Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
1. Allgemeines
Rz. 675
Von der postmortalen Vollmacht zu unterscheiden ist die Vorsorgevollmacht. Die Vorsorgevollmacht vermeidet im Falle der Betreuungsbedürftigkeit ein gerichtliches Eingreifen und eine Betreuung durch einen "unbekannten" Dritten (§ 1896 Abs. 2 S. 2 BGB).
Rz. 676
Die Erteilung einer Vorsorgevollmacht ist mit Blick auf die Selbstbestimmung und die Würde des Betroffenen im Falle seiner Betreuungsbedürftigkeit regelmäßig empfehlenswert. Neben einem vermögensrechtlichen Bereich umfasst sie auch die Gesundheitssorge. Der Vollmachtgeber kann in Kenntnis seines Umfelds seine Betreuung naturgemäß sachnäher gestalten als dies jemals durch die Bestellung eines Betreuers seitens des Gerichts erfolgen könnte. Der Vollmachtgeber kann seinen Vertreter völlig frei aussuchen und braucht nicht – wie bei der Betreuerbestellung nach § 1897 Abs. 5 BGB das Gericht – auf verwandtschaftliche Verhältnisse Rücksicht zu nehmen.
Rz. 677
Zwar besteht auch mittels Betreuungsverfügung i.S.v. § 1901c BGB die Möglichkeit, den Betreuer frei auszuwählen und eine zukünftige Versorgung zu gestalten, allerdings mit der Einschränkung, dass die getroffenen Anordnungen nicht dem Wohl des Betreuten zuwiderlaufen dürfen (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB). Dies bedeutet de facto, dass der Betreute seine Anordnungen nicht durchsetzen kann bzw. diese nicht zu befolgen sind, wenn das Gericht bezüglich seines Wohls anderer Auffassung ist als er selbst.
Rz. 678
Auf der anderen Seite bringt die Erteilung einer Vorsorgevollmacht nicht unerhebliche Missbrauchsgefahren mit sich. Die Gefahren des Vollmachtsmissbrauchs oder der eigensüchtigen Vollmachtshandhabung können allerdings durch eine sinnvolle Gestaltung der Vollmacht und des Grundverhältnisses abgemildert werden.
2. Die Form der Vollmachtserteilung
Rz. 679
Nach § 167 Abs. 2 BGB kann die Erteilung einer Vollmacht grundsätzlich formlos erfolgen. Allerdings wird in der Praxis immer wieder der Nachweis der Bevollmächtigung verlangt werden, so dass zumindest eine schriftliche Vollmacht unerlässlich ist. Soll die Vollmacht auch die Einwilligung des Bevollmächtigten in Maßnahmen nach §§ 1904, 1906 und 1906a BGB mit umfassen, so bedarf die Bevollmächtigung ohnehin nach §§ 1904 Abs. 5 S. 2, 1906 Abs. 5 S. 1 bzw. 1906a Abs. 5 S. 1 BGB der schriftlichen Form. Um die Vollmacht bank- und grundbuchtauglich zu machen, ist sogar eine notarielle Beglaubigung bzw. je nach Einzelfall – um sie darüber hinaus mit einer gewissen Beweiskraft zugunsten der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers zum Erklärungszeitpunkt auszustatten – eine notarielle Beurkundung zu empfehlen.
Daneben besteht die – im Vergleich zu einer notariellen Beurkundung kostengünstige – Möglichkeit, die Unterschriften auf Vorsorgevollmachten durch die Betreuungsbehörde beglaubigen zu lassen.
Ungeachtet dieser Rechtslage und der – vom Gesetzgeber bewusst eingeführten – Erleichterung der Erteilung von Vorsorgevollmachten ist dem Mandanten zu empfehlen, hinsichtlich der Akzeptanz einer öffentlich beglaubigten Vollmacht Rücksprache mit seiner Bank zu halten und ggf. zusätzlich noch eine Bankvollmacht zu erteilen, will man spätere Auseinandersetzungen mit der Bank bereits im Vorfeld sicher ausschließen.
3. Art und Inhalt der Vollmachtserteilung
Rz. 680
Grundsätzlich bestimmt der Inhalt einer Vorsorgevollmacht, welche Person in welchem Rahmen den Vollmachtgeber gegenüber Dritten, d.h. im Außenverhältnis, vertreten kann. Dies kann durch eine Generalvollmacht, mit oder ohne Einschränkungen bezüglich bestimmter Aufgaben, oder durch Benennung einzelner Aufgabenbereiche erfolgen. Soweit eine Bevollmächtigung nur für einzelne Aufgaben gewünscht wird, ist zu bedenken, dass seitens des Betreuungsgerichts ein Betreuer bestellt wird, wenn Maßnahmen zur Betreuung des Vollmachtgebers erforderlich werden, die von der Vollmacht nicht erfasst sind.
Rz. 681
Auch die Erteilung einer Vollmacht für den persönlichen Bereich kann das Problem der Bestellung eines Betreuers durch das Betreuungsgericht mit sich bringen, wenn Aufgaben im persönlichen Bereich des Betreuungsbedürftigen anfallen, die durch die Vorsorgevollmacht nicht gedeckt sind. Anders als bei vermögensrechtlichen Vollmachten ist es dringend geboten, die einzelnen Bereiche der Bevollmächtigung so gegenständlich wie möglich zu beschreiben.
Sollen Maßnahmen nach §§ 1904, 1906 und 1906a BGB von der Bevollmächtigung umfasst sein, empfiehlt es sich, die gesetzliche Formulierung weitgehend wörtlich in die Vollmacht zu übernehmen, da ansonsten die Gefahr besteht, dass das Betreuungsgericht eine Betreuerbestellung für erforderlich hält. So hat der BGH in einer Entscheidung Mitte 2016 gefordert, dass ärztliche Maßnahmen in der Vollmacht, über deren Vornahme oder Nichtvornahme der Bevollmächtigte entscheiden darf, hinreichend konkret bezeichnet sein müssen. Damit soll gewährleistet wer...