Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 307
Bei einer Testamentsvollstreckung im Unternehmensbereich geht es insbesondere um die Führung des Unternehmens in der Zeit zwischen dem Erbfall bis zur Altersreife der möglichen Nachfolger. Die praktische Bedeutung einer Testamentsvollstreckung an Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist dementsprechend groß.
Die Möglichkeit einer Anordnung der Testamentsvollstreckung kann im Unternehmensbereich indes durch handels- bzw. gesellschaftsrechtliche Regelungen begrenzt sein.
Rz. 308
Unproblematisch ist die reine Abwicklungstestamentsvollstreckung. Soweit der Testamentsvollstrecker nicht unternehmerisch, sondern nur als Abwickler auftritt, darf er im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung auch Verbindlichkeiten für das vererbte Handelsgeschäft eingehen. Bei Personengesellschaften ist wegen des Grundsatzes der Sondererbfolge eine Auseinandersetzung durch den Testamentsvollstrecker nicht erforderlich.
Rz. 309
Bei angeordneter Verwaltungsvollstreckung kann es jedoch zu einem Konflikt zwischen den Haftungsregelungen des Erbrechts und denen des Handels- bzw. Gesellschaftsrechts kommen. Die Differenzen zwischen Erb- und Gesellschaftsrecht, insbesondere bei persönlich haftenden Gesellschaftern, wirkt sich auch auf das Amt des Testamentsvollstreckers aus.
Während mittlerweile die Fremdverwaltung von Kommanditanteilen durch einen Testamentsvollstrecker möglich ist, besteht bei einer persönlich haftenden Gesellschafterposition die Schwierigkeit, dass diese nicht durch einen Testamentsvollstrecker übernommen werden kann.
Rz. 310
Die Zulässigkeit einer Verwaltungsvollstreckung am Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters ist umstritten, wird jedoch überwiegend verneint. Die h.M. stützt sich im Wesentlichen darauf, dass die Verwaltungsbefugnisse des Testamentsvollstreckers mit der unbeschränkten Haftung des Gesellschafters unvereinbar seien. Die Gegenmeinung lässt eine Verwaltungsvollstreckung zwar zu, verlangt aber überwiegend deren Zulassung im Gesellschaftsvertrag bzw. die Zustimmung aller Mitgesellschafter.
Der BGH hat die Verwaltungsvollstreckung an der "Außenseite" des Gesellschaftsanteils eines unbeschränkt haftenden Gesellschafters in dem Sinne anerkannt, dass der der Testamentsvollstreckung unterliegende Anteil nicht frei zur Verfügung des Erben steht (§ 2205 BGB) und nicht dem Zugriff seiner Eigengläubiger unterliegt (§ 2214 BGB). Einer Zustimmung der Mitgesellschafter bedürfe es zu dieser Außenwirkung nicht. Dagegen hat der BGH eine Wahrnehmung der mitgliedschaftlichen Gesellschafterrechte durch den Testamentsvollstrecker ("Innenseite") für den Anteil eines persönlich haftenden Gesellschafters bislang nicht anerkannt.
Rz. 311
Ähnliche Probleme stellen sich auch bei der Fortführung eines Einzelunternehmens. Würde der Testamentsvollstrecker als solcher ein einzelkaufmännisches Unternehmen fortführen, so hätte dies zur Folge, dass er selbst nicht persönlich für die von ihm neu begründeten Verbindlichkeiten haften würde und die Erben als Unternehmensträger nur auf den Nachlass beschränkt hafteten. Dies führte zu einer Zulassung eines "einzelkaufmännischen Unternehmens mit beschränkter Haftung". Ebenso ist eine Eintragung der Testamentsvollstreckung im Handelsregister nicht vorgesehen.
Rz. 312
Für die Lösung des Problems ist auf die in der Literatur diskutierten Ersatzmöglichkeiten der "Vollmachtslösung" oder "Treuhandlösung" zurückzugreifen. Die Vollmachts- und Treuhandlösungen bedürfen bei Personengesellschaftsanteilen der Zustimmung aller Mitgesellschafter, sei es bereits im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschluss. Fehlt es an dieser Voraussetzung, können nur die verkehrsfähigen vermögensrechtlichen Ansprüche der Beteiligung (insbesondere der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben und in gewissem Umfang auch die nach dem Erbfall entstehenden Gewinnansprüche) der Testamentsvollstreckung unterliegen.
Rz. 313
Bei der sogenannten Vollmachtslösung werden die Erben als Inhaber des ererbten Unternehmens als Erbengemeinschaft im Handelsregister ohne Testamentsvollstreckervermerk eingetragen. Der Testamentsvollstrecker führt sodann in Vollmacht und im Namen der Erben das Unternehmen fort mit der Folge, dass er persönlich nicht haftet, vielmehr haften die Erben für Neuschulden unbeschränkt und für Altschulden gemäß §§ 27 Abs. 1, 25 HGB. Der Testamentsvollstrecker benötigt insoweit eine Bevollmächtigung über die §§ 2206, 2207 BGB hinaus. Zur Erteilung dieser Vollmacht muss der Erblasser die Erben ausdrücklich durch entsprechende Bedingung oder Auflage verpflichten.
Rz. 314
Diese Lösung erscheint indes problematisch, da der Erbe gezwungen wird, notfalls auch gegen seinen Willen das Handelsgeschäft selbst zu betreiben und handelsrechtlich voll zu haften. Außerdem bleibt bei dieser Lösung einem Dritten der interne Ausschluss der Erben von der Geschäftsführung verborgen.
Rz. 315
Bei der Treuhandlösung führt der Testamentsvollstrecker das Handelsgeschäft...