW 2000, 2438; Geiger, NZV 2003, 272; ders., DAR 2003, 97; Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 43. Auflage 2015, § 14 Rn 21 – Nr. 1 und 2 setzen voraus, dass Ungeeignetheit zu einem früheren Zeitpunkt bereits vorgelegen hat.

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