Dr. iur. Tobias Spanke, Walter Krug
1. Allgemeines
Rz. 88
Nach der Erbeinsetzung ist im Falle einer Miterbengemeinschaft daran zu denken, dass Anordnungen für die Auseinandersetzung getroffen werden können. Dies ist, wenn sich die Erbengemeinschaft nicht vermeiden lässt, sinnvoll, um einzelne Gegenstände zuordnen zu können und um später keinen Streit zu provozieren.
Rz. 89
Für die Bestimmungen der Auseinandersetzung ist eine gewisse Systematik zu beachten. So kann die Zuordnung der einzelnen Gegenstände grundsätzlich auf drei verschiedene Weisen erfolgen. Nämlich durch
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eine Teilungsanordnung (mit Wertausgleich) |
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ein Vorausvermächtnis (ohne Wertausgleich) |
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oder ein Übernahmerecht (mit vollem oder modifiziertem Wertersatz). |
2. Teilungsanordnung (§ 2048 BGB)
Rz. 90
Eine Teilungsanordnung liegt dann vor, wenn der Erblasser einem Miterben zwar einen bestimmten Nachlassgegenstand zuordnen will, es aber dennoch bei der gesetzlichen oder testamentarischen Erbquote und deren Wert verbleiben soll. Die Teilungsanordnung konkretisiert den Erbteil quasi nur, ermöglicht aber keine Zuwendung über den wertmäßigen Erbteil hinaus.
Rz. 91
Eine Teilungsanordnung führt grundsätzlich nicht zu einer Wertverschiebung, wenn der zugewandte Gegenstand mehr oder weniger als die Erbquote wert ist. Vielmehr hat der Miterbe bei einem wertmäßigen Überschuss einen entsprechenden Ausgleich in den Nachlass zu zahlen. Eine Teilungsanordnung ist im Gegensatz zum Vorausvermächtnis auch stets frei widerruflich (§§ 2253, 2299 BGB).
Rz. 92
Zu beachten ist, dass die Teilungsanordnung kein Erbrecht an den zugewandten Gegenständen begründet, sondern die Erbengemeinschaft nur schuldrechtlich zu ihrer Durchführung verpflichtet. Der einzelne Begünstigte kann erst im Rahmen der Auseinandersetzung die Zuweisung des ihm zugewandten Gegenstands verlangen. Für die Bestimmung des Wertes der einzelnen Gegenstände ist grundsätzlich der Wert zu dem Zeitpunkt festzustellen, zu dem die Auseinandersetzung verlangt werden kann. (Zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft siehe § 12 Rdn 198 ff.).
Rz. 93
Formulierungsbeispiel: Teilungsanordnung
Ich setze meine beiden Kinder (...) und (...) zu meinen Vollerben zu gleichen Teilen ein. Zu Ersatzerben bestimme ich die jeweiligen Abkömmlinge meiner Kinder nach Stämmen und zu gleichen Teilen, wiederum ersatzweise soll Anwachsung eintreten.
Für die Teilung des Nachlasses unter den Miterben ordne ich folgende Auseinandersetzungsanordnungen in Form einer Teilungsanordnung an:
Mein Sohn (...) erhält in Anrechnung auf seinen Erbteil das gesamte Wertpapierdepot Nr. (...) bei der (...) Bank in (...).
Meine Tochter (...) erhält in Anrechnung auf ihren Erbteil mein Hausanwesen in (...), eingetragen im Grundbuch von (...), Blatt (…), Fl.St. Nr. (...).
3. Vorausvermächtnis
Rz. 94
Unter einem Vorausvermächtnis versteht man ein Vermächtnis, das dem oder den Erben selbst zugewandt wird, § 2150 BGB. Es handelt sich hierbei um ein Mittel, einem der Erben einen bestimmten Gegenstand zuzuwenden, ohne dass diesbezüglich eine Anrechnung auf seinen Erbteil erfolgt. Der Vermächtnisnehmer hat bereits vor der Nachlassteilung einen Anspruch gegenüber den übrigen Erben auf Übertragung des vermachten Gegenstands. Bei der Teilung des Restnachlasses erhält der Vermächtnisnehmer dann zusätzlich den "ungekürzten" Anteil am Nachlass entsprechend seiner Erbquote.
Rz. 95
Ein Anwendungsfall des Vorausvermächtnisses ist bspw. das Vorausvermächtnis zugunsten des Vorerben, falls dieser bezüglich bestimmter Nachlassgegenstände vollständig von den Beschränkungen der Nacherbfolge befreit werden soll. § 2110 Abs. 2 BGB bestimmt nämlich, dass sich das Recht des Nacherben im Zweifel nicht auf ein dem Vorerben zugewendetes Vorausvermächtnis erstreckt. Das Vorausvermächtnis gewährt darüber hinaus sowohl dem Allein- als auch Miterben eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem Testamentsvollstrecker, dem Nachlassverwalter sowie allgemein im Grundbuchverkehr.
Rz. 96
Der Miterbe kann die Übernahme des ihm durch eine Teilungsanordnung zugewiesenen Gegenstands grds. nicht verweigern.
Rz. 97
Bei Ausschlagung der Erbschaft wird die mit dem Erbteil verbundene Teilungsanordnung gegenstandslos, was bei einem Vorausvermächtnis nicht der Fall ist. Möglich ist aber, dass der Erblasser das Vorausvermächtnis nur unter der Bedingung gewährt, dass der Bedachte auch die Erbschaft annimmt.
Rz. 98
Der durch ein Vorausvermächtnis bindend Bedachte genießt den Schutz des § 2288 BGB gegen lebzeitige Verfügungen des Erblassers. Das Vorausvermächtnis wird im Zweifel gemäß § 2373 S. 1 BGB auch nicht vom Erbteilskauf mit erfasst.
Rz. 99
Das Vorausvermächtnis gehört gemäß § 1973 Abs. 1 S. 2 BGB nach seinem Vollzug nicht mehr zum haftenden Nachlass bei der beschränkten Erbenhaftung. Insofern ist nur noch eine Anfechtung durch die Nachlassgläubiger gemäß § 134 InsO möglich.
Grundsätzlich genießt der Vorausvermächtnisnehmer also einen stärkeren Schutz als der durch eine Teilungsanordnung Begünstigte.
Rz. 100
Es besteht auch die Möglichkeit, dass ...