Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
I. Allgemeines
Rz. 339
Angesichts der engen Verbindung des Erbrechts zu angrenzenden Rechtsgebieten wie Gesellschaftsrecht, Steuerecht und Familienrecht ist bei der Testamentsgestaltung für einen Unternehmer auf die Ermittlung des Sachverhaltes ganz besondere Sorgfalt zu legen. Im Hinblick auf die zu treffenden Verfügungen ist unbedingt darauf zu achten, dass steuerliches Privat- und Betriebsvermögen getrennt erfasst werden. Auf die Richtigkeit der Angaben des Mandanten kann dabei nicht ohne weiteres vertraut werden. In der Regel empfiehlt es sich, den Steuerberater des Mandanten hinzu zu ziehen. Es sollte auch immer anhand von Grundbuchauszügen geprüft werden, wer Eigentümer von Grund und Boden ist, damit es bei Eintritt des Erbfalls nicht ungewollt zu einer Aufdeckung stiller Reserven kommt.
Rz. 340
Allgemein ist aus zivilrechtlicher Sicht stets kritisch zu prüfen, ob bei der Nachfolge in ein Unternehmen eine Vor- und Nacherbschaft oder ein Nießbrauchsvermächtnis im konkreten Fall sinnvoll ist. Die Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft verbietet sich häufig schon angesichts einer hieraus resultierenden eingeschränkten Kreditwürdigkeit des Vorerben. Auch kann die Abgrenzung zwischen Erträgen, die dem Vorerben gebühren, und der Substanz, die für die Nacherben zu erhalten ist, im Unternehmensbereich zu erheblichen Schwierigkeiten führen.
Der wesentliche Nachteil eines Nießbrauchsvermächtnisses liegt darin, dass der Nießbraucher die Nachlassgegenstände nur nutzen, nicht aber darüber verfügen kann. Eine Veräußerung bestimmter Vermögensgegenstände und insbesondere auch eine Umstrukturierung des Unternehmens sind dem Bedachten daher nicht möglich. Zu einem erheblichen Störfaktor unternehmerischer Nachfolgeplanung können zudem Pflichtteilsansprüche von Abkömmlingen oder Ehegatten werden. Aus ertragsteuerlicher Sicht ist zu beachten, dass die Einkünfte bei einem Vermächtnisnießbrauch in bestimmten Konstellationen dem Erben und nicht dem Nießbraucher zugerechnet werden. Das wird regelmäßig nicht gewollt sein. Auch kann der Nießbraucher die Afa des Erblassers nicht fortführen.
Rz. 341
Bei Gesellschaftsbeteiligungen ist darüber hinaus immer zu prüfen, ob und inwieweit ein Gesellschaftsanteil überhaupt frei vererblich ist bzw. ob bei einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft nicht möglicherweise beim Tod eines Gesellschafters ein Einziehungsrecht besteht, was dazu führen kann, dass nach dem Tod des Erblassers die übrigen Gesellschafter zu bestimmten Konditionen seine Gesellschaftsanteile einziehen.
Bei Personengesellschaften sind die gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeklauseln zu berücksichtigen. Sieht bspw. bei einer Personengesellschaft die vertragliche (qualifizierte) Nachfolgeklausel vor, dass nur "diejenigen Abkömmlinge Nachfolger in der Gesellschaft werden können, die auch Erben werden", so kann die Ehefrau des Unternehmers nicht als Erbin bezüglich des Personengesellschaftsanteils eingesetzt werden, da sie kein "Abkömmling" ist. Da die Nachfolgeklausel in einem solchen Fall ein Nachrücken nicht vorsieht bzw. auch nicht zulässt, würde die testamentarische Verfügung insoweit ins Leere laufen.
Rz. 342
Es ist also im Rahmen der Gestaltung eines "Unternehmertestamentes" unbedingt eine Abstimmung zwischen Gesellschaftsverträgen und testamentarischer bzw. erbvertraglicher Verfügung vorzunehmen. Der Rechtsanwalt muss sich hierzu sämtliche gesellschaftsvertraglichen Regelungen (einschließlich etwaiger nachträglich vorgenommener Änderungen) vorlegen lassen und diese sorgfältig auf vorhandene Nachfolgebestimmungen hin überprüfen. Die unzureichende Abstimmung von Gesellschaftsrecht und Erbregelung ist eine der gefährlichsten Haftungsfallen bei der Testamentsgestaltung.
Rz. 343
Aus steuerlicher Sicht hat der Große Senat des BFH in seiner Entscheidung vom 5.7.1990 die Erbauseinandersetzung bei Betriebsvermögen der Rechtslage bei Privatvermögen angepasst. Bei Erbfall und Erbauseinandersetzung handelt es sich daher auch ertragsteuerlich um zwei unterschiedliche Rechtsvorgänge. Während der Erbfall einen nicht einkommensteuerbaren Zuwendungsakt darstellt, folgen in der Erbauseinandersetzung die ertragsteuerrechtlich relevanten Vorgänge. Auf Grundlage der genannten BGH-Rechtsprechung ist mit Datum vom 14.3.2006 ein entsprechendes BMF-Schreiben ergangen.
Rz. 344
Zählt zum Nachlass ein gewerbliches Unternehmen, das der Erblasser als Einzelunternehmen geführt hatte, werden – von Sonderfällen abgesehen – mit dem Erbfall sämtliche Miterben Mitunternehmer i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG (sog. geborene Mitunternehmer). Dies hat zur Konsequenz, dass bei der Erbauseinandersetzung ein Veräußerungsgewinn (§§ 16, 34 EStG) entstehen kann, der von den betreffenden Erben zu versteuern ist. Das betrifft bspw. den Fall, dass ein Miterbe seinen Erbteil veräußert, gegen Abfindung aus der Erbengemeinschaft ausscheidet (Abschichtung) oder im Rahmen einer Realteilung mehr an Vermögenswerten erhält, als ihm nach s...