1. Definition des regelmäßigen Konsums
Rz. 55
Regelmäßiger Konsum von Cannabis im Rechtssinn liegt dann vor, wenn die Droge täglich oder nahezu täglich eingenommen wird.[86] Das beruht auf den Begutachtungs-Leitlinien für die Kraftfahrereignung, auf denen die Anlage 4 zur FeV maßgeblich aufbaut. Den Begutachtungs-Leitlinien liegt ein entsprechendes medizinisches Erfahrungswissen zugrunde, sie geben auch den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis wieder. In den Begutachtungs-Leitlinien wird als regelmäßige Einnahme von Cannabis, die für sich genommen bereits die Fahreignung entfallen lässt, der tägliche oder gewohnheitsmäßige Konsum bezeichnet.[87] Denn – vereinfacht ausgedrückt – wer täglich oder nahezu täglich Cannabis einnimmt, weist dauerhaft einen solchen Spiegel des Wirkstoffs THC auf, dass ständig dessen verkehrsrelevante Leistungsfähigkeit eingeschränkt ist.[88] Hinzu kommen die bei Drogen allgemein zu berücksichtigenden Umstände, dass der Wirkstoffgehalt der illegalen Droge beim Konsum nicht bekannt ist ("guter" oder "schlechter" "Stoff"), sowie das Auftreten atypischer Rauschverläufe bei Drogen.[89]
2. Feststellung von regelmäßigem Cannabiskonsum
Rz. 56
Wer täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert, ist in der Regel ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Das hat zur Folge, dass einem FE-Inhaber die Verkehrsbehörde die FE (in der Regel sofort vollziehbar, d.h. Rechtsbehelfe entfalten keine aufschiebende Wirkung) entziehen muss (§ 46 Abs. 1 FeV i.V.m. Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV).
Wird der regelmäßige Konsum anhand von Tatsachen festgestellt, ist die Fahrungeeignetheit erwiesen, ohne dass weitere Ermittlungen erforderlich sind (§ 11 Abs. 7 FeV). Aufklärungsmaßnahmen sind in diesem Fall rechtswidrig, da nicht erforderlich.
Allerdings ist auch hier darauf hinzuweisen, dass es sich um eine Regelfallannahme der Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen handelt. Wenn es dem Betroffenen gelingt, Umstände vorzutragen und zu belegen, die bei ihm ausnahmsweise gegen die regelmäßige Folge der Fahrungeeignetheit sprechen, kann eine Aufklärung über eine medizinisch-psychologische Untersuchung nach Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 angezeigt sein. Hierzu wird auf oben stehende Ausführungen entsprechend verwiesen (siehe Rdn 31 ff., Rdn 35 ff.).
a) Angaben des Betroffenen
Rz. 57
Der tägliche oder nahezu tägliche Konsum von Cannabis wird zunächst nach den Angaben des Betroffenen festgestellt. Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass bei einer Verkehrskontrolle ein entsprechendes Konsummuster ausdrücklich eingeräumt wird.[90] Eine solch belastende Aussage ist für den Rechtsanwalt nur schwer zu entwerten. Hier können nur alle Umstände des Einzelfalls sorgfältig gewürdigt werden, um eine entsprechende Aussage zu relativieren. Das dürfte aber schwer fallen.
b) Nachweis von THC-COOH im Blut
Rz. 58
Bei einem täglichen oder nahezu täglichen Cannabiskonsumenten baut sich der Wirkstoff THC zwar rasch ab. Der Wert des sich wesentlich langsamer abbauenden wirkungsfreien Abbaustoffes (Metaboliten) THC-COOH bleibt relativ hoch, da während der langen Abbauzeit von THC-COOH, das noch nach Tagen im Blut nachweisbar sein kann, immer wieder erneut konsumiert wird, sodass sich die Konzentration von THC-COOH erhöht (ausführlich hierzu siehe § 8 Rdn 11 ff.). Ab einer Konzentration von 150 ng/ml THC-COOH im Blut ist der Nachweis eines regelmäßigen Cannabiskonsums gegeben, denn um diese Konzentration von THC-COOH im Blut zu erreichen, muss ein entsprechend intensiver Konsum über einen gewissen Zeitraum erfolgt sein.[91] Entsprechend geht die Rechtsprechung vom Nachweis eines regelmäßigen Cannabiskonsums ab 150 ng/ml THC-COOH im Blut aus.[92]
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