Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
a) Das Verschaffungsvermächtnis
Rz. 132
Im Gegensatz zu einem Gegenstandsvermächtnis besteht beim Verschaffungsvermächtnis die Besonderheit, dass ein nicht zum Nachlass gehörender bestimmter Gegenstand vermacht wird, indem der Beschwerte verpflichtet wird, dem Bedachten Eigentum an dem entsprechenden Gegenstand zu verschaffen (§ 2170 BGB). Ein Verschaffungsvermächtnis ist dann gegeben, wenn der Erblasser dem Bedachten den vermachten Gegenstand unbedingt zukommen lassen wollte bzw. er wirtschaftlich im Nachlass enthalten ist.
Rz. 133
In der Praxis kommen Verschaffungsvermächtnisse oft bei Gesamthands- oder Miteigentum bzw. bei Herausgabevermächtnissen vor, bei denen ein Inbegriff von Gegenständen oder ein Bestand von Zubehörstücken herauszugeben ist und bei dem nicht zur Erbschaft gehörende Ersatzstücke durch besondere Verschaffungsvermächtnisse zugewandt werden.
Rz. 134
Eine Grenze bei der Bestimmung eines Verschaffungsvermächtnisses bildet insoweit nur die beschränkte Erbenhaftung sowie die Beschränkung eines Untervermächtnisses auf den Wert des Hauptvermächtnisses gemäß § 2187 Abs. 1 BGB. Sind die Erben mit dem Vermächtnis beschwert, dann handelt es sich um eine Nachlassverbindlichkeit (§ 1967 Abs. 2 BGB).
Vgl. zum Verschaffungsvermächtnis hinsichtlich eines Wohnrechts OLG Bremen NJW-FER 2001, 239.
b) Das Gattungsvermächtnis
Rz. 135
Geregelt ist das Gattungsvermächtnis in § 2155 BGB. Der Erblasser hat hier den Vermächtnisgegenstand nur der Gattung nach bestimmt. Geschuldet wird nicht etwa eine Sache mittlerer Art und Güte im Sinne des § 243 Abs. 1 BGB, sondern gemäß § 2155 Abs. 1 BGB eine den Verhältnissen des Bedachten entsprechende Sache. Grundsätzlich erfolgt die Bestimmung der konkret geschuldeten Sache durch den Beschwerten, falls nicht der Erblasser gemäß § 2155 Abs. 2 BGB die Bestimmung dem Bedachten selbst oder einem Dritten übertragen hat.
Vgl. zur vermächtnisweisen Zuwendung eines Wertpapierdepots Hardt, ZErb 2000, 103.
c) Das Bestimmungsvermächtnis
Rz. 136
Gemäß § 2151 Abs. 1 BGB kann der Beschwerte oder der Dritte den Bedachten aus mehreren vom Erblasser Benannten auswählen. Im Gegensatz dazu ist dies im Falle der Erbeinsetzung bei § 2065 BGB wegen des Grundsatzes der materiellen Höchstpersönlichkeit nicht möglich, da insoweit eine Stellvertretung des Erblassers im Willen oder der Erklärung nicht zulässig ist. § 2151 BGB lockert dieses Prinzip insoweit auf, als der Erblasser bei der Einsetzung eines bestimmten Vermächtnisnehmers lediglich einen bestimmten Personenkreis anzugeben braucht, aus dem dann der Bedachte durch formlose, empfangsbedürftige und unwiderrufliche Willenserklärung auszuwählen ist.
Rz. 137
Diese Bestimmung kann nach freiem Ermessen oder Belieben vorgenommen werden, wobei aber Auswahlkriterien, die nicht missachtet werden dürfen, vom Erblasser getroffen werden können. Eine Nachprüfung der Ermessensentscheidung beschränkt sich demnach darauf, ob eine Auswahl aus dem Personenkreis getroffen und seitens des Bestimmungsberechtigten hierbei nicht arglistig oder sittenwidrig vorgegangen wurde.
Rz. 138
Falls der Erblasser sonst niemanden genannt hat, ist gemäß § 2152 BGB der Beschwerte selbst bestimmungsberechtigt. Falls eine Auswahl nicht oder nicht fristgemäß möglich ist, steht gemäß § 2151 Abs. 3 BGB das Vermächtnis allen Bedachten als Gesamtgläubigern zu. Gleiches gilt auch für den Fall, dass der Bestimmungsberechtigte nach Aufforderung durch das Nachlassgericht sein Bestimmungsrecht nicht ausgeübt hat (§ 2151 Abs. 3 S. 2 BGB).
Rz. 139
Es besteht aber die Möglichkeit des Erblassers, den Bestimmungsberechtigten zu verpflichten, den Vermächtnisgegenstand innerhalb eines bestimmten Personenkreises summen- bzw. bruchteilsmäßig zu verteilen. Voraussetzung ist ein objektiv bestimmbarer, beschränkter und leicht überschaubarer Personenkreis.
d) Das Zweckvermächtnis
Rz. 140
Gemäß § 2156 BGB kann der Erblasser bei einem Vermächtnis, dessen Zweck er bestimmt hat, die Bestimmung der Leistung dem billigen Ermessen des Beschwerten oder eines Dritten überlassen. Insoweit handelt es sich um eine weitere Lockerung des Grundsatzes der Höchstpersönlichkeit der Anordnung letztwilliger Verfügungen.
Rz. 141
Voraussetzung ist aber, dass sich für das billige Ermessen bei der Bestimmung der Leistung ausreichende Anhaltspunkte ergeben. Die Bestimmung hat also unter gerichtlich nachprüfbarem billigem Ermessen zu erfolgen. Das Bestimmungsrecht erstreckt sich insoweit auf Gegenstand, Zeit und Bedingung der Leistung, nicht aber auf die Person des Bedachten.
e) Das Wahlvermächtnis
Rz. 142
Gemäß § 2154 BGB kann der Erblasser mehrere Vermächtnisgegenstände bestimmen, von denen der Bedachte jedoch nur den einen oder einzelne erhalten soll. Neben § 2154 BGB finden hier die Vorschriften über die Wahlschuld gemäß §§ 262–265 BGB ...