Rz. 392

Auch nach der vom BVerfG[452] erzwungenen Neuregelung sieht das ErbStG weiterhin Begünstigungen für Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftliches Vermögen sowie Anteilen an Kapitalgesellschaften vor, die unabhängig von dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erwerber gewährt werden:

gemäß §§ 13a Abs. 1, 13b Abs. 4 ErbStG wird für Produktivvermögen grundsätzlich ein Verschonungsabschlag von 85 % gewährt (Regelverschonung), alternativ kann bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen zur Vollverschonung mit einem Verschonungsabschlag von 100 % optiert werden, § 13a Abs. 10 ErbStG;
bei Kleinbetrieben wird gemäß § 13a Abs. 2 ErbStG ein abschmelzender Abzugsbetrag gewährt (sog. Handwerkerklausel);
bei Gesellschaftsanteilen an (typisierten) Familienunternehmen ist gemäß § 13a Abs. 9 ErbStG ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 % zu gewähren;
Erwerber der Steuerklassen II und III erhalten gemäß § 19a ErbStG bei dem Erwerb von Produktivvermögen einen Entlastungsbetrag auf Grundlage der Steuerklasse I;
soweit zur Erhaltung des Betriebes notwendig, ist dem Erwerber gemäß § 28 Abs. 1 ErbStG die darauf entfallende Erbschaftsteuer auf Antrag bis zu sieben Jahren zu stunden.

Die Anwendung der Regel- bzw. Vollverschonung ist allerdings nur noch für Erwerbe bis zu einem Unternehmenswert von 26 Mio. EUR vorgesehen; für diese Grenze übersteigende Großerwerbe enthält § 13c ErbStG eine gesonderte Regelung.

 

Rz. 393

Zum begünstigten Vermögen gehören gemäß § 13b Abs. 1 ErbStG in der Regel:

der inländische Wirtschaftsteil eines land- und forstwirtschaftlichen Vermögens mit Ausnahme der Stückländereien und selbst bewirtschaftete Grundstücke i.S.d. § 159 BewG sowie entsprechendes land- und fortwirtschaftliches Vermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR dient;
inländisches Betriebsvermögen beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs, eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.v. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 EStG, eines Anteils eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA oder eines Anteils daran und entsprechendes Betriebsvermögen, das einer Betriebsstätte in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat des EWR dient;
Anteile an Kapitalgesellschaften mit Sitz im Inland, einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat des EWR, sofern der Erblasser oder Schenker am Nennkapital dieser Gesellschaft zu mehr als 25 % unmittelbar beteiligt war (Mindestbeteiligung).
 

Rz. 394

Begünstigt ist auch die Übertragung von Sonderbetriebsvermögen, sofern dies im Zusammenhang mit der Übertragung (eines Teils) eines Mitunternehmeranteils erfolgt.

 

Rz. 395

Bei Kapitalgesellschaften berechnet sich die Mindestbeteiligung nicht nur nach den Anteilen, die dem Erblasser unmittelbar zustehen, sondern zu berücksichtigen sind gemäß § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG auch Anteile weiterer Gesellschafter, wenn der Erblasser und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind, über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Gesellschaftern einheitlich auszuüben. Dem Abschluss sog. Poolverträge kommt bei Beteiligungen an Kapitalgesellschaften daher eine erhebliche Bedeutung zu.[453]

 

Rz. 396

Die steuerlichen Begünstigungen sollen grundsätzlich demjenigen zugutekommen, der auch die Fortführung des Unternehmens gewährleistet. Bei einer Übertragung begünstigten Vermögens aufgrund eines Vermächtnisses, einer Teilungsanordnung oder im Rahmen der Erbauseinandersetzung geht die Verschonung daher mit über, vgl. § 13a Abs. 5 ErbStG. Entsprechendes gilt bei Vorliegen einer qualifizierten Nachfolgeklausel[454] sowie bei land- und forstwirtschaftlicher Sondererbfolge.

 

Rz. 397

Gemäß § 13b Abs. 2 S. 1 ErbStG ist das begünstigungsfähige Vermögen nur begünstigt, soweit es kein (schädliches) Verwaltungsvermögen darstellt. Damit hat sich der Gesetzgeber von dem zuvor geltenden Alles-oder-Nichts-Prinzip abgewendet.

Zum Verwaltungsvermögen zählen gemäß § 13b Abs. 4 ErbStG:

Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Grundstücksteile, grundstücksgleiche Rechte und Bauten. § 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a bis f ErbStG enthält jedoch wichtige Rückausnahmen, so etwa für Fälle der Betriebsaufspaltung und des Sonderbetriebsvermögens oder für Wohnungsvermietungsgesellschaften;
Anteile an Kapitalgesellschaften, wenn die unmittelbare Beteiligung am Nennkapital 25 % oder weniger beträgt und sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs bestimmter Brachen zuzurechnen sind, § 13b Abs. 4 Nr. 2 ErbStG;
Kunstgegenstände, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken sowie Oldtimer, Yachten u.Ä., sofern nicht unter den gewerblichen Kunsthandel fallend, § 13b Abs. 4 Nr. 3 ErbStG;
Wertpapiere und vergleichbare Forderungen, wenn sie nicht dem Hauptzweck des Gewerbebetriebs eines Kreditinstituts oder eines Versicherungsunternehmens zuzure...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge