Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 578
Wie das vorbehaltene oder gesetzlich gewährte Rücktrittsrecht vom Erbvertrag zu Lebzeiten des Vertragspartners ausgeübt wird, regelt § 2296 BGB (vgl. oben Rdn 575 ff.). Nach dem Tod des Vertragspartners übt der Erblasser beim einseitigen Erbvertrag sein Rücktrittsrecht durch Testament aus, § 2297 BGB. Ist der Erblasser ebenfalls gestorben, so ist der Rücktritt ausgeschlossen.
Rz. 579
Beim einseitigen Erbvertrag erlischt das vorbehaltene oder gesetzliche Rücktrittsrecht durch den Tod des Vertragspartners grundsätzlich nicht – es sei denn, die Vertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Mit der Zulassung des Testaments als Form der Ausübung des Rücktrittsrechts wird die Empfangsbedürftigkeit der Rücktrittserklärung beseitigt. Der Rücktritt erfolgt nicht etwa durch Erklärung gegenüber den Erben des verstorbenen Vertragspartners. Im Rahmen des § 2297 BGB gelten die allgemeinen Testamentsformen.
Rz. 580
Für den zweiseitigen oder mehrseitigen Erbvertrag ist die gesetzliche Vermutung umgekehrt: Mit dem Tod des/der anderen Vertragschließenden erlischt das Rücktrittsrecht, § 2298 Abs. 2 S. 2 BGB, sofern die Vertragsparteien nichts anderes vereinbart haben, § 2298 Abs. 3 BGB.
Rz. 581
Aber auch beim zweiseitigen oder mehrseitigen Erbvertrag eröffnet sich der überlebende Vertragspartner das Recht zum Rücktritt nach dem Tod eines (Erblasser-)Vertragspartners (vom Gesetz in § 2298 Abs. 2 S. 3 BGB "Aufhebung" genannt), wenn er das "ihm durch den Vertrag Zugewendete ausschlägt." Diese Art des – auch konkludent möglichen – Rücktritts ("Aufhebung") erfolgt durch einseitiges Testament, § 2298 Abs. 2 S. 3 BGB.
Rz. 582
Steht dem Erblasser beim einseitigen Erbvertrag ein gesetzliches Rücktrittsrecht nach § 2294 BGB zu (Rücktrittsrecht bei Vorliegen von Pflichtteilsentziehungsgründen beim Vertragspartner), so müssen – anders als bei der Rücktrittserklärung unter Lebenden nach § 2296 BGB – die Rücktrittsgründe im Aufhebungstestament angegeben werden; der Rücktrittsgrund muss im Zeitpunkt der Errichtung des Aufhebungstestaments noch bestehen, §§ 2297 S. 2, 2336 Abs. 2–3 BGB. Ist der Rücktrittsgrund verziehen, so kann der Erblasser den Erbvertrag nicht mehr aufheben, § 2337 BGB.
Rz. 583
Für all diese Sonderformen der Ausübung des Rücktritts nach §§ 2297, 2298 BGB gilt: Sie finden nur auf die vertragsmäßig getroffenen Verfügungen Anwendung, denn einseitige Verfügungen, die im Erbvertrag bekanntlich ebenfalls möglich sind (§ 2299 BGB), können ohnehin jederzeit vom Erblasser einseitig nach den Regeln des Testamentswiderrufs widerrufen werden.
Rz. 584
Formulierungsbeispiel: Rücktritt durch Testament
Ich, (...), geboren am (...) in (...), wohnhaft (...), errichte hiermit folgendes
Testament
Ich habe in der Urkunde des Notars (...) in (...) am (...) unter UR-Nr. (...) mit Herrn (...) einen Erbvertrag geschlossen, bei dem ich als Erblasser vertragsmäßige Verfügungen von Todes wegen getroffen habe (vgl. Ziff. (...) der Vertragsurkunde), während Herr (...) als Vertragspartner gehandelt hat. In dem Erbvertrag habe ich mir unter Ziffer (...) das Recht zum Rücktritt vom gesamten Vertrag vorbehalten. Herr (...) ist am (...) gestorben.
Hiermit hebe ich die in dem bezeichneten Erbvertrag von mir getroffenen Verfügungen von Todes wegen ihrem gesamten Inhalt nach auf und treffe für den Fall meines Todes nunmehr folgende Anordnungen: (...).
(...)
Ort, Datum, Unterschrift