Klaus von Brocke, Dr. Stefan Müller
a) Nicht-Vorliegen eines DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Betriebsstättenstaat
Rz. 155
Erzielt die Gesellschaft einen Gewinn aus einer in einem Staat belegenen Betriebsstätte, mit dem kein DBA besteht, fällt dieser Gewinn als Teil des Welteinkommens der GmbH unter die unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht. Es handelt sich um "ausländische Einkünfte", § 34d Nr. 2 Buchst. a EStG. Der Gewinn ist jedoch von der Gewerbesteuer ausgenommen, weil er nicht aus einer im Inland unterhaltenen Betriebsstätte stammt (vgl. § 2 Abs. 1 GewStG und die Kürzungsvorschrift § 9 Nr. 3 Satz 1 GewStG).
Rz. 156
Der Gewinn aus einer in einem Nicht-DBA-Staat belegenen, ausländischen Betriebsstätte unterliegt folglich der Körperschaftsteuer, nicht aber der Gewerbesteuer.
Rz. 157
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang jedoch darauf, dass auch der Betriebsstättenstaat regelmäßig den Gewinn besteuert, obwohl weder Sitz noch Geschäftsleitung der GmbH sich dort befinden. Auch das deutsche Steuerrecht kennt die Besteuerung entsprechender Gewinne einer Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung im Ausland aus einer inländischen Betriebsstätte im Rahmen der sog. beschränkten Steuerpflicht (vgl. § 2 Nr. 1 KStG, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG).
Rz. 158
Aus dieser doppelten Erfassung des Gewinns kann sich eine Doppelbesteuerung ergeben. Diese Doppelbesteuerung wird allerdings dadurch reduziert, dass die auf die Betriebsstättengewinne gezahlte ausländische Steuer gem. § 26 Abs. 1 KStG i.V.m. § 34c und § 34d EStG angerechnet werden kann (sog. Anrechnungsmethode). Da diese Anrechnung jedoch nur auf die deutsche Körperschaftsteuer möglich ist, soweit deutsche Körperschaftsteuer auf den Betriebsstättengewinn entfällt, scheidet eine Anrechnung insbesondere dann aus, wenn die positiven Betriebsstätteneinkünfte durch inländische Verluste (auch Verlustvorträge) aufgezehrt werden, weil dann keine deutsche Körperschaftsteuer anfällt. Zudem ergeben sich regelmäßig Anrechnungsüberhänge, weil der deutsche Körperschaftsteuersatz mit 15 % im Vergleich zu ausländischen Körperschaftsteuersätzen anderer Staaten relativ niedrig ist und eine Anrechnung bei der Gewerbesteuer nicht vorgesehen ist.
b) Vorliegen eines DBA zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Betriebsstättenstaat
Rz. 159
Ein DBA ändert an der unbeschränkten Körperschaftsteuerpflicht der GmbH grundsätzlich nichts. DBA regeln lediglich, welchem Staat das Besteuerungsrecht hinsichtlich der Einkünfte aus der Betriebsstätte zusteht. Die Bundesrepublik Deutschland hat in ihren DBA regelmäßig entsprechend Art. 7 Abs. 1 Satz 1 OECD-MA vereinbart, dass Unternehmensgewinne, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person erzielt, von diesem Vertragsstaat besteuert werden dürfen. Eine Ausnahme hiervon gilt indes für den Fall, dass diese Person in dem anderen Vertragsstaat eine Betriebsstätte unterhält. Nach dem in Art. 7 Abs. 1 Satz 2 OECD-MA kodifizierten "Betriebsstättenprinzip" steht dem Staat, in dem die Betriebsstätte belegen ist, das Recht zur Besteuerung des der Betriebsstätte zuzurechnenden Gewinns zu.
Rz. 160
Nach den von der Bundesrepublik Deutschland eingegangenen DBA sind die Einkünfte aus einer ausländischen Betriebsstätte entsprechend Art. 23A Abs. 1 OECD-MA von der deutschen Besteuerung auszunehmen (sog. Freistellungsmethode).
Rz. 161
Beachtung verdient insoweit allerdings, dass nicht sämtliche Einkünfte, die nach deutschem Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht (insbesondere aufgrund der Fiktion des § 8 Abs. 2 KStG) als Einkünfte aus Gewerbebetrieb qualifiziert werden, als Unternehmensgewinne i.S.d. DBA gelten. Bestimmte Bestandteile der Einkünfte aus der Betriebsstätte werden vielmehr aus dem Gewinn isoliert und einer eigenständigen Beurteilung nach spezielleren Bestimmungen des DBA unterworfen (Art. 7 Abs. 4 OECD-MA).
Rz. 162
Das gilt insbesondere für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen, die gem. Art. 6 Abs. 1 OECD-MA grundsätzlich im Staat der Belegenheit einer Immobilie besteuert werden dürfen. Insoweit bestimmt Art. 6 Abs. 4 OECD-MA explizit, dass diese Regelung auch für Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen eines Unternehmens, also auch für das gewerbliche Unternehmen einer GmbH, gilt. Nach Art. 6 Abs. 3 OECD-MA fallen hierunter insbesondere die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (aber auch jede andere Art der Nutzung) unbeweglichen Vermögens. Nicht erfasst ist regelmäßig aber die Eigennutzung eines Grundstücks mit Gebäude – z.B. für Produktions- oder Verwaltungszwecke – durch das Unternehmen selbst. Vielmehr erhöhen die ersparten Mietaufwendungen lediglich die nach Art. 7 OECD-MA zu beurteilenden Einkünfte.
Rz. 163
Beispiel: Eine in Deutschland ansässige und gewerblich tätige GmbH unterhält in Staat A eine Betriebsstätte und erzielt Einkünfte aus der Vermietung eines Grundstücks mit aufstehendem Gebäude in Staat B.
Die Betriebsstätteneinkünfte werden gem. Art. 7 OECD-MA nach dem Steuerrecht des Staates A besteuert, während die aus der Vermietung gem. Art. 6 OECD-MA dem Steuerrecht des Staates B unter...