Rz. 327

Im Weiteren hat sich die Frage gestellt, ob das Ausschlagungsrecht des behinderten Kindes nach § 2306 Abs. 1 BGB auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden kann. Dies wird nach einhelliger und überzeugender Auffassung[348] verneint. Bei dem Ausschlagungsrecht nach § 2306 Abs. 1 BGB handelt es sich, unabhängig vom Entstehen eines Pflichtteilsanspruchs, um ein höchstpersönliches Recht, das nicht überleitungsfähig ist. Ansonsten erhielte der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, auf die Erbfolge Einfluss zu nehmen, was nicht dem Erblasserwillen entspricht und nach dem Gesetz dem Bedachten selbst vorbehalten ist.[349]

Anderes gilt aber für den Betreuer des behinderten Kindes. Dieser kann mit Zustimmung des Familiengerichts die Ausschlagung erklären und den Pflichtteil geltend machen (§§ 1902, 1908i Abs. 1, 1822 Nr. 2 BGB). Er hat grundsätzlich zu prüfen, ob eine Ausschlagung für das Kind vorteilhaft wäre. In der Regel wird dies jedoch zu verneinen sein, da das Kind dann nicht einmal mehr die "Nutzungszuwendungen" erhalten würde und es somit letztlich schlechter stünde als durch die beschränkte Vorerbenstellung.

 

Rz. 328

Zu unterscheiden ist hiervon der Fall, dass der Pflichtteilsberechtigte noch keine Sozialhilfe erhält. In diesem Fall wird der Betreuer eher zu der Entscheidung gelangen, dass der Pflichtteil für den Behinderten vorteilhaft ist. Erhält der Behinderte dagegen bereits Leistungen des Sozialhilfeträgers, dann hätte er in der Nichtausschlagung regelmäßig einen Vorteil, wenn das Testament entsprechend ausgestaltet ist. Dies ist eine rein wirtschaftliche Betrachtungsweise.

 

Rz. 329

Will der Betreuer sichergehen, dass er richtig handelt, kann er bspw. vorsorglich schon einmal die Zustimmung des Familiengerichts einholen, die nach § 1822 Nr. 2 BGB notwendig ist. Wird diese versagt, so ist er hierdurch hinreichend abgesichert. Wird einer Ausschlagung seitens des Familiengerichts stattgegeben, so kann der Betreuer immer noch entscheiden, ob er sich zu einer Ausschlagung entschließt. Die Entscheidung liegt insofern bei ihm.

[348] Vgl. BGHZ 188, 96; OLG Frankfurt ZEV 2004, 24, 25; OLG Stuttgart NJW 2001, 3484, ZEV 2002, 367 mit Anm. J. Mayer; Ruby/Schindler/Schindler, Das Behindertentestament, § 2 Rn 63 ff.; Weirich, Rn 677; Nieder, NJW 1994, 1264; Mayer, DNotZ 1994, 347; a.A. van de Loo, NJW 1990, 2852, der seine Ansicht für die Vor- und Nacherbschaftslösung in ZEV 2006, 473 jedoch aufgegeben und sich insoweit ebenfalls der h.M. angeschlossen hat.
[349] BGHZ 188, 96.

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