Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
Rz. 725
Neben einer Rückforderung wegen Verarmung des Schenkers besteht immer die Möglichkeit der Überleitung schuldrechtlicher Ansprüche.
Im Rahmen von Versorgungsleistungen bei Leibgedingverträgen (Altenteilsverträgen) ist zu beachten, dass diese nach Art. 96 EGBGB i.V.m. der jeweiligen landesrechtlichen Vorschrift überleitungsfähig sind, d.h., dass für den Fall der Leistungsstörung in dem jeweiligen Land eine besondere abweichende Regelung von den §§ 320 ff. BGB gilt.
Rz. 726
So sehen beispielsweise die landesrechtlichen Ergänzungsvorschriften vor, dass im Rahmen der Unmöglichkeit ein Wertersatzanspruch zu leisten ist. Kann also der Übergeber aufgrund seiner Pflegebedürftigkeit nicht mehr sein ihm eingetragenes Wohnrecht ausüben, so hat der Übernehmer diesbezüglich Wertersatz zu leisten. Dieser Wertersatzanspruch kann dann auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden.
Rz. 727
Zu prüfen bleibt immer, ob es sich auch tatsächlich um einen Leibgedingsvertrag handelt (Altenteilsvertrag). Nicht jede Versorgungsvereinbarung in einem Übergabevertrag ist ein Leibgeding i.S.d. Art. 96 EGBGB.
Rz. 728
Unter einem "Leibgedingsvertrag" versteht man einen Inbegriff von Rechten verschiedener Art, die durch ihre Zweckbestimmung, dem Berechtigten ganz oder teilweise für eine bestimmte Zeit oder dauernd Versorgung zu gewähren, zu einer Wirtschaftseinheit verbunden sind.
Rz. 729
Charakterisiert wird der Leibgedingsvertrag durch die vertragstypische Generationenfolge, die subjektive Unentgeltlichkeit und dadurch, dass es sich bei dem Übergabeobjekt um eine die Existenz wenigstens teilweise begründende Wirtschaftseinheit handeln muss. Hierbei ist eine ganzheitliche, abwägende Beurteilung des gesamten Vertragscharakters ausgehend von Motiv (Versorgungsabsicht des Übergebers, Sicherung der Generationennachfolge) und Inhalt (Versorgungsleistungen, Übertragung eines wesentlichen Vermögenswertes) der Übertragung vorzunehmen.
Rz. 730
Soweit es sich um einen typischen Leibgedingsvertrag i.S.d. Art. 96 EGBGB mit einer umfangreichen Pflegeverpflichtung zugunsten des Übergebers handelt, liegt außerdem ein Dauerschuldverhältnis vor. Für dieses kann aber keine Rückabwicklung "ex tunc", sondern nur eine Kündigung "ex nunc" erfolgen. Diese Schwierigkeit der Rückabwicklung hat dazu geführt, dass die meisten Ausführungsgesetze der Länder zum BGB für den Leibgedingsvertrag die Geltendmachung gesetzlicher Rücktrittsrechte ausschließen.
Hinweis
Enthält die schuldrechtlich Vereinbarung über die Bestellung eines Wohnungsrechts keine Regelung, wie die Wohnung genutzt werden soll, wenn der Wohnungsberechtigte sein Recht wegen Umzugs in ein Pflegeheim nicht mehr ausüben kann, kommt nach Ansicht des BGH eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht. Sei die Ausübung des Wohnungsrechts durch einen Dritten nicht gestattet (vgl. § 1092 Abs. 1 BGB), spreche dies dafür, dass der Eigentümer im Falle des Unvermögens des Berechtigten, sein Wohnungsrecht auszuüben, auch schuldrechtlich nicht verpflichtet sein sollte, die Nutzung durch Dritte zu dulden. Zudem sei ein dem Wohnungsberechtigten nahestehender Eigentümer regelmäßig nicht verpflichtet, ein Nutzungsentgelt an den Wohnungsberechtigten zu zahlen, wenn er die Wohnung für eigene private Zwecke nutzt oder wenn er sie einem nahen Familienangehörigen zur Nutzung überlässt.
Kann dagegen der Übernehmer die in einem Übergabevertrag vereinbarte Verpflichtung zur umfassenden Pflege des Übergebers wegen dessen medizinisch notwendiger Unterbringung in einem Pflegeheim nicht mehr erfüllen, muss er zwar ohne entsprechende Abrede die Heimkosten nicht tragen. Nach Ansicht des BGH kann sich aber im Wege der Vertragsauslegung ergeben, dass er sich an den Heimkosten in Höhe seiner ersparten Aufwendungen zu beteiligen hat. Mit weiterem Urt. v. 6.2.2009 hat der BGH indes klargestellt, dass Vereinbarungen, wonach Versorgungsleistungen nur solange geschuldet sein sollen, wie sie von dem Verpflichteten in dem übernommenen Haus erbracht werden können, grundsätzlich wirksam sind. Es ist daher ratsam, eine entsprechende Ruhensvereinbarungen für den Zeitraum der Heimunterbringung vertraglich vorzusehen und eine Verpflichtung zur Zahlung ersparter Aufwendungen ausdrücklich auszuschließen.