Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 508
Welche letztwilligen Verfügungen in einem Erbvertrag vertragsmäßig getroffen werden können, bestimmt § 2278 Abs. 2 BGB. Genannt werden dort nur die Erbeinsetzung, die Anordnung eines Vermächtnisses und einer Auflage sowie die Wahl des anzuwendenden Erbrechts. Vertragsmäßig bedacht sein kann neben dem Vertragspartner auch ein Dritter. Der Grund für die Einengung der Bandbreite möglicher vertragsmäßiger Verfügungen in § 2278 Abs. 2 BGB liegt darin, dass sich der Erblasser mit einer vertragsmäßigen Verfügung seiner Testierfreiheit beraubt, anders lautende Verfügungen zu treffen, § 2289 BGB. Da es sich insoweit um eine Ausnahme von § 2302 BGB handelt, soll dies nur in eingeschränktem Umfang möglich sein, um die Testierfreiheit des Erblassers im Übrigen zu erhalten. Die in § 2278 Abs. 2 BGB genannten Verfügungen können zwar vertragsmäßig getroffen werden, sie müssen es aber nicht. Entscheidend ist der Erblasserwille. In jedem einzelnen Fall ist eine Überprüfung und Abgrenzung danach vorzunehmen, ob die betreffende Verfügung vertragsmäßig oder einseitig getroffen wurde. Es ist Aufgabe des Beraters, insoweit eindeutige Bestimmungen in den Erbvertrag aufzunehmen, um späteren Auslegungsschwierigkeiten zu begegnen.
Auch eine juristische Person kann erbvertraglich zur Schlusserbin eingesetzt werden, insbesondere in einem "Berliner Erbvertrag" als Analogon zum "Berliner Testament". Diese Fallkonstellation kann auch unter Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft auftreten.
Rz. 509
Wurde nicht ausdrücklich gekennzeichnet, welche Verfügungen vertragsgemäß und welche einseitig sind, so ist fraglich, nach welchen Kriterien eine Einordnung vorzunehmen ist. Nach der Rechtsprechung des BGH kommt es auf die Interessenlage beider (!) Parteien an. Dafür spricht der Vertragscharakter, auch wenn es sich nur um einen einseitigen Erbvertrag handelt, auf den die §§ 133, 157 BGB bei der Vertragsauslegung angewandt werden. Danach kann eine Verfügung dann als vertragsmäßig qualifiziert werden, wenn die Vertragsparteien sie der vertraglichen Bindung unterwerfen wollten. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Vertragspartner ein eigenes Interesse an der Verfügung hat, insbesondere also bei einer Zuwendung an den Vertragspartner oder an eine ihm nahestehende Person. Auch eine Ersatzerbenregelung kann unter den Voraussetzungen bindend sein.
Rz. 510
Die Annahme einer vertragsmäßigen Verfügung liegt im Übrigen – unabhängig vom Wortlaut – besonders nahe, wenn sich Ehegatten gegenseitig zu Erben einsetzen und wenn es sich um die eigenen Kinder begünstigende Verfügungen handelt. In der bindenden Einsetzung des Vertragspartners als Erben, kann auch dessen Verzicht auf weitergehende (z.B.) Pflichtteilsansprüche liegen.
a) Bindungswirkung
aa) Bindungswirkung und weitere Verfügungen von Todes wegen
Rz. 511
Der Erbvertrag hat, da er den Erblasser hinsichtlich seiner vertragsmäßigen Verfügungen gemäß § 2289 BGB bindet, eine Beschränkung der Testierfreiheit des Erblassers zur Folge. Der Vertragsserbe wird ohne weiteres Zutun nach dem Erbfall Rechtsnachfolger des Erblassers; hieran ist der Erblasser gebunden. § 2289 BGB hat insofern eine zentrale Bedeutung im Recht des Erbvertrags. Nach dieser Vorschrift richten sich die Wirkungen der Errichtung eines Erbvertrags im Verhältnis zu anderen Verfügungen von Todes wegen.
Rz. 512
Von der Vertragsmäßigkeit einer angeordneten letztwilligen Verfügung zu unterscheiden ist die Frage der Abhängigkeit mehrerer Verfügungen voneinander. Verknüpft in diesem Sinne können Verfügungen von Todes wegen nur sein, wenn mindestens zwei Personen als Erblasser handeln und die Verfügung des einen mit der des anderen steht und fällt, § 2298 BGB.
Rz. 513
Die Nichtigkeit einer vertragsmäßigen Verfügung führt nach § 2298 Abs. 1 BGB dann zur Unwirksamkeit des ganzen Erbvertrags, wenn in ihm von beiden Teilen vertragsmäßige Verfügungen getroffen worden sind. Von dieser gegenseitigen Abhängigkeit (Wirksamkeitsverknüpfung) nach § 2298 Abs. 1 BGB ist immer auszugehen, wenn nicht ein anderer Wille der Vertragschließenden anzunehmen ist, § 2298 Abs. 3 BGB. Damit wird dem Interesse beider Vertragserblasser Rechnung getragen, da regelmäßig keiner seine Verfügung ohne die Verfügung des anderen getroffen haben würde.
Im Gegensatz dazu führt die Nichtigkeit ein...